Sri Lanka Hilfe 2006

Ökohof Schleyer
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Ich bin wieder in Sri Lanka gelandet, bis jetzt klappt alles gut, wahrscheinlich werde ich in der Naehe meines letzten Einsatzortes eingesetzt. Nur das es wahrscheinlich keine Tsunamihilfe wird, sondern Fluechtlingshilfe, durch den drohenden Krieg sind 5000 Familien aus ihren Doerfern im Regierungsgebiet geflohen und ins Vanniland (Tamilengebiet) geflohen. Oder sie wurden vertrieben, das konnt ich noch nicht herausfinden. Auf jeden Fall benoetigen diese Menschen Unterkuenfte, anscheinend fuer lange Zeit, denn es sollen die selben Haeuser sein, die wir im letzten Jahr fuer die Tsunamiobdachlosen gebaut haben. Ich werde Augen und Ohren offen halten, damit ich das richtige tue, wenn ich eine Postadresse habe, werde ich sie hier mitteilen, dann koennnt ihr mir schreiben wenn ihr wollt. (ein Brief dauert ca 1 Woche hierher).Wie ich meine 6000 Euro an Spenden einsetzen werde, werd ich hoffentlich in Kuerze erfahren, ich hab den Projektkoordinator gebeten, mir Beispiele zu nennen. Wer uebrigens noch Spenden will, kann das gerne auf mein Konto tun, ich hab ne Mastercard dabei und kann es von hier abheben. Ich meld mich, wenns was neues gibt, normalerweise alle 2 Wochen.

Machts gut, und habt nen schoenen Winter, bei uns ist 30 Grad und 88 Prozent Luftfeuchte. Ich waer ehrlich gesagt lieber bei euch, bei meiner Micha und unserm Enjo, aber ich werd mich durchbeisen.

Bis dann, Martin

Dies ist mein Tagebuch Sri Lanka 2006. Im Moment schreibe ich auf einer Sri Lankischen Tastatur, hier gibt es manche Buchstaben nicht, und manche sind anders angeordnet, also entschuldigt bitte die Fehler (Meine Rechtschreibung ist auch nicht die beste und der Computer verbessert sich auf Englisch, aber im entgueltigen Tagebuch sind die Fehler dann nicht mehr drin). Bei manchen Szenen, wenn ich etwas unsicher schreib, was die Fakten und Zahlen angeht, dann moecht ich mich entschuldigen, wenn ich nicht die genauen Zahlen sind, oder ich eine falsche Einschaetzung der Dinge habe. Ich werde versuchen, Fakten so genau wie moeglich zu erforschen. Manche Dinge widersprechen sich vielleicht, (auch in Bezug zum letzten Tagebuch), auch  dieses Bitte ich zu entschuldigen, manches weis ich halt heute besser, oder manche Meinung hab ich geaendert (der ist ein weiser Mensch, der eine Entscheidung aufgibt, wenn er sich dazu gezwungen sieht).

Wieweit ich immer schreiben kann, weiss ich nicht, die entgueltige Reinform gibt dann im Fruehling als Buch mit Bildern

 

 

Frankfurt Flughafen 10.01.06 13.00 Uhr

So, nun gehts wieder los, auf eine Reise ins 9000 km entfernte Sri Lanka. Da vielen Lesern mein letztes Tagebuch so gut gefallen hat, werd ich euch natuerlich auch diesmal auf dem Laufenden halten. Ich hoffe, ich hab wieder viel zu berichten.

Diesmal wird die Reise einfacher und doch schwieriger. Wenn alles klappt, werde ich bis 25.03.06 in Sri Lanka bleiben, mein Plan ist, mit der TRO zusammen den Fischern beim Haeuserbauen zu helfen und sie auch finanziel zu unterstuetzen und zwar mit den 6000 Euro, die ihr mir gespendet habt. Ja, so viel ist zusammengekommen, durch meinen Tagebuchverkauf  (200 Stueck) und durch freiwillige Spenden (meist nach Vortraegen. Hoffentlich kann ich auch diesmal wieder so viele Bilder mitbringen, um zeigen zu koennen, was ich erlebt hab. Das einfachere diesmal ist, das ich das Land kenne, das Einchecken, denn ich weiss, wo ich hingeh. Schwieriger wird es auf zweierlei Weise,

  1. Es droht wieder Krieg, vor 3 Tagen bekam ich einen Anruf, dass Anfang Februar die ersten Gefechte beginnen sollen, ein zweiterAnruf kam von Kanan (Tamile aus der Schweiz). Er gab mir 3 Adressen in Sri Lanka, wo ich moeglicherweise unterschlupfen kann. Also bin ich versorgt. Und zur Not werde ich in den Sueden gehen und am Waisenhaus der Familie Mueller (Markt Einersheim) mit anpacken. Und wenn es zu gefaehrlich wird, was ich nicht denke, reise ich nach Hause und reise wieder an, wenn der Krieg aus ist.
  2. Die zweite Schwierigkeit fuer mich ist diesmal, dass ich was sehr wertvolles zuruecklassen musste. Ihr erinnert euch vielleicht an das Maedel aus meinem letzten Buch, “My likegirl Micha”. Sie ist inzwischen “My lovogirl”, meine Freundin. Im Juni sind wir zusammengekommen, oder war es im Juli? Egal. Sie und ihren 6 jaerigen Sohn Enrico, den ich mittlerweile ein Wenig als meinen Kleinen anseh, die beiden hab ich daheim lassen muessen, aber wir werden uns ja in 10 Wochen wieder sehen, mal ueberlegen, ja, in 76 Tagen bin ich ja wieder da, so Gott es will.

Unser lieber Gott. Letzte Woche war ich in meiner Werkstatt gestanden (nachdem ich vom drohenden Krieg hoerte) und hab gebetet: “Lieber Gott, ich lege mein Leben und vor allem diese Reise in deine Haende. Ich werde versuchen, die Zeichen zu deuten, die du mir sendest. Ich moechte deinen Befehlen getreu handeln, damit am Ende alles gut wird.” Dazu gibt es natuerlich auch wieder einen passenden Spruch aus meinem Handbuch des Kriegers des Lichts:

Wenn der Befehl kommt, woanders hin zu ziehen, sucht der Krieger alle Freunde auf, die er auf seinem Weg gemacht hat. Einigen hat er beigebracht, die Glocken einer versunkenen Kirche zu hoeren, anderen hat er am Lagerfeuer Geschichten erzaehlt. Sein Herz ist traurig, aber er weiss, dass sein Schwert geweiht ist, und er den Befehlen dessen gehorchen muss, dem er seinen Kampf  geschenkt hat. Dann dankt der Krieger seinen Weggefaehrten, atmet tief durch und schreitet aus, und ihn begleiten die Erinnerungen einer unvergesslichen Wanderung.

Ja, ich werde versuchen den Befehlen Gottes getreu zu handeln, denn fuer ihn arbeite ich. Er hat mich so gut durch das Jahr gefuehrt. Hat der Micha gerade jetzt eine Arbeit gegeben, so dass sie weniger Zeit zum Vermissen hat. Er hat gerade letzte Woche dem Friedo vom Roemerhof anrufen lassen, dass dort der Donny Vox spielt, so das ich mich dort von meinen Freuden  verabschieden konnte (sucht der Krieger alle Freude auf, die er auf seinem Weg gemacht hat) . Dies sind nur 2 Beispiele auf meinem  Lebensweg, die mir die Anwesenheit des Allermaechtigsten beweisen.

So, mittlerweile sitze ich auf meinem Platz im Flugzeug. Sogar ein Fensterplatz, schoen. Nun hab ich 4 Stunden Zeit, um mal einen kurzen Rueckblick auf das vergangene Jahr zu geben, denn seit meiner Rueckkehr in Deutschland am 17.04.05 ist doch einiges passiert, was euch vielleicht interresiert. Zuerst hab ich mein Tagebuch der Sybille W. und der Sabine W. uebergeben, sie haben es fuer mich abgetippt. Danach hat Alexandra G. es in Reinform gebracht und mit vielen Bildern ausgeschmueckt. Bei meinem Onkel (H+S) durfte ich es drucken, bis ich mir selbst einen Farblaserdrucker gekauft hab. Danke euch vieren fuer die grossartige Hilfe. Als alles fertig war, hab ich sie noch geschnitten, sortiert un abgeheftet. Und dann natuerlich verkauft und verschenkt. Soviel zu den Buechern. Weiterhin hab ich ca. 20 Vortraege gehalten, in Schulen und auch fuer Erwachsene. Eintritt war frei, Austritt nach eigenem Ermessen. Dies war meine Arbeit fuer die Tsunamiopfer und die Verbesserung unserer schoenen Welt. Ich hoffe, ich hab es geschaft, ein paar Menschen zum Nachdenken anzuregen, das es besser ist nicht so viel an sich zu denken. Aber nicht nur diese Arbeit gab es dieses Jahr. Mit meinem Papa zusammen hab ich es auch geschaft, alle Rohbauwaende in unserem Lehmhaus zu Stampfen. Wir bauen ja ein Haus aus Lehm, unser eigener Lehm aus unserm Acker. Kurze Abschweifung: Bin jetzt ueber Italien, es ist halb 4 und ich hab gut gegessen, (Fisch mit Erbsen und Moeren, dazu Salat, danach Kuchen). Wenn ich mich da an letztes Jahr erinner, da konnt ich gar nix essen, weil alles so ungewiss war. Mein erstes Heimwehtief hab ich auch ueberwunden, mal schaun, wie viele noch kommen! Ich darf halt nur nach vorn schauen, dann ist dass kein Problem. So, zurueck: Also, wir bauen ein Haus aus Lehm fuer meine Eltern als Altsitz. Vor 2 Jahren haben wir begonnen den alten Stall abzureissen, im Juni 2004 wurde das neue Haus aufgerichtet, die alten Balken haben wir soweit moeglich wiederverwendet. Auf Beton wurde weitmoeglichst verzichtet, Botonbodenplatte ist 7 cm dick, darauf Schweisbahn als Feuchtigkeitssperre, Isolierschuettung aus Blaehglas (= aufgekochtes Recyclingglas, hoher Isolierwert, ziemlich oekologisch) und dann ein 14cm dicker Vollholzboden. Die Giebelwaende sind die alten Sandbruchsteinwaende geblieben, der Rest ist eine Holzstaenderkonstruktion, ausgefuellt mit Lehm. Fuer die Aussenwaende gemischt mit Blaehglas zur Isolierung, fuer die Zwischenwaende gemischt mit Ziegelbrocken aus den Dachziegeln des alten Stalles und Sand. Verputzen wollen wir dieses Jahr, auch mit unserem eigenen Lehm, aber erst nachdem die Wandheizungselemente eingebaut sind. Geheizt wird mit Holz, und zwar durch den Kachelofen , in den ein Waermetauscher zur Speisung der Wandheizung eingebaut ist. In der Kueche wird wieder ein Holzherd stehen. (Uebrigens, wens interresiert, wir machen im Juni einen Tag der offenen Baustelle, und auch sonst koennt ihr immer vorbeikommen, ruft halt kurz an, das ich auch da bin) Wie schon gesagt, haben wir im vergangenen Jahr 2005 die Aussenwaende gestampft und den Kamin gemauert. Und dann waren da noch die alljaehrlichen Arbeiten auf dem Hof: Rueben hacken, Futter silieren, Disteln aus dem Weizenfeld schneiden, Ernte, Stroh heimfahren (5000 Ballen), Arbeit im Weinberg, Lese,… (Fuer meinen Papa noch die taegliche Stallarbeit. Dann hab ich noch 3 Wochen ehrenamtlich in meinem alten Job gearbeitet. Ich hab geholfen, als meine Bewohner vom Wohnheim wieder in ihr altes Wohnheim gezogen sind. “Und weil er an die wahre Liebe glaubt, begegnet ihm diese Liebe auch”. Ich, der kleine Krieger, hab daran geglaubt, und ich behaupte mal, Gott hat mich diese Liebe begegnen lassen. Sie heisst Michaela, und wie ihr schon gelesen habt, sind wir seit Juni oder Juli zusammen (ein Monat mehr oder weniger, was macht das schon). Schon bei meinem letzten Einsatz hat sie mir ganz viel Halt gegeben, und dass ohne dass sie es wusste. Ich kannte sie auch kaum, aber irgendwie war da was und wie gesagt, ich hab dran geglaubt. (Waehrend meines ganzen Sri Lanka Aufenthaltes und auch die 2 Monate danach wuste ich nur wie diese Frau von hinten ausschaut, ich hab sie mal im Wohnheim die Treppe raufrennen sehen, ihr nachgeschaut und gedacht, “hm, schoen, was fuer ne Frau”. Aufmerksam wurde ich auf sie durch ne Freundin, danke Nico). Sie ist so ein unbeschreiblicher Mensch, sie besitzt die Eigenschaften, die mir fehlen, ich fuehle, das wir uns gut ausgleichen und anziehen. Sie schaut wie ich voll in die Zukunft und lebt, ja, sie lebt einfach und jammert nicht, “Ach, ich will diesen und jenes und alles ist so schlecht”. Ich hoffe, dass ich fuer sie ebenso ein Glueck bin, wie sie fuer mich. Und fuer unseren kleinen Enrico wuensch ich das natuerlich auch. So, das war der kleine Rueckblick, aber bevor es nun mit Reiseberichten weitergeht, moecht ich mich erst einmal bei allen bedanken, die mich unterstuetzt haben und es weiterhin tun. Vielen herzlichen Dank, ohne euch saehe das alles anders aus. Und dann mag ich mich noch fuer etwas aus meinem letzten Tagebuch entschuldigen, naemlich, das ich damals geschrieben hab, das Tamilen das Denken lernen muessen, wie wir das Schreiben. Das war ein grober Fehler, den ich bereuhe, ich hatte damals auch mehr das praktische Denken gemeint, und ich habe im Nachhinein gemerkt, das es am Ende gepast hat. Also entschuldigt bitte meine Tamilischen Freunde. So, und ab jetzt gehts dann weiter mit Reiseberichten, mal schaun, ob dies Buch dicker oder duenner wird als das letzte, und ob ihr es aehnlich interresant findet. Gerade weiss ich nicht genau, wo wir sind, denke irgendwo ueber dem Mittelmeer, ich werd nun etwas ruhen.

Aman Hotel Alia 11.1.06 8.30 Uhr

Es ist nun der Morgen danach, genau 4 Stunden sind wir hierher geflogen, nach Jordanien. Im Flugzeug 24 Grad und 24 % Luftfeuchte, sehr trockene Luft. Hier im Hotel sind’s nun 22 Grad und 40% Luftfeuchte. Gerade hat es geregnet, nun kommt die Sonne raus. Nach der Ankunft gestern hab ich gemerkt, dass ich mein Kriegerhandbuch im Flugzeug vergessen hab, hab’s gemeldet und auch wieder bekommen, sehr gut. Als ich auf den Bus  wartete, hab ich mich mit einem Ehepaar aus Goettingen unterhalten, sehr angenehm. Er war Reiseleiter vor seiner Pensionierung und konnte mir viel ueber den Sueden Sri Lankas erzaehlen. Er meinte auch, das es noch in den 70er Jahren Ceylon geheissen hat, muss mal kucken, wann es dann umbenannt wurde. Mit dem Bus gings ins Hotel, dort gabs noch ein Abendbuffet und dann ging ich ins Bett, konnte aber anfangs nicht einschlafen, hatte Heimwehgefuehl im Magen. Heute morgen dann bin ich um halb 8 aufgewacht, (halb 7 in Deutschland). Um diese Zeit hat meine Micha gerade das Arbeiten angefangen und als ich dann beim Fruehstueck in dem grossen Essenssaal sass, muste Enrico grad aufstehen. Hier in Aman hat es uebrigens 7 Grad Aussentemperatur, also schon etwas waermer als Zuhaus.

Aman Flughafen, 11.01.06 17.30 Uhr

Bin mal gespannt, wie warm es dann in Colombo ist. Hab heute schon was erlebt. Nach dem Fruehstueck hab ich meinen zweiten Brief geschrieben, seit ich weg bin. Von 9.30 Uhr bis 12.00 Uhr, zwischendurch muste ich mein Handbuch lesen, den ich brauchte eine Weisheit daraus, um einer Freundin bei ihren Beziehungsproblemen zu helfen. Beim Mittagessen hab ich dann einen Barfussmann gesehen, “ob er wohl auch immer barfuss unterwegs ist”, hab ich mir da gedacht. Aber Pustekuchen, beim Auschecken kam er mir mit Schuhen entgegen. Den Mittag ueber war Fernsehen und duschen dran, da ich keine Muse hatte zum Lesen.

Colombo Meeting 12.01.06 11.45 Uhr

Um 16.00 Uhr bin ich aus dem Hotel ausgecheckt, war ein Fehler, haette ne Stunde laenger warten sollen, den so hies es wieder lange Warterei im Flughafen, bis unsere Maschine schliesslich um 20.10 Uhr den jordanischen Boden verliess, mit einer Stunde Verspaetung und jeder Platz besetzt. Am Vortag hatte ich da mehr Glueck, da war das Flugzeug gerade mal halb voll und ich hatte meine Sitzreihe fuer mich allein und konnte die Fuesse hochlegen. Ich ging zu meinem Platz, und der Mann, der am Nebenplatz sass, fragte, ob ich den Platz mit seiner Freundin tauschen wuerde, da sie 6 Reihen weiter hinten sas. Na klar, bin doch eh alleine. Waren eh beides Sitze am Gang, also keinerlei Komfortverzicht. Der Flug zog sich lange hin, zuerst las ich in dem Buch “Servus Opa, sagte ich leise” ein Kinderbuch von mir. (Ein 10 jaehriger Junge erlebt, wie sein Opa, der Krebs hat, stirbt). Nach dem Abendessen hab ich das Buch dann weggelegt, denn ich wollte unbedingt einen Brief an Micha schreiben. Das tat ich auch, 3 Stunden dauerte dies, und einen fuer Enrico in Druckbuchstaben hab ich natuerlich auch beigefuegt. Schlafen war nicht, viel zu unbepuem, und es war eh nicht mehr allzulang bis zur Landung. Diese hat auch super geklappt, und mein Gepaeck war dismal auch alles da. Ich hab, glaub ich < noch gar nicht erzaehlt, aus was dieses Gepaeck diesmal bestand. Da ich ja diesmal keine Saege mitnehmen durfte (Am Frankfurter Flughafen haben sie mir gesagt: “Ne, die Geschichte mit dem Herrn Schleyer, die kennen wir noch, und dass er die Saege doch geschickt bekommen hat, war ein Versehen. Diesmal geht das nicht”). Tja, da hat wohl irgendjemand Aerger bekommen letztes Jahr, wenn sie den Herrn Schleyer nach 9 Monaten immernoch an diesem grossen Flughafen kennen. Also hab ich halt Teddybaeren eingepackt, und 3 Blutzuckermessgeraete hab ich auch geschenkt bekommen und noch ein Blutdruckmessgeraet. Dann noch ein paar Stifte fuer die Kids. Fuer mich selbst hab ich 2 Liter Zwetschgenschnaps von meiner Oma, abgefuellt in Wasserflaschen, damit es keine Probleme mit Zoll gibt. Ein paar CD’s, Diskman, ein paar Buecher, 4 Hemden und 2 Unterhosen, weng Werkzeug, Badehose, eine Hose (Die ich anhab) und natuerlich viel Briefpapier und 12 Tintenpatronen. Ja, das war so ziemlich alles, oh ja, nicht zu vergessen die Digicam, die ich geschenkt bekommen hab. Das Taxi vom Flughafen nach Colombo kostete dismal 13 Euro statt 10 wie im letzten Jahr. Der Fahrer war nett und ich hab in weng was gefragt. “Gibt es viele freiwillige Arbeiter im Moment in Sri Lanka?” “Ja, ziemlich viele.” “Wie sieht es mit Touristen aus?” “Ja, voll.” “Wie steht es mit dem Konflikt Tamilen gegen Singalesen?” Da wurde er sehr aufgebracht. Er meinte, dass das eher ein Kampf zwischen den tamilischen Rebellen (LTTE) und der Regierung ist, die normalen Tamilen und Singalesen leben friedlich miteinander, und die Tamilen waeren total verrueckt, dass sie einen eigenen Staat innerhalb Sri Lankas wollen. Das ist sehr schlecht fuer das ganze Land und das kann man nur verurteilen. Er meinte allerdings auch, dass von der Regierung viele Fehler gemacht wurden, aber im Moment laege es an den Tamilen, ob der Krieg startet oder nicht. Nach dieser Diskusion wurde es still im Wagen, der Fahrer hoerte per Ohrhoerer Radio und fuhr 3 Mopets beinahe ueber den Haufen, und ich schaute die Gegend an und das in aller Ruhe, mich auf sein Fahrkoennen verlassend. Mir fiel ein Slum am Stadtrand von Colombo auf, ein richtiges Schauerbild. Heruntergekommene Haeuser mit Welldaechern, eins ans andere gepfercht. Was muss das fuer ein Leben sein, einen Tag wie den naechsten erleben, im Muell, ohne Aussicht auf eine bessere Zukunft. Ein Leben im Dreck, von der Welt vergessen, kein Geld fuer nichts, nicht mal fuer Buecher, um sich wenigstens ein bisschen die Zeit zu vertreiben. (Wahrscheinlich konnen sie eh nicht lesen, da sie nicht die Chance hatten, eine Schule zu besuchen).Man gehts uns da gut, auch wenn wir uns vielleicht fuer arm halten. Als ich darueber nachdachte, wurde mir richtig schlecht. Im Office der TRO hat sich diese Laune ganz schrell geaendert, ich traf ein, sagte, wer ich bin, wurde zum hinsetzen angehalten, und kaum sass ich, da bin ich auch schon wieder aufgesprungen, den Selva kam um die Ecke (nicht my Chelva, sondern ein Engeneer, den ich letztes Jahr am Anfang schon mal getroffen hatte. Er fragte nach meinen Plaenen, und als ich sagte, dass ich mich auf die TRO verlass, wo sie mich einsetzen, sagte er, “dann geh nach Trincomallee, dort sind ueber 200 Toilettenhaeuschen zu bauen, die Gelder sind von der Unicef bewilligt, ein Organicer ist vor Ort, es fehlt nur noch jemand, der die Maurer einweist. Und dies waer mein Auftrag, und es muss wiedermal schnell gehen. Die Haeuser sind wohl gebaut, nur die Toiletten fehlen noc;h, damit die Menschen einziehen koennen. Da hatte ich doch wirklich nach 5 Minuten schon meinen Auftrag fuer lange Zeit. Mal schaun, ob das was wird. Ich schilderte ihm meine Auftraege von Gabriel, von ihm hab ich 2200 Euro bekommen, die muss ich Lawrence Christi in Kilinochchi geben. Sie sind fuer ein Kinderheim in Batticaloa (Bau eines Kuechengebaeudes und eines Brunnens) und eines in Puthukkudiyiruppu (Ueberdachung einer Schlafhalle) gedacht.

Colombo Office, 12.1.06 20.00 Uhr

 Um halb 10 war ein Meeting der Engeneers angesagt, dort durft ich mit drin sitzen, Bin allerdings ein paarmal eingeschlafen, da ich ja nun schon seit dem Vortag um 8.00 Uhr auf bin. Nach dem Meeting wieder planen, es war dann veranschlagt, dass ich am naechsten Tag nach Kilinochchi fahre, dann nach Mullaittivu. Dort will ich meine Freunde besuchen, ist ganz wichtig, am Montag dann das Geld fuer die Kinderheime wechseln und  uebergeben, dann die Fotos in Batticaloa machen und weiter auf Baustelle nach Trincomallee. Als alles klar war, bin ich in die Stadt gelaufen, ich brauchte einen neuen Saram und Batterien fuer Wecker und Diskman. Ausserdem Briefumschlaege und Briefmarken. Beim Laufen durch die Stadt wurden viele Erinnerungen wieder wach. Der Fahrradreifen, der in der Bullersroad eingeteert war ist weg, die Menschen lachen einfach wieder, sie sprechen einen auf der Strasse an, und den Verkaeufer des Sarams hab ich nach dem Schneider gefragt, er hat mich hingefuehrt, der Schneider hat mich nach meiner Frage nach Batterien in einen Laden gefuehrt, wo ich welche bekommen hab. Dort hat mich ein Passant zu einem Buchgeschaeft begleitet, wo ich Kuvere bekommen hab und von dort hat mich, aufgrund meiner Frage nach Briefmarken, ein naechster ins Post Office begleitet. Das wuerde einem Fremden bei uns in Deutschland nicht so schnell passieren, hier ist das ganz normal. Nach meinen Einkaeufen gings zurueck ins Office, dort wieder warten, mit Mama, Oma und Micha hab ich telefoniert.

Mullaittivu Camp 13.01.06 19.30 Uhr. So, nun bin ich wieder zurueck am Ort des Geschehens, zurueck im Camp, wo mein letztes Buch entstand. Gerade sitzen my little Boy und seine Schwester um mich rum, komisch, so zu schreiben. Aber ich fang einlfach mal an. Um 3 Uhr ging dieser Tag los, also sollte er wenigstens. Da sollte ich naemlich im TRO Guesthouse abgeholt werde, aber um viertel nach 3 kam nicht mein Van, sondern der Boy, der hier wohnt. (Ca.  30 jaehriger Amerikaner, der im TRO Office Colombo arbeitet) mit seiner Freundin, sie gingen ins Zimmer. Und dann durfte ich doch wirklich noch mitanhoeren, was ich schon befuerchtet hab. Die beiden haben schoen ihr Nuemmerchen geschoben, dem man bei den duennen Waenden und Tueren halt zuhoeren muss, auch wenn man nicht will. Egal. Um 4 kam der Van, (Kurz nach dem Hoehepunkt) und wir haben wiedermal die Reise nach Kilinochchi angetreten. Die ersten 4 Stunden hab ich geschlafen und ab 8 dann aus dem Fenster geschaut. Sehr viele Armeeposten an den Strassen, einige mehr als im letzten Jahr. Die Grenze kein groesseres Problem, in einer Stunde waren wir durch, nur dass sie diesmal alle Elektrogeraete ueberprueft haben: CD’s reingehoert, die Mitfahrerin musste ihren Laptop anmachen, meine Bilder auf der Digicam haben sie angesehen. Nach der Grenze dann alles wieder ruhig, keine Armee mehr. Und alles gruen. Der Reis ganz frisch, die Baeume teilweise in Bluete. Es hat auch die ganze Fahrt geregnet, auch jetzt regent es wieder. Es hat uebrigens 28 Grad und 86% Luftfeuchte. Gestern in Colombo das Selbe. Es ist sozusagen eine Luft zum Anfassen, da kann man gar nicht anders, die ist so prall, da muss man einfach hinlangen. (Kleiner Scherz am Rande, hihi) In Kilinochchi dann gleich lauter strahlende Gesichter. So viel Freude, dass ist einfach Herzzerreisend. Ich war ganz geruehrt. Mr. Lawrence und Mr. Ravi haben mich gleich im Hof empfangen (da waren sie grad), ich hab ihnen erzaehlt, dass ich 2200 Euro fuer sie von Gabriel dabeihab und auch von mir noch 6000 Euro, die sie verplanen duerfen. Mr Lawrence meinte, dass sie vielleicht bei Kindern gut angelegt sind, oder, und nun hoert, denn dass hat mich sehr geschockt, was er mir dann erzaehlt hat. Oder fuer den Bau von Uebergangshaeusern im Stil des letzten Jahres. Ja, und zwar, und jetzt kommt das Schlimme, fuer Menschen, die aus Jaffna und Vavunija ins Vanniland (Tamilengebiet) geflohen sind, weil dort der Krieg droht und sie von Armeetruppen drangsaliert wurden. Da kommt einem doch das Kotzen, als ob es hier nicht schon Leid genug gibt, da kommen nun auch noch 5000 Familien als Kriegsfluechtlinge nach Tamil Vanni. Und die brauchen auch Haeuser. Denn ausserhalb des Autonomen Gebietes fuehlen sie sich nicht sicher oder wurden sogar vertrieben. (Was von beiden nun zutrifft werd ich schon noch rausfinden). Tja, werd ich da vielleicht nun gesammeltes Geld fuer Kriegsfluechtlinge einsetzen muessen? Ich weiss nicht, ob das richtig ist. Mr Lawrence wird mir Vorschlaege machen, am Montag, bis dahin hab ich Zeit zum Ueberlegen. Denn ich hatte auch daran gedacht, die Betten fuer das Kinderheim in Batticaloa zu finanzieren. Gabriel hat mir gesagt, dass sich die Kinder dort nichts sehnlicher wuenschen als Betten, um in der Regenzeit nicht auf dem nassen Fussboden liegen zu muessen. Aber hat das nicht Zeit, wenn man bedenkt, dass vom Krieg fluechtende Menschen Haeuser brauchen. Ich weiss es nicht. Ich werd mich Gottes Ratschluss hingeben, er wird mir hoffentlich die richtige Antwort zeigen. Mr Lawrence meinte auch, ich solle vielleicht an den Haeusern mitbauen fuer die Fluechtlinge, da das wichtiger ist, als die Toiletten. Wir werden sehen. Am Mittag bin ich mit dem Van nach Mullaittivu gefahren worden. Dort hat sich einiges veraendert, der Platz, wo sie damals die Reste der Stadt abgekippt haben (ihr erinnert euch vielleicht an das Bild). Ueber diese Begraebnissstaette der 10000 Existenzen ist nun Grass gewachsen, auch ueber das Eck, wo die Menschen verbrannt wurden. In Mullaittivu Stadt wird fleissig gebaut, da ruehrt sich was, es waren maechtig viele LKW’s da und Baumaterialien. Bei Piragalathan (mein Postmannfreund) hab ich mich absetzen lassen, er war allerdings nicht zu Hause, also bin ich ins Camp gelaufen. Schon bald hoerte ich “Martin, Martin”. Einige Kinder liefen herbei, My little Boy pfiff, also bin ich hingegangen. Eine Freude ueberall. Schoen. Mit my little Boy bin ich zu den Nurses Houses gelaufen. Auch da viel  Freude. Allerdings waren nur meine 3 Haeuser fertiggestelltworden, neue wurden nicht gebaut. Halt stop. Doch, gleich nach dem Zaun wurden noch 3 von der Unicef gebaut. Das Krankenhaus bekommt auch ein neues Gebaeude, von einer Deutschen Organisation finanziert. Beim Zuruecklaufen haben wir dann Piragalathan  getroffen. Der war natuerlich aus dem Haeuschen. Er ist befoerdert worden und es geht ihm gut. Alle miteinander haben mir dann mein Fotoalbum von Zuhause angeschaut und natuerlich mein letztes Tagebuch, das mit viel Begeisterung begutachtet wurde. Nur gut, dass soviel Bilder drin sind.

Mullaittivu Camp 14.01.06 8.00 Uhr bei my little Boy

Besonders die little tangatshy (kleine Schwester) meines little boy war ganz fasziniert. Sie hat stundenlang ueber den beiden Buechern gesessen und gekuckt und gekuckt. Ausserdem schaut sie mich die ganze Zeit an wie so ein verliebtes Mondkalb. Dieses ca 12 Jahre alte Maedel scheint ganz schoen vernarrt zu sein. Da ist es nur gut, dass ich der Familie gleich von meiner Freundin vorgeschwaermt hab. Die Nacht hab ich auf der ueberdachten Terrasse bei my little Boy geschlafen, es hat wieder geregnet. Es waren sowohl am Abend als  auch in der Nacht immer wieder Schuesse zu hoeren und das ganz nah. Erst dacht ich, die schlachten irgendwelche Tiere, bis ich drauf gekommen bin, dass das Feuerwerksboeller sind. Denn es ist eine Art Ernte Dank Fest. Das ist hier ein ganz besonderes Fest. Die Familie, wo ich grad bin, hat am Morgen gefaltete Palmblaetter auf Seile aufgehaengt ( im Rechteck von ca. 2 mal 2,5 Meter gespannt). Darunter wurden am Boden mit Mehl Figuren aufgemalt (Planzen, Blumen), und ein kleiner Altar aus einem Topf, Bananen, 3 Kokosnuessen, einer kleinen Pflanze, Blueten, Asche zum Segnen und noch 2 andere Segensgaben wurde aufgebaut. Neben dem Rechteck wurde der Sand etwas ausgehoelt als Kochstelle und darauf ein Topf mit Wasser gestellt, in dem dann Reis mit Kokosmilch gekocht wurde. Dies alles geschah mit ungeheuerer Geduld und Lieblichkeit und dauerte von frueh um 4 bis halb 9

Mullaittivu Little Boy 14.01.06 18.30 Uhr

Als es dann fertig war gab’s Fruehstueck, von dem Reis, mit Sultanienen, Nuessen, Zucker und Gewuerzen. Lecker. Nach dem Essen war Erkundungstour angesagt. Zuerst zum Strand. In den Reisfeldern war immernoch Wasser und Muell und auch Oel vom letzten Jahr, die Bruecke, die Thomas und ich am 12ten Februar gebaut hatten war weg. Der Strand sah aehnlich aus wie im April, bis auf 2 Grosse Unterschiede. Die Krebse die im letzten Jahr zu hunderten am Wasserrand entlang liefen sind fast ebensovielen Booten gewichen. Ja, Krebse hab ich keine gesehen, statt dessen lauter Fischerboote, mit Aufklebern verschiedenser Organisationen und Laender. (Wourld Vison, Malteser Polen, TRO, Don Bosco, …) Da hat der Tsunami letztes Jahr zwar viele Leben gekostet, aber hat er vielleicht nicht auch ebensoviel oder mehr Leben gerettet, indem unzaehlige Krebse und Fische am Leben bleiben durften. War er dann vielleicht ein Segen fuer das Leben auf unserem Planeten? Wir Menschen koennen, glaub ich, nicht so ganzheitlich denken, das kann nur einer, unser lieber Gott. My little Boy, sein Bruder und 2 andere Kinder sind auch mit auf meine Erkundungstour. Ja, sie trauen sich wieder ans Meer, an das Meer, das vielen Menschen vor gut einem Jahr das Leben gekostet hat und auch so viel Leid verursachte, das aber andererseits, wie ich mir gerade herauskristallisiert habe, dadurch auch genauso vielen Tieren das Leben gerettet hat, weil ihre Jaeger nun nicht mehr da sind. (Man entschuldige meine Einstellung, aber ich versuche immer, die Welt, das Leben als Gesamtheit zu sehen, und mich von der Vorstellung zu loesen, das der Mensch das einzig wichtige und bemittleidenswerte Lebewesen ist.) Sie trauten sich also wieder ans Meer. Die Angst die sie im letzten Jahr noch hatten, ist einem Scherzen ueber den Tsunami gewichen. Es stank graeuslich nach Fisch, und es lagen auch immer wieder tote Fischreste am Strand. Wir gingen die ca. 4 km bis Mullaittivu Town am Meer entlang. Dann Richtung Schule. Der Tempel am Strand, von dem nach dem 26.12.04 nur der Eingang uebriggeblieben war, ist wieder aufgebaut und in der Stadt lagen ueberall Steinhaufen. Sie sind also bereit ihre Zukunft in die Hand zu nehmen, und ihre Haeuser wieder aufzubauen. Vermessen war wohl auch, denn ueberall steckten Vermessungspfaehle im Boden. Vom Buergermeister erfuhr ich, dass die ersten 200 Meter am Meer nicht mehr gebaut werden duerfen. Bis dies hier wieder wie eine normale Stadt ausschaut werden noch mindestens 2 Jahre vergehen. Wenn nicht mehr. Der Platz, wo die alte Stadt ”begraben” liegt, hat sich auch veraendert. Es ist Gras ueber die Sache gewachsen. Wahnsinn, innerhalb eines Jahres waechst ein Gruener Teppich ueber den Schutthaufen der Stadt und laest es so aussehen, als waer nie was passiert. Als wir um 2 Uhr nach fast 5 Stunden Laufen wieder daheim waren, war erstmal schlafen angesagt. Ich war einfach hinueber. 2 Stunden auf die Matte. Und auch als ich mich danach zu den anderen raus gesetzt hab, bin ich immer wieder eingeschlafen. Und dass war auch wichtig.

Kilinochchi, 15.01.06 15.00 Uhr

 

Kilinochchi 15.01.06 15.00 Uhr

Irgendwann um 4 gab’s dann Tee und Kekse von meiner Oma, die hatte ich naemlich noch dabei. Ja, und danach war der Tag ziemlich gelaufen. Ich wollte zwar noch ins Camp, das war aber schon zu spaet. Um 20.00 Uhr meinte my little Boy “sleeping” und wir legten uns nieder. Zuvor verabschiedete sich noch die Schwester von my little Boy mit ihren ca. 2, 4 und 5 Jahre alten Maedchen. Denen hab ich vorher noch ein Kuscheltier geschenkt, dass ich den strahlenden Kindern ueberreichen durfte. Jedem eins. Die Nacht war unruhig, immer wieder wurde ich wach, Moskitos stachen mich und Gedanken quaelten mich. Es waren nicht unbedingt schlimme Gedanken, ich konnte halt meinen Kopf nicht freibekommen, wusste nicht, ob ich wirklich Lust hab, die naechsten 2 Monate hier zu arbeiten. Da bin ich oft schlimm, das wird dann besser, wenn ich angefangen hab zu arbeiten. Irgendwann war diese Nacht dann auch rum, um 8 Uhr und die Sonne schien. Zum ersten Mal, seit ich hier bin, schien die Sonne. Also auf, Fruehstueck und ab ins Camp, weil mir ja nur noch 3 Stunden bleiben, bis der Bus nach Kilinochchi faehrt. My little Boy geht mit. Die Kinder rufen: “Hello Martin”. Sie kennen mich noch. Wir muessen uns setzen und bekommen Gebaeck und Wasser. Die Kidis und auch die aelteren wollen das Album sehen und das Tagebuch. Sie schauen wie gebannt und freuen sich riessig, wenn sie im Tagebuch ein bekanntes Gesicht sehen. Schoen, diese Freude zu erleben. Ich muss die Bilder erklaeren, schwierig, weil keiner Englisch kann. Aber mit meinen paar Worten tamil (ama=Mama, appa=Pappa, tangatshy=kleine Schwester, aka=grosse Schwester, ammama=Oma, girlfriend=Freundin, girlfriendson=Sohn der Freundin, farm=Bauernhof, …) Nach ner halben Stunde gehen wir weiter. Das Camp sieht veraendert aus. An die meisten Haeuser sind Daecher und Zaeune angebaut. Die Palmblattdaecher sind verwittert. Einige haben auch winzige Gaerten neben ihren Haeusern. Es lebt sich bestimmt recht gut, nur dass es doch sehr eng ist. Wieder wurden wir angehalten zum hinsetzen. Die erste Minute ist da immer ganz komisch bis wir eine Sprache finden. Wieder packe ich Bilder aus und wieder staunen und lachen. Ein Mann erkennt sich und seine Tochter im Tagebuch. Und Udhyain, die kennen sie alle (ihr wisst, die behinderte Frau, mit der ich mein Essen geteilt hab) Sie hab ich uebrigens noch nicht getroffen. (kurzer Ausschweif: sitz gerade im TRO Guest House in Kilinochchi und muss lachen. Warum? Weil draussen eine Frau etwas ruft, das klingt wie “Mallaga”. Sybille, erinnerst du dich, unser letzter Spanienurlaub: “Mallaga Haselnuss” von Benjamin Bluemchen. Sorry, musst ich grad schreiben, ist ‘n Insider und fuer mich immer wieder sehr witzig) Zurueck zumCamp: Ich hab erklaert, dass ich diesmal nicht in Mullaittivu arbeiten werde und um 11 Uhr nach Kilinochchi zurueck muss. Mir wird selbst klar, dass das eigentlich viel zu wenig Zeit fuer Mullaittivu ist. Ich werde versuchen vor meinem Abflug nochmal zu kommen. Bevor wir weitergehen bekomme ich noch ein Lunchpaket und ein Sterbebild einer Frau. Ihr Mann gibt es mir und sagt, dass sie beim Tsunami umkam. Er klingt gefasst, fast locker. Die Menschen scheinen gut drueber weg zu sein, es ist bestimmt nicht gerade schlecht, dass sie hier auf so engem Raum zusammenleben muessen, so koennen sie miteinander reden und sind nicht allein. Als wir das Camp verlassen laeuft uns Murugam, der Kookman, My appa ueber den Weg. Es ist der, bei dem ich im letzten Jahr immer zum Essen war. Er fuert uns zu seiner Frau, wir wechseln 3 Worte, schwierige Verstaendigung. Und was meint ihr, was da neben mir liegt? Wir stehen neben dem Platz, wo letztes Jahr mein Zelt stand. Und es ist immernoch da. Wenigstens ein Teil der Plane liegt/haengt zerfetzt im Zaun. Es war ja im letzten Jahr schon kaputt und da haben sie es wohl hiergelassen. Es ist auch Grass drueber gewachsen. So vergeht die Zeit. Wir gingen zurueck zum Haus, ich pakte meine sieben Sachen und my little Boy brachte mich noch zum Bus. Der Familie hab ich 500 Ruppee (4 Euro) als kleines Dankeschoen gegeben. Sie haben es gern genommen. Nun, endlich durfte ich mal mitfahren in den vollgestopften Sri Lanka Bussen, gar nicht so einfach, wenn man bedenkt, dass ich meinen grossen Rucksack und die Umhaengetasche dabei hatte. Dazu noch meine Isomatte. Aber es ging. Bei jeder Haltestelle stieg ich aus und liess Leute rein und raus. Ich sass naemlich auf der Einstiegstreppe. Die Tuer blieb offen. Die Fahrt war schoener als im Van, nicht so ne Raserei. Wir brauchten 3 Stunden bis Kilinochchi. Zwischendurch einmal umsteigen. Beim Warten dort kam ein Polizist zu mir. Ich musste sagen, was ich hier mache und ihm meinen Pass zeigen. Den Brief der TRO, den er sehen wollte, konnte ich ihm nicht zeigen, ich hatte keinen. Als ich fragte, ob dass ein Problem ist, schaute er etwas grimmig, lies mich aber doch gehen. Und auch in meinem Tamil eelam Pass schien ihm etwas nicht zu passen. 15 Minuten spaeter waren wir in Kilinochchi, wo ich mich dann auf die Socken, aeh Solen machte ins TRO Guest house ging und den Nachmittag in Ruhe ausklingen lies.

Kilinochchi 1-9 Restaurant 15.01.06 19.30

Noch ein kurzer Rueckblick zur Busfahrt: Denn es gibt da was, was ich sehr schoen fand. Der Bus war ja recht vollgestopft. Und wenn dann ein Mann kam, oder eine Frau, die ein Kind dabei hatten und stehen musten, dann nahm die danebensitzende Frau oder Mann das Kind einfach auf den Schoss, ohne ein Wort zu sagen. Das war selbstverstaendlich, dass sich um das Kind gekuemmert wird. Und dann gab es da noch eine Sache, da war ich ratlos. Vielleicht koennt ihr mir sagen, was ihr davon haltet, wenn ihrs lest. (Das wuensche ich mir uebrigens auch von anderen Zeilen, gebt mir einfach eure Meinung ab. Als Brief oder im Gespraech, ich freue mich ueber jeden Brief). Ja, da waren 3 Bettler an einer Haltestelle in Puttukudiyiruppu. Sie bettelten auch mich an und ich hab ihnen nichts gegeben. Letztes Jahr waere dass noch undenkbar gewesen und ich war recht erschrocken, welche zu sehen. Ich finde halt, das Betteln ist so ne Nachahmersache, man bekommt relativ schnell ein Tageseinkommen zusammen, und wenn andere arme Menschen dass sehen, machen sie es vielleicht genauso um nicht arbeiten zu muessen. Bin ich da zu hart? Ja bestimmt, aber ich mag meine Meinung hier in Tamil eelam nicht aendern. In Colombo ist das was anderes fuer mich, da haben die Touristen wohl das Land schon so “versaut” (ist eine Behauptung von mir) mit Geldgeben an die Bettler, dass die es wohl nicht mehr schaffen wuerden, sich selbst aufzuraffen. Um die am Leben zu halten gebe ich gern einige Ruppees. Aber hier in Tamil eelam? Ja, das ist meine Meinung. Im Moment sitz ich im 1-9 Restaurant. Hab grad gegessen, den besten Vegetable Reis, den es gibt. Feiner Reis, knackig gekocht, mit Zwiebeln mit Stiel, gelbe Rueben und Paprika, ganz wenig geduenstet. Und das gut abgeschmeckt, ich schaetz mal nur mit Salz und Oel. Sehr gut. Also wer mal richtig gut Reis essen will, der sollte entweder zum Asia Imbiss nach Kitzingen beim City Video gehen, oder hierher nach Kilinochchi ins 1-9. Besser geht, find ich, gar nicht.

Kilinochchi TRO Guest House 15.01.06 21.00 Uhr

Mittlerweile bin ich wieder im House, mir fiel grad noch ein, das ich noch sagen wollte, wieviel die Busfahrt gekostet hat. Es waren 70 Ruppee=60 Cent fuer ca 70 km, das geht doch. Gradeeben sitz ich bei einem Zwetschgersprite, mein erster, seit ich hier bin. Trinktemperatur ca. 25Grad. Lecker. Und nun werd ich noch weng in dem Buch “Nicht ohne Gottes Fuehrung, wie finde ich den richtigen Partner” lesen. Brauch ich zwar hoffentlich nicht mehr, da ich mit meiner Lieben zusammenbleiben will, aber interresieren tun mich solche Buecher schon.

Kilinochchi, 16.01.06 18.30 Uhr, Temperatur 29Grad, Luftfeuchte 88%

Wobei ich nun 23 Stunden und 55 Seiten spaeter sagen muss, dass es doch sehr hilfreich fuer mich ist, dieses Buch. Es geht darin naemlich auch um das Zusammenleben und das Reifen in einer Beziehung. “Wuerden 30% mehr an Engagement und Vernunft bei der Partnerwahl aufgewendet werden, dann wuerden sich die Wartezimmer der Ehetherapeuden um 60% leeren” (Dr. Richard Wite). Wenn ich jetzt anfangen wuerde, darueber zu schreiben, wuerde das bestimmt ein paar Seiten fuellen. Aber vielleicht soviel dazu. Meine Micha hat ja mein erstes Buch gelesen, bevor wir zusammen kamen. Darin hab ich mich ja schon ueber Liebe und Verliebtsein ausgelassen (ihr erinnert euch?). Sie meinte damals, das sie das damals ganz schoen krass fand. Letztens haben wir uns darueber unterhalten. Nun versteht sie mich wohl. Ich bin halt einfach immernoch der Ueberzeugung, dass es wichtig ist, den Kopf kuehl zu behalten. Das Verliebtsein ist ein Gefuehl, dass nachweislich von dem Hormon Phenylaetylamin hervorgerufen wird. Dieses Verliebtsein wird (meistens) vergehen, es sollte einer bestaendigen Liebe weichen. (Aus dem Buch) Aber was ist Liebe? In dem Buch so beschrieben:”Verliebtsein ist, wenn man mit einer Person zusammen sein will, obwohl man sie nicht kennt. Liebe ist, wenn man mit einer Person zusammen sein will, obwohl man sie kennt”. Der Heike hab ich letztens geschrieben, wie ich das sehe, hier schreib ich’s nicht rein. Paulo Coelhe schreibt, das Liebe nicht Geben oder Nehmen, sondern Teilnahme bedeutet. usw. usw. Ich verstrick mich grad schon wieder, dabei hab ich doch noch soviel anderes zu schreiben. Kommen wir doch gleich mal zu Verbundenheit. Gleich wird die Manu wieder lachen, wenn sie’s liesst und er Klaus weiss nicht warum, hihi. Ja, Verbundenheit. Wisst ihr, was mich mit Sri Lanka am meisten verbindet? Was wuerde euch da einfallen? Die Menschen, die Natur oder etwa die Hitze oder das Meer? Ich werd’s euch sagen, nichts dergleichen. Es sind meine verbundenen Fuesse, die Eiterstellen. Ja genau, ich hab schon wieder eine Eiterstelle am Fuss, hab zuviel gekratzt und jetzt geht immer Dreck rein. Und da ich ja versprochen hab, dass ich besser auf mich aufpass diesmal, hab ich sie auch schon verbunden (mit Malerkreppband) und vorher hab ich die Wunde desinfiziert (mit Zwetschgenschnaps). Hab naemlich gemerkt, dass ich ueberhaupt kein Verbandszeug mithab, dass hab ich total vergessen. Aber nun muss ich endlich mal zu meinem Tagesablauf kommen. Nach dem Aufstehen um 7.30 Uhr hab ich 2 Hemden gewaschen und Sachen sortiert. Um halb 9 ging’s ins Office. Dort wiedermal warten, kenn ich ja vom letzten Mal. Die schoene Receptionlady Priya sitzt nicht mehr hinter der Reception, sie arbeitet jetzt in einem Buero, schade. Nach einem Gespraech mit Mr. Lawrence, bei dem nix rauskam, hab ich erst mal 2800 Euro Travelerchecks in der Bank of Ceylon gewechselt. War wieder, wie im letzen Jahr, ein ganz schoener Akt. Erst hat der Direktor gar nicht gefragt, wieviel es sind, und als alle Checks unterschrieben waren und er fragte, wieviel es sind, da fielen ihm fast die Augen raus. Hat auch ewig gedauert, aber am Ende hab ich dann doch die Bank mit 340000 Ruppee verlassen. (Ein ca. 5cm hoher Stapel) Bevor’s zurueck ins Office ging, war erstmal Vanni Net Café angesagt. Eine Rundmail an alle meine Freunde und eine Spezielle an Alexandra, die Internetseite fuer meinen diesjaerigen Einsatz beginnen. Im Buero wieder warten. “Mr. Martin” ich schreckte auf. Mr. Ravi stand vor mir, ich war eingedoest beim Lesen. Wir gingen in ein Buero, dort uebergab ich den Stapel Geld von Gabriel fuer die Kinderheime in Batticaloa und Barethy. Fotos wurden gemacht und ich bekam die Quittung. Danach erlaeuterte ich nochmal mein Anliegen, 6000 Euro anzubringen. Mr Ravi meinte, dass es am besten ist, dass Geld fuer Reparaturarbeiten an den Uebergangshaeusern zu verwenden, oder fuer die zukuenftigen Haeuser. Mr. Lawrence meinte spaeter, besser fuer Kinderheime. Ich werde morgen einiges wechseln und uebergeben. Sie werden mir dann sagen, wofuer es verwendet wird. Es waere unsinnvoll, dass sie eine Entscheidung uebers Knie brechen. Es soll wohl ueberlegt sein. Und ich finde es die beste Loesung, das Geld gleich zu uebergeben, dann haben sie etwas Konkretes und koennen damit arbeiten. Und am Beispiel von Gabriel hab ich ja wiedermal gesehen, dass diese Menschen absolut vertrauenswuerdig sind. Sie nehmen auch nicht einen Ruppee an, ohne dafuer eine Quittung auszustellen. Nach diesem vielen Gerede und erklaeren rief ich noch schnell bei Alexandra an und wollte dann Mr. Lawrence noch schnell sagen, dass ich am naechsten Tag wiederkomm. Da sagte er, ich soll mich setzen. Er erzaehlte, dass er an dem Ort war, wo ich bauen soll. Dort sind noch die Bulldozer am planieren. Dann muss erst noch vermessen werden, bevor ich dort anfangen kann. Was ich bis dahin tun soll weiss er noch nicht. Also weiter abwarten. Das Gespraech war zu Ende. Ich machte mich auf den Heimweg mit Zwischenstop im Stoffgeschaeft und beim Schneider, der mir den zuvor gekauften Saram zusammennaehte. Dann nach Hause, zu Fuss. In den Wochen hier werden es wohl wieder 200-300 km werden.

Kilinochchi, 17.01.06 19.00 Uhr

Der Weg nach Hause ist hier gruselig, wenn es dunkel ist. Es ist so richtig dunkel, wenn gerade kein Auto oder Motorrad kommt. Ich pfeife, um von den Radfahrern (ohne Licht) gehoert zu werden. Kuehe stehen am Wegrand, kaum zu sehen, sie stehen einfach nur da. Im House dann duschen, Waesche waschen und schreiben. Moecht mal wissen, wie dick dieses Tagebuch wird, ihr wisst es schon, ich im Moment noch nicht. Ich weiss auch nicht, ob es interresant fuer euch ist, aber ich bemuehe mich. Das Ehepaar, dass auch hier wohnt kommt um 20.30 Uhr heim. Ich unterhalte mich mit dem Mann bis 21.00 Uhr, dann wird der Notstromgenerator ausgeschaltet und wir gehen schlafen. Am naechsten Morgen geht die Unterhaltung weiter, bis wir vom Van abgeholt werden. Ich moechte euch von der Unterhaltung erzaehlen: Wir haben verschiedene Ansichten vom Leben. Er ist der Meinung, wir in Europa sollten immer weiter auf Fortschritt setzen und unsere nachkommende Generation dazu anhalten, auf immer besseren Standart hinzuarbeiten (bessere Autos, Chance auf Urlaub, technische Neuerungen, …). Meine Konter erklaert mit meinem Leben. Warum immer mehr, was haben wir davon, wenn wir immer mehr arbeiten, um immer mehr zu verdienen, welchen Wert hat es, mit einer Million auf der Bank zu sterben. Sterben muessen wir alle. Und ich finde, dass sie in Sri Lanka ein besseres Leben fuehren, als wir es tun. Sie muessen sich nicht abhetzen, koennen ruhig in den Tag hineinleben, und sterben am Ende ebenso wie wir. Er entgegnete, dass sie, wie wir auch, Sehnsucht nach den Dingen haben, die sie im Fernseher sehen. Ist ja auch ganz natuerlich, das Streben des Menschen nach mehr. Aber wo hoert das auf, denn es gibt ja immer noch mehr. Umgedreht muss ich da an meinen Onkel denken, als ich mal meinte, wir muessen bei uns in Deutschland in der Entwicklung rueckwaerts gehen, um voranzukommen. Er meinte dazu, wie weit dass dann gehen soll, sollen wir im Mittelalter oder in der Steinzeit aufhoeren. (Man bedenke, dass es beim Begriff Steinzeit die Alt- und die Jungsteinzeit gab). Kinder, helft mir, wieviele Jahrhunderte liegen dazwischen? Und da waeren wir schon wieder bei meiner Argumentation. Jahrtausende lang ging die Entwicklung ganz langsam, aber stetig voran. Erst in den letzten 100-300 Jahren explodierte diese Entwicklung (Anzahl der Erdenbuerger und Fortschritt der Technik. Im Deutschen Museum in Muenchen sehr gut dargestellt). Die Welt geriet aus dem Ruder, find ich. Es dauerte Jahrhunderte, um kleine Entwicklungsschritte zu gehen, heute braucht man von der Erfindung des Telefons bis zum modernsten Handy gerade mal, lasst mich raten, 100 Jahre?! Da haette man ja in der Steinzeit vom Schabestein, der als Messer nutzbar war bis zur Erfindung des besten Schweizer Taschenmessers gerade mal 1 Jahr brauchen duerfen (um die Geschwindigkeiten mal etwas zu veranschaulichen). So verueckt finde ich dass. Und weiterhin, zu meinem Nachteil diskutiert, hat unsere moderne Entwicklung doch viele gute Seiten, Medizinkentnisse, Lebensstandart, Erleichterung koerperlicher Arbeit,… (Kurzer Ausschweif: Heute haben wir auf der Strasse beinahe einen suessen kleinen Hund ueberfahren, ein anderer TRO Fahrer hat ihn dann mit hierher gebracht, da er anscheinend herrenlos war. Gerade ist der Kochgay raus auf die Strasse, der kleine Hund hat gequiekt und ist dann durchs Tor hinterher, haelt ihn wohl fuer die Mama. Gerade kommen sie wieder, der Kleine trollt hinter dem Gay her, sues). Zurueck zum Thema: Also ich will sie ja nicht ganz verteufeln, unsere Moderne, ich nutz ja auch das Internet, und ne Digicam. Aber das wir innerhalb von ca 200 Jahren die fossilen Energien, die Millionen von Jahren gebraucht haben um zu entstehen, verbraucht haben, dass gibt doch zu denken. Ja, es ist so ein hin und her, mit der Entwicklung, haetten meine Eltern nicht so viel gearbeitet, dann waere ich jetzt nicht hier in Sri Lanka, weil ich das Geld nicht haette. Aber haette ich es dann nicht ruhiger? Dann koennte ich nun bei meiner kleinen Familie sein. Aber haette ich mein Maedel als Freundin, wenn meine Eltern mich schon viel frueher daheim gebraucht haetten? Dann haett ich vielleicht nie in der Lebenshilfe gearbeitet und sie nicht dort kennengelernt. Es ist ein hin und her. Jeder muss ganz einfach fuer sich entscheiden, was richtig fuer ihn ist. Wir sollten dabei nur nicht vergessen, das noch mehr Generationen nach uns hier leben wollen.

“Bevor er eine wichtige Entscheidung trifft, einen Krieg erklaert, sich mit seinen Gefaehrten auf eine andere Ebene begibt, ein Feld aussucht, auf dem er saeht-, fragt sich der Krieger des Lichts: “Welche Auswirkungen wird dies auf die fuenfte Generation meiner Nachfahren haben?” Ein Krieger weiss, dass die Taten eines jeden Menschen lange wirken, und muss daher wissen, welche Welt er seiner fuenften Generation hinterlaesst.”

Dieses Sprichwort passt doch hier wie die Faust aufs Auge. Moegt ihr mal darueber nachdenken? Dieses Thema koennte ich nun bis ins unendliche weiterspinnen, aber ich denke, es ist genug, es gibt schliesslich noch mehr zu erzaehlen und wer sich Gedanken machen will, der kann das zur Genuege. Nur eins noch: Jeder Mensch muss das fuer sich selbst entscheiden und sich am Ende seines Lebens dafuer vor Gott verantworten, wie er leben will, und andere (wir) haben nicht das Recht Menschen zu be-, noch zu verurteilen, wenn sie anders, und damit ihr Leben leben, denn dass steht nur unserem allmaechtigen Gott zu. Wie ging dieser Tag den weiter. Also, um halb 9 gings ins Office. Ne, erst Geldwechseln, weitere 4000 Euro an Travelerchecks in der Bank of Ceylon in Kilinochchi. Der Bankangestellte hat nicht schlecht gestaunt und brauchte erst eine Erlaubnis des Headoffice. Bekam er, und waehrend ich wieder eineinhalb Stunden wartete, hab ich mit ihm und den anderen Angestellten mein Tagebuch 2005 und mein Album angeschaut. Er war hocherfreut und meinte, dass ich das naechste mal meine Freundin mitbringen soll. Also Micha! Du hoerst selbst. Mit insgesamt 700000 Ruppee (5700 Euro) in der Tasche gings ins TRO Office, (irgendwie sind es 100000 mehr geworden, als geplant, weis auch nicht, wie das kommt). Mr. Thurairaja hat nicht schlecht gestaunt und war natuerlich hoch erfreut. Das Geld wird fuer Reparaturen an Ueberganshaeusern und fuer den Bau von neuen Haeusern verwendet. Ich werde noch ein Feedback bekommen, da bin ich mir sicher, ich werds euch erzaehlen. Als naechstes war dann die Uebergabe der Blutzucker- und Blutdruckmessgeraete und der Astmamedikamente an der Reihe. Mit Mr Thurairaja fuhr ich in ein Altersheim in Kilinochchi. Dort gibt es viele Diabetespatienten und auch 7 Menschen mit Astma. Schade, dass ich nur einem Astmapatienten helfen kann. Aber wenigstens die Zuckerpatienten sind versorgt. In Colombo werd ich noch Zubehoer kaufen, wenn ich das naechste mal dort bin. Der Nachmittag war recht langweilig, die ganze Zeit in der Guest Louge sitzen und warten. Obwohl, langweilig kann man nicht sagen, eher geruhsam. Gut zum Kraeftesammeln und fuer meinen eiternden Fuss, der immer besser wird. Ausserdem lerne ich so ein wenig Englisch (lese Woerter im Woerterbuch). Eigentlich wollte ich ja mit Mr Lawrence sprechen, aber als er um halb 6 immer noch nicht mit seinem Meeting fertig war, bin ich gegangen, nach so nem langen Meeting hat der Kerl eh genug zu denken. Bin in ein Stoffgeschaeft gegangen, Stoff fuer eine Hose kaufen, und dann zum Schneider, der mir nun eine Hose nach dem Schnitt meiner Arbeitshose schneidert. Ein T-Shirt, wie ich es wollte, hab ich nicht bekommen, aber die Bettlacken haben mir sehr gut gefallen, das gibt bestimmt schoene T-Shirts. Hab gleich eins gekauft.

Colombo, 18.01.06 23.30 Uhr

Nun war es aber Zeit nach Hause zu gehen, es war schon 19 Uhr. Im House dann wieder duschen und Tagebuchschreiben. Zwischendurch was essen. 21 Uhr Bettzeit. 7.30 Uhr Aufstehen. Fruehstueck, halb 9 abgeholt worden, ins Office. Mr Lawrence noch nicht da, also wieder auf den Weg zum Schneider gemacht (2km), ihm das Bettlacken und mein Afrikahemd uebergeben, er macht nun aus dem Stoff ein Abbild dieses Hemdes, nur ohne Aermel. Bin gespannt wie es wird. Wieder ins Office, Lawrence zwar da, aber nun in einer Besprechung, also hab ich mich wieder brav in die Guest Lounge gesetzt und gewartet. Hab alle meine 20 Kuvere mit Briefmarken beklebt und dann einen Brief ans Wohnheim geschrieben und einen an Micha angefangen. Eine Frau kam herein. Sie fragte, warum ich so lange warte. “Weil Mr Lawrence Besprechung hat.” “Er ist schon gar nicht mehr da” war ihre Antwort. Hat der Kerl mich doch einfach sitzenlassen. Nach einer weiteren Unterredung mit ihr und dem Mann, der mit im House wohnt stand dann der Entschluss fest, dass ich erst mal nach Colombo zurueckfahr, (es faehrt eh ein Van) und mein Visa verlaenger und meine Sachen dort erledige, und dann wieder nach Kilinochchi fahre und hoffe, dass ich dann direkt in Mallawi (dort sollen die Haeuser fuer die Fluechtlinge gebaut werden) anfangen kann. Ein ganz schoenes hin und her, also Sachen gepackt und nach Colombo. Bis zur Grenze ging alles gut, dort stellten die Grenzer fest, das der Tamilpass, den ich hatte gar nicht meiner ist, sondern der von der Frau, die hochwaerts nach Kilinochchi mit im Van sass. Darauf hatte mich also damals auch der Polizist hingewiesen, der mich bei meiner Busfahrt von Mullaittivu nach Kilinochchi kontrolliert hat. Es gab eine hin und herfunkerei, bis wir dann doch weiterfahren durften. Die weitere Fahrt war recht geruhsam, ich lass mein Buch “Der Hof am Strom” und wurde dabei auch nur 2 mal unterbrochen, als wir von Armeeposten ueberprueft wurden. Die haben ihre Kontrollen ganz schoen verschaerft. Der eine TRO Arbeiter meinte, ich soll auf keinen Fall sagen, dass wir aus Kilinochchi kommen, sonst haben wir grosse Probleme. Also gaben wir vor, von Jaffna zu kommen.

Colombo, TRO Office 20.01.06

So kommen wir dann ganz gut durch, bis wir um 22.00 Uhr Colombo erreichen. Uebernachten tun wir wieder im TRO House, aber erst, muessen wir im Office den Schluessel holen. Diese Gelegenheit ist gut um mein Schaetzle anzurufen, denn sie hat schon lange nix mehr von mir gehoert. Es geht ihr gut, sie ist nur muede vom Arbeiten. Ein wenig vermisst sie mich, ich sie auch. Ich erzaehle ihr meine Erlebnisse. Nach dem Auflegen denke ich mir immer, ich lass ihr zu wenig Zeit zum reden, denk ich zuviel an mich? Ich hoffe sie fuehlt dass nicht so, ich kann halt grad nicht richtig zuhoeren, dafuer ist zuviel in meinem Kopf. Deshalb finde ich es auch so wichtig, dass sie mir bald Briefe schreiben kann, dann wird es besser, beim Schreiben hat man mehr Zeit um den Wert, der vermittelt werden soll in die Worte zu legen. Nach einer unruhigen Nacht (ich konnte wiedermal nicht schlafen) machte ich mich auf den Weg, es gab viel zu erledigen. Zuerst Visaoffice, zu Fuss, ca. 3 km. Dort sagte mir ein TucTuc Fahrer, dass es verlegt wurde. Also woanders hin. Handelte mit ihm aus, dass er mich fuer 250 Ruppee hinfaehrt. Beim Visaverlaengern sprach mich ein Mann an, Oesterreicher. Wir kamen ins Gespraech und so erfuhr ich, dass er hier als Buddistischer Moench war und nun eine Organisation hat, die auch den Tsunamigeschaedigten hilft. Und sie suchen noch Projekte, da sie einen Spendenueberschuss haben. Wir sind mit verlaengern fertig und gehen hinaus zu ihrem Auto, ich zeige meine Bilder vom letzten Jahr und unsere Unterhaltung ist lebhaft. Er und eine Freundin wollen mehr ueber den Norden Sri Lankas wissen und ueber die TRO. “Geht einfach auch mal ins Office in Colombo, die fahren euch auch rauf nach Kilinochchi, wenn ihr wollt.” Sag ich. Im Sueden schaut es ganz anders aus, meinen sie, da geht alles schleppend und es braeuchte auch eine Organisation, die alles steuert. Wir tauschen Visitenkarten, und verabschieden uns. Ich bummel weiter durch die Stadt, und im naechsten Internetcafe schau ich mir seine Web Seite an. Poa, dass ist ein Mann. Er hat ein Buch geschrieben, Interresant. Solltet ihr euch auch mal anschaun. www.sinple-wisdom.net Eine Mail an Bahi, einen jungen Tamilen aus Deutschland ist faellig, er gibt meine Berichte von hier an die Medien weiter. Vorher war ich auf der Tamilpress Seite. www.tamilpress.com Sieht schlecht aus im Moment, und wenn ein gewisser Eric Solheim von der Norwegischen Friedensmission SLMM es nicht schafft, am 23 Januar bei einem Trefen der LTTE und der Regierung von Sri Lanka die beiden dazu zubringen sich ein klein wenig zu einigen, dann ist der Krieg wohl da. Es sind im Moment immer wieder Uebergriffe der Regierungstruppen auf Zivilisten der Tamilen, und Attentate der Tamil Tigers und der Sri Lankan Armee. So ein Shit, da bleiben uns vielleicht nur noch 3 Tage, bis die Gewalt eskaliert. Und was dann? Was muss ich dann tun? Will es gar nicht wissen, wird Zeit, dass ich in den Norden komm. An Bahi schrieb ich dann, er soll sich mal umtun, ob ich irgendwas ausrichten kann, um den Frieden ein wenig zu sichern. Danach, als ich wieder auf der Strasse war, kam mir eine verrueckte Idee, ich muesste an den Solheim rankommen, er soll erklaaeren, wenn sie Frieden bewahren, werde ich von Jaffna bis ganz in den Sueden laufen, und zwar barfuss mit Gepaeck, die ca. ich schaetz mal 600 Km . Ein Laufen fuer den Frieden, das waers doch. Ist eine verrueckte Idee, ich weiss, aber? Wuerde es helfen, ich wuerde es machen. Nach einem langen Gang ins TRO Office zum telefonieren, zu einem Saramgeschaeft, und zum Geldabheben bin ich nach Haus gegangen. Insgesamt waren das an dem Tag bestimmt 20 Kilometer Fussmarsch. Abends hatte ich dann noch gute Unterhaltung mit dem Tamilen Ratschgoba, der auch im House untergebracht ist und hab meinen Brief an Micha weitergeschrieben, der will diesmal gar nicht enden.

Colombo House, 20.01.06 23.00 Uhr

Ist ja auch gut, schreiben kann man nie genug. Er wurde an dem Abend wieder nicht fertig, weil ich zu muede war. Auch Tagebuchschreiben hab ich nicht geschaft, das muste bis zum naechsten Morgen warten. Und an dem hab ich doch gleich beinahe verschlafen. Wir, Ratschgoba und ich, wollten um 8 los, um ins Office zu laufen. Um 5vor 8 weckte er mich, so dass wir um 8 loskonnten. Was dann folgte, war ein sehr langer Tag. Im Moment bin ich in meinem handschriftlichen Tagebuch auf Seite 59. 44 davon hab ich waehrend des Tages in den Computer gehaemmert, das entspricht 13 Computerschriftlichen Seiten in Arial, Schriftgroesse 12. Von frueh um 9 bis abends um halb 8. Unterbrochen nur durch 15 Minuten Mittagspause und 5 Minuten WC. Mit dem Mann, am anderen Schreibtisch hab ich mich immer mal kurz unterhalten, ueber meine Arbeit hier, ueber den Konflikt, ueber TRO, LTTE und Regierungsarmeen. In vier Tagen koennte es wieder losgehen, wenn die Verhandlungen des Eric Solheim scheitern. Und hier ist es, wie auch im Vanniland, Keiner scheint richtige Angst zu haben. Sie sind alle sehr in Sorge, aber Angst scheint nicht da zu sein, als waer der Krieg dann irgendwo anders. Als der Tag vorueber war, kam Ratschgoba ins Office und wunderte sich, dass ich noch da bin. Ich machte Schluss und wir fuhren zusammen ins House, aber erst nachdem ich die restlichen 30000 Ruppee von meinem Konto in meiner Tasche hatte. Jetzt ist es leer, das Spendenkonto, nun zaehl ich auf euch, dass noch was zusammenkommt. Arginan, einer vom Office hat mir erzaehlt, dass eines der Haeuser fuer die Fluechtlinge ungefaehr 100000 Ruppee kosten soll, also 800 Euro. Waehrend unserer Unterhaltung beim Abendessen kam mir der Einfall, dass ich euch noch was erzaehlen muss. Wer weis, was “surname” (englisch) auf Deutsch heist? Es steht auf jedem Visazettel. Ich hab immer meinen Vornamen reingeschrieben, weil ich mir sicher war, dass es so gehoert. Seit gestern weiss ich, dass ist gar nicht so, es ist der Nachname. Jetzt mach ich es erst recht so und schreib meinen Vornamen rein, dann haben es die Menschen einfacher, wenn sie mich Mr. Marin rufen koennen. Ist einfacher auszusprechen. Und gestoert hat es auch noch keinen. Und noch was, falls jemand mal auf die Idee kommt ins Ausland zu reisen, Auf diesen Einreisezetteln steht immer soviel zum Ausfuellen drauf. Letztes Jahr hab ich mich da abgetan und im Woerterbuch gesucht. Und manchmal doch nix gefunden. Heuer hab ich einfach nur die Haelfte ausgefuellt, als Aufenthaltsort Herumreisen (Travel around) angegeben und beim Zurueckgeben entschuldigend laechelnd gesagt: “Sorry, aber ich versteh den Rest nicht, koennen sie mir helfen.” Und siehe da, sie wollten nicht mehr wissen. Und bei den Armeecheckpoints weng interresiert getan, und ein schlechtes Englisch ausgepackt, und bei schwierigen Woertern fragen: “Can you explain that word please” ( “koennen sie mir das Wort bitte erklaeren”), oder “An easier English please” (“Bitte sprechen sie ein einfacheres Englisch”). Das hat mir bis jetzt schon oft geholfen. Die Australierin Kate vom letzten Kilinochchitrip hat sogar gesagt:”Martin, I Love your bad English” (“Martin, ich liebe dein schlechtes Englisch”). Ich wurde halt einfach nicht ausgefragt. Ach ja, noch was zum Office, da hab ich heute erfahren, dass Julia, eine, die ich letztes Jahr hier im Colombooffice und Guest House getroffen hab, sehr lange Zeit ein Bild von mir auf ihrem Schreibtisch stehen gehabt hat, “Ich mit Werkzeug und Petroleumlampe”. Zu der Frau, die mir das heute gesagt hat, hat sie damals gesagt, als diese sie fragte, wer das sei:”Das ist Martin aus Deutschland, er kam hierher, sprach kaum Englisch, und sagte, er will helfen wiederaufzubauen. Er hat einfach angefangen und auch dort bei den Menschen gelebt. Er ist ein grossartiger Mensch”. Klasse oder? Das war sooo schoen gesagt. Ist schon komisch, so seh ich mich immer gar nicht, ich sehe mich oft mehr als den kleinen, der zu den anderen aufschaut, und andere fuer grossartig haelt (Das hab ich damals uebrigens auch von der Julia gedacht). Gerade hier sind so viele Menschen, die viel mehr machen als ich, da bin ich so ein kleines Licht, was mach ich den schon, ich helf ein wenig bauen und hab weng Geld gesammelt. Andere organieiern den Aufbau des ganzen Landes hier oder leiten eine Friedensmission, damit der Krieg verhindert wird, das sind grossartige Menschen, vor denen ich meinen Hut ziehe. Da steh ich mit meinem kleinen Einmaleins recht arm da. Ich kann nur meinen kleinen Teil beitragen. “

Ich weiss, dass unsere Arbeit nicht mehr ist, als ein Tropfen auf den heissen Stein, aber in ein Menschenleben passt vielleicht nicht mehr hinein, als ein Tropfen. Und, wenn jeder seinen Tropfen dazu gibt, kann sich viel veraendern.” Ruth Pfau

Und die Frau Metzger hat mir einmal noch dazugesagt:” Aber stetter Tropfen hoelt den Stein”

Kilinochchi, 21.01.06 19.00 Uhr

Orts und Themawechsel. Bin voll froh, wieder in Vanni zu sein, vor allem, nachdem wir heute ueberfallen worden sind und sie uns unser Auto “geklaut” haben. Und das kam so. In der Nacht gings wieder nach Kilinochchi. 3 Uhr ausgemacht, um viertel vor 4 gefahren, also sozusagen puenktlich. In der Zwischenzeit hab ich am Fussboden an der Haustuer weitergeschlafen. Dann los. Zuerst alles gut, wir waren zu sechst im Auto, Eine Familie, Tamilen aus Australien, (Vater, Mutter, 17jaehrige Tochter) Ratschgoba, der Fahrer, der uns auch schon nach Colombo gebracht hat (sehr netter, ca. 50 Jahre alter Mann) und ich. Wir wurden 2 mal kontrolliert, (ich hatte extra meine dreckigen Klamotten oben im Rucksack, damit sie nicht so genau schauen und um sie ein wenig zu aergern). In Vavuniya hielten wir dann wieder an einem Checkpoint. Der Fahrer stieg aus. Und schon, als er noch beim Aussteigen war, kamen 6 Maenner zu ihm und schnappten seinen Arm und den Schluessel. Schock, mein Magen krampfte ein wenig. Ich rief die Armee zur Hilfe, die standen ja direkt hinter dem Van, aber die interressierte das gar nicht. Hatte schon gedacht, das die mit den Raeubern unter einer Decke stecken, sonst wuerden diese Gauner sich das gar nicht trauen. Und im letzten Jahr hab ich ja von den Uebergriffen der Armeetruppen auf Hilfstransporte gehoert. Nun war ich also mitten drin. Einer der Jungs hielt mir ein Papier hin und meinte, sie sind von der Leasingkompanie und die Leasingraten waeren nicht bezahlt. Ich glaubte ihm kein Wort und fragte ihn auch immer wieder und sagte, dass ich es nicht verstehe, er muss ein einfacheres Englisch sprechen. (Dies in etwas lauterer und energischer Sprache, als ich sonst rede). Ich sagte auch, dass wir hier ne Reise machen, und was dass soll, dass sie Touristen so behandeln. Dieses Wortgefaecht dauerte ca 5 Minuten. Dann, nachdem sie auch mit Ratschgoba geredet hatten, wurde unser Fahrer in ihren Van gebracht und wir wurden von einem von ihnen gefahren. Ca. 5 Minuten spaeter hielten wir in der Innenstadt von Vavuniya und Ratschgoba und einer der “Diebe” telefonierten fleissig mit dem Handy. 10 Minuten spaeter gingen Ratschgoba, einer der Maenner und unser Fahrer weg, wir anderen sassen im Van, beobachtet von den Maennern und von einem Armeesoldaten, der draussen so da rum stand mit seiner Waffe. Der Vater der Familie und ich versuchten den Leuten immerzu was zu entlocken, aber sie sprachen nur singalesisch. Die Tochter meinte, ich solle mal deutsch reden, hab ich dann auch im energischen Ton gemacht und einer der Kerle, der vor der Tuer stand hat die Ohren gespitzt. Alles ohne Erfolg. Da nahm ich mein Buch, legte die Fuesse hoch auf den mittleren vorderen Sitz, damit die Gangster, die vorn sassen sie direkt vor dem Gesicht hatten, und lass weiter von den Eichbauern am Hof am Strom. 20 Minuten dauerte es, bis die anderen zurueckkamen, sie waren bei der Polizei und haben telefoniert und das Schreiben kopiert, dass die Kerle uns vorgehalten haben. Was war hier los, waren die wirklich Jaeger dieser Leasingkompanie, die Autos aus dem Verkehr ziehen, die nicht abbezahlt sind, oder waren sie ganz linke Verbrecher, die mit der Polizei/Armee unter einer Decke stecken. Es sollen ja immer wieder Tamilen ueberfallen werden, aber da wuerden sie doch kuerzeren Prozess machen. Es war uebrigens extremes Armeeaufgebot hier in Vavuniya, moecht grad nicht mal begraben sein hier, scheint extrem zu krieseln. Wir wurden dann weiter gefahren, nur 5 Minuten. In die Innerstadt. Dort wurden wir abgesetzt, sie haben uns all unser Gepaeck auf den Gehsteig gestellt und sind mit unserem Auto einfach abgehauen. Ratschgoba hat mir erklaert, dass das alles seine Ordnung zu haben scheint, und sie wirklich von dieser Kompanie sind. Wenn Autos nicht bezahlt sind, duerfen die sie einfach mitnehmen. (spaeter hab ich den Zettel mal gelesen, den sie uns zeigten). Es muessen 4 Millionen Ruppee (30000 Euro) bezahlt werden, und dass innerhalb von 14 Tagen. Was sonst geschieht, hab ich nicht mehr gelesen. Ja, auf jeden Fall standen wir dann da auf dem Gehsteig. Die Frauen sind was essen gegangen, der Vater war verschwunden, und Ratschgoba hat versucht, nen anderen Van zu bekommen. 5 Minuten spaeter hatten wir auch schon einen, der bereit war, uns ueber die Grenze bis nach Kilinochchi zu fahren. Also weiter ging die Reise, mit einer furchtbaren Wut im Bauch, und mit unserem alten Fahrer neben mir, der fast geheult hat, was ja verstaendlich ist. Hab in zwischendurch mal gedrueckt und ihm angedeutet, dass ich fuer ihn bete, das alles gut wird. Moechte grad nicht in seiner Haut stecken, wenn er seinem Chef dann sagen muss, dass das Auto weg ist. Hab mir auch erklaeren lassen, wie dass hier in Sri Lanka ablaeuft: Der Besitzer (Leaser) des Wagens zahlt das Geld an einen Makler, der wiederum das Geld an den Eigentuemer (Leasingkompanie) weitergeben muss, was er in unserem Fall wohl nicht gemacht hat. Kommt wohl oefter vor hier, und wenn ich so drueber nachdenk, erinnert ihr euch an den Skandal, wo diese Hausmeisterfirma in Deutschland die Wassergelder ihrer Klienten zwar kassiert, aber nicht an das Versorgungsunternehmen weitergegeben hat? Oder war es mit Strom? Egal, auf jeden Fall gibts das in Deutschland auch. An der Grenze war ich immernoch angesaeuert, hab aber versucht, den Grenzern gegenueber freundlich zu sein, den die koennen ja nix fuer die andern. Auf der singalesischen Seite ging es schnell, auf der tamilischen hatten wir wieder Probleme. Wir hatten einen Laserdrucker dabei, den wollten sie uns erst nicht mitnehmen lassen. Ist schon komisch, Diese LTTE Grenzer machen der TRO das Arbeiten sogar weng schwer, anstatt ihren Landsleuten zu helfen. Das versteh wer will, ich nicht. Ich selbst hatte ja noch den Pass der Australierin Kate, der vertauscht war. Der Grenzer hat mich noch gekannt und ich hab ihm den Pass und meinen Reisepass hingelegt, er hat nix gemerkt und wollte mich gerade gehen lassen, als Ratschgoba, der gerade kam ihn aufzuklaeren begann. Mist, dass haett er doch nicht tun sollen. Aber der Grenzer war nett und hat es doch durchgehen lassen, mit der Auflage, dass Kate die Naechste ist, die den Pass in die Hand bekommt. Bei der Gepaeckkontrolle war dann der Aufstand mit dem Drucker, wie eben erwaehnt. Ich hab mich auf den Durchsuchungstisch gesetzt. Mir wurde dann gleich ein Stuhl angeboten. “Nein, ist ganz kompfortabel so” meinte ich. “Ich leg mich jetzt hin (auf den Tisch) und oeffne mein Hemd, dann koennen die Maedels durchsuchen, ob alles korrekt ist, wie sie es bei den Taschen machen”. Allgemeines Gelaechter und ein Grinsen der Maedels ( die Maedels, die die Taschen durchsuchen sind alle so um die 17). Sie fragten mich, ob ich Tamil sprech und ich durfte wieder meine paar Brocken Tamil auspacken. Auch da waren sie sehr erfreut. Ab da war meine schlechte Laune wieder verflogen, ich war wieder da, zurueck in Tamil eelam, in Sicherheit, weg von den Regierungsarmeen. Ich fange immer mehr an zu verstehen, warum so viele Tamilen hierher fluechten. Wenn es sogar mir ungehaglich zumute ist bei soviel Millitaerpraesents. Dass muss der Horror sein, immer diese bewaffneten Soldaten um sich rum zu haben, wo man nie sicher sein kann, ob sie einen nicht im naechsten Augenblick drangsalieren oder ueber den Haufen schiessen. Mittlerweile gings uebrigens auch meinem Magen wieder besser, nachdem ich am Morgen unter Bauchschmerzen und Schweissausbruechen gelitten hab. Fragt ihr euch: “Was hat er den diesmal wieder gemacht”? Nein, ich habe mein Essen nicht mit einer Katze geteilt, auch nicht mit einer Ratte, aber ich hab aus lauter Durst in der Nacht 2 Glaeser Wasser aus der Wasserleitung in Colombo getrunken. Nicht nachmachen bitte, ich habs nicht geglaubt, nun weiss ich, dass es nicht vertraeglich ist. In Kilinochchi sind wir zu unseren Unterkuenften gebracht worden, beim einen Schneider war meine Hose fertig, nur etwas zu weit fuer meinen Geschmack. Der andere Schneider hatte mein Hemd noch nicht mal angefangen. In einem Stoffgeschaeft erstand ich noch einen Sari fuer Margot und Stoff fuer 2 weitere Arbeitshosen fuer mich. Dann noch eine Fahrradklingel und dann gings heim. Zu Ratschgoba moecht ich noch was sagen, wir haben uns am Vorabend noch lange unterhalten. Er ist 57 Jahre alt. 1984 ist er mit seiner Frau und 7,6 und 2 Jahre alten Kindern ueber Ost- und Westdeutschland nach Frankreich zu seiner Schwester geflohen (Buergerkrieg) Nach 8 Jahren, 1993 ging die Reise weiter nach England. Alle 3 Kinder haben s+tudiert, was ihn viel Geld gekostet hat. Nun haben sie gutbezahlte Jobs. Seine Frau arbeitet auch. Seit 3 Jahren arbeitet er nun mindestens die Haelfte des Jahres in Sri Lanka fur die TRO, waehrend seine Frau in England verweilt. Seine ganze Arbeit fuer die TRO ist kostenlos. Aehnlich wie bei “My Chelva”. Und sie sind nur 2 von vielen, die ihre Arbeitskraft und vor allem ihr Wissen der TRO kostenlos zur Verfuegung stellen, um ihr Land wieder aufzubauen und voranzubringen. Deshalb ist diese Organisation auch so schlagkraeftig. Sie vereint dass Wissen aus Deutschland, Australien, Amerika, England, Schweiz, Frankreich, … von dort ueberall kommen die Fluechtlingstamilen zurueck, um ihrer Heimatverbundenheit und dem Nationalstolz Ausdruck zu verleihen, indem sie ihr Land wieder versuchen aufzubauen. Und dann ist da noch der grosse Vorteil der Autonomie, es legt ihnen keine Regierung Steine durch Regeln in den Weg.

Kilinochchi House, 22.01.06 19 Uhr

Diesmal gibt es nicht viel zu schreiben. Frueh aufgestanden, Um 10 Uhr ins Office, den ganzen Tag Tagebuch abgetippt, danach die Fehler verbessert, weil diese verflixten Computer immer selbst in Englisch verbessern und das dann fuer mich erst recht falsch ist. Senden des Tagebuches an Alexandra und auch an Sybille, mit der Bitte, ob sie mir die vielen ae, oe, ue, ss aendert, weil es hier keine auf der Tastatur gibt. Beim Tschuessagen hab ich gestaunt, Susi und Mr. Lawrence waren auch da. Noch kurz geredet und ab nach Hause zum duschen, Essen, Schreiben, Buchlesen. Jetzt ist das Buch: “Tee mit dem Teufel, als deutscher Millitaerarzt in Afganistan” dran.

Pallai, 23.01.06 16 Uhr

Oder auch nicht, es gab Abendessen und danach wurde, heute schon um 8, der Generator abgeschaltet, und da ich so saumuede war, hab ich auch gleich geschlafen bis zum naechsten morgen um 8. Fruehstueck und zum Schneider, der mein Hemd machen soll. Er hat mir versprochen, dass es am Abend fertig ist, und auch das andere, dass er nun machen soll, aus dem Stoff eines Batiksarams. Dann ins Office, Mr Lawrence sagte mir, dass ich nach Mallawie

Killinochchi House, 23.01.06 21 Uhr

…Mallawie gefahren werde, er wird es organisieren. Und nach 20 Minuten Wartezeit ging es auch schon los. Zuerst nach Pallai, dort sollte ich warten, mein Van fuhr weiter, sie sagten, das die hier ein Auto organisieren. In Pallai werden die Fluechtlinge aufgefangen. Pallai liegt ca 3 km vor der Grenze zu Jaffna. Die TRO sammelt die Menschen, die von Jaffna her fliehen in Mukamalai am Checkpoint auf und bringt sie mit Bussen und ihre Habseeligkeiten mit Lkw nach Pallai. Dort werden sie eingetragen in Listen, und auch der Ort, wo sie hin wollen. Wer kann, faehrt von dort aus mit dem Bus weiter, andere die zuviel Gepaeck haben, werden mit Lkw’s zu den Orten gebracht, wo sie dann wohnen sollen. Viele kommen auch bei Verwandten unter. Ein tamilisches Maedel aus Australien hat mir gesagt, heute sind ca 200 Menschen hier angekommen. Ich selbst hab in Pallai gewartet, von frueh um 10 bis mittag um 4. Zwischendurch hab ich geholfen, die Lkw’s ab- bzw. aufzuladen. Meiner Bitte, mit dem Lkw mitfahren zu duerfen, der nach Mullaittivu, Puddukuddijiruppu und dann nach Kilinochchi faehrt, sind sie nicht nachgekommen, und nach Mallawie bin ich auch wieder nicht gekommen. Um 4 Uhr kam dann das Australische Maedel mit dem Jeep an. Wir unterhielten uns kurz, und dann fuhr ich mit ihr und noch 5 anderen Maedels mit. Was dann folgte hab ich in meinen mittlerweile 3 Monaten Sri Lanka noch nicht mitmachen muessen. Eine Hoellenfahrt. Ein extrem schlimmer, kilometerlanger Feldweg und der Fahrer ein Spinner. Der raste und raste, wir hinten im Wagen wurden hin- und hergeschuettelt. Irgendwann waren wir dann am Ziel, wo die Maedels wohnten, die mit dabei waren. Es war ein Tsunami temurery Shelter (Ein Camp mit Uebergangshaeusern. Ich denk wir waren in Chundikkulam oder Chalai). Die Maedels stiegen aus und nach einem Tee gings weiter, oder besser gesagt zurueck. Wir mussten die ganze Strecke wieder zurueckfahren bis Pallai und dann nach Kilinochchi. In Pallai hab ich uebrigens die beiden ersten echten Detonationen gehoert. Ein TRO Gay meinte, das sind Uebungen, ich glaub aber eher, das sind echte Detonationen. Im Office Kilinochchi angekommen hab ich mich kann auf den Heimweg gemacht, beim Schneider noch mein neues Shirt abgeholt, (eins war nur fertig) und den Rest des Weges bestritten. Vorher hatte ich auch noch im Telefoncenter mit Micha ne halbe Stunde telefoniert. Unser Ofen daheim hat schon wieder gequalmt, jetzt haben sie ihn vom Wohnzimmer in den Flur gestellt. Ansonsten scheint alles ruhig in Deutschland zu sein..

Kilinochchi Office, 24.01.06 8 Uhr

Und es hat dort wohl so um die -5Grad. Hier sind des nun um die 30 Grad mittags. In der Nacht wurde ich von Lautsprecherdurchsagen geweckt, frueh um 6 noch mal das selbe. Was soll das sein. Auch Trommeln waren zu hoeren. Ich wurde unruhig. Sollte ich doch besser in den Sueden? Hier bin ich zwar absolut sicher, aber wie wird es sein, wenn ich zurueckfahren muss? Ich muss ja auch irgendwann durch dieses Armeegebiet wieder heimwaerts fahren. Am Morgen wurde mir erklaert, dass hier jemand gestorben ist, und dass dies immer gleich verkuendet wird. An diesem Morgen waren meine Gedanken und Gefuehle gut. Hatte ich gestern noch das Gefuehl, ich muesse nach Hause, weil ich mir grad so nutzlos vorkomme, so ist das heute doch wieder anders. Ich habe eine Aufgabe, ich werde mit dem Australischen Maedel und noch ein paar nach Mukamalai fahren und helfen, die Fluechtlinge zu versorgen. Bin mal gespannt, was dieser Tag bringen wird.

Kilinochchi House, 24.01.06 19 Uhr

11 Stunden spaeter. Dieser Tag hat’s gebracht. Wir sind zwar mit 2 Stunden Verspaetung gestartet, aber doch hat sich dieser Tag gelohnt. Hab so viele Gesichter gesehen, Traurige, muede, staunende, unsichere, alte, junge, verzweifelte, erfreute. Wir waren direkt im Checkpoint in Mukamalai. 4 Maedels und 4 Jungs. Wenn Menschen kamen (die, die mit dem Bus kamen) haben wir ihnen geholfen mit ihrem Gepaeck. Die anderen 7 hatten einen Vorteil, sie sprachen die Sprache. Mich haben manche Menschen komisch angeschaut, aber da ich ne TRO Jacke anhatte war es doch kein Problem, sie liessen sich gerne helfen. Hier war auch meine Chance vorhanden, die Luftballons und die Teddybaeren zu verteilen, die ich mithatte. Hier hatte ich die Kinder separat, und es musten nicht andere Kinder zuschauen, die vielleicht nichts mehr bekommen haetten, weil ich nicht so viel dabeihab. Denn es gibt wohl nichts schlimmeres fuer ein Kind, wenn ein anderes was bekommt, waehrend es selbst leer ausgeht. Da kam mir die Gepaeckkontrolle gerade recht. Wenn gerade ein Vater mit Kind durchging, konnte ich dem Kind einen Ballon, oder ein Kuscheltier schenken. Es waren nicht nur Fluechtlinge, denen wir halfen. Es waren alle, die die Grenze passierten. Menschen, die auf der Durchreise waren, genauso wie Heimatlose. Da gab es welche, die hatten ihr ganzes Hab und Gut dabei (Fahrraeder, Kleider, Toepfe, Reis, Radio, …) Bei einer Familie musst ich 6 oder 7 mal laufen. Und alles wurde in einem Bus verstaut, weil sie schon ein festes Ziel hatten. Das meisste Aufsehen erregte ein Mann, der per Lkw an die Grenze gebracht wurde. Er hatte auch einen halben Lkw voll Sachen dabei. Darunter war viel “Muell”, z.B. eine alte verrostete Hacke, eine halb vermoderte Bank, leere Flachen, alter Draht, … Wie schlecht muss es solchen Menschen gehen, wenn sie solche Sachen noch mit sich mit nehmen. An die erwachsenen Menschen hab ich von den Kalendern ausgeteilt, die ich von Florian, dem Oesterreicher vom Visaoffice, bekommen hab. Die Vorderseite ist der Kalender und auf der Rueckseite ist ein Sonnenuntergang und darunter steht uebersetzt in Tamil, Singalesisch und Englisch: “Akzeptiere das Licht und die Finsternis und finde inneren Frieden.” Passt doch ganz gut fuer diese Menschen, oder? Ich fuer mich selbst weiss nun wieder, warum ich hier bin, ich hab mich heute wieder gefunden, Nun sollte ich dran bleiben. Die “Finsternis” das war fuer mich die “leere” Zeit, die scheinbar nutzlos war, aber durch diese Zeit habe ich hier viel zu verstehen gelernt und die Situation hier gesehen, denn was waere es denn, wenn ich gleich mit dem Bauen von Toiletten begonnen haette, dann wuessten wir alle nichts von den Problemen, die hier stattfinden.

Kilinochchi House, 25.01.06

Ich meine, man muss es auch nicht unbedingt wissen, auf der Welt geschieht so viel Unrecht, da ist dies was hier passiert noch recht human, find ich (Ich meine damit, was mit den Fluechtlingen passiert. Wie sie draussen von den Soldaten der Sri Lankan Armee behandelt werden, dass entzieht sich meiner Kenntnis). Nach einer Nacht mit gesundem Schlaf, der nur wenige Male unterbrochen wurde hab ich mich diesmal schon 10 Minuten vor 6 Uhr auf den Weg ins Office gemacht, da mir Ramanan am Vortag versichert hatte, dass wir um 7 Uhr nach Mallawie fahren. Im Office sass ich dann da, wie bestellt und nicht abgeholt, bis um 9 Uhr der Kerl endlich auftauchte. Die Fahrt war am Vortag abgesagt worden, erzaehlte er mir, weil dass Gelaende noch nicht genug geraeumt ist, um zu vermessen. Dann halt nicht. Ich entschied mich spontan dafuer, wieder an der Grenze zu helfen. 15 Minuten spaeter fuhren wir auch schon los. Die Australierin war diesmal nicht dabei, aber die 2 anderen Maedels. Mit denen macht das richtig Spass. Nur diese Reissaecke, die wiegen schwerer als Zement. Und da kommen manchmal Frauen an, die tragen die auf dem Kopf. Wahnsinn. Es waren wieder etliche Sack Reis zu schleppen. Und Saecke mit Toepfen, Kleider, Zwiebeln, 3 Saecke voll grosser Muscheln, Naehmaschinen,…) Ich schaetze mal, heute waren es etwa 50 Familien, die hier ankamen, ihre Haeuser verliessen, um Schutz zu suchen. Es muss schon einzigartig fuer sie sein, sie werden von einem “Weissen” bedient, sie duerfen die paar Meter zum Bus ohne ihre Last laufen, die dieser weisse Mann mit Saram, langen Haaren und Bart ihnen bis zum Bus hinterhertraegt. Und auch wenn ich hier eigentlich nicht unbedingt gebraucht werde, so ist es doch viel wert fuer die Menschen, denke ich. Vielleicht kann ich dadurch ihren “Lebenswert” etwas steigern, dann ist diese Arbeit hier mehr wert, als wenn ich ihnen jeden Tag ein halbes Haus baue. Im letzten Jahr hab ich zu wenig Zeit mit den Menschen verbracht, das Arbeiten war mir wichtiger. Dieses Jahr will ich es besser machen, auch wenn es mir selbst ein bisschen schwer faellt, da man sich hinter der Arbeit recht gut verstecken kann. So hat ich z.B. heute Mittag einen Durchhaenger, ich kam mir fehl am Platz vor, da mich manche Menschen verschreckt ansahen, als ich ihre Taschen zum Tragen aufnahm. Ein paar wenige wollten es selbst machen. Ist halt schwierig, wenn man die Sprache nicht spricht und den Leuten manchmal das TRO Logo auf meiner Jacke nicht auffaellt. Aber als wir am Abend nach getaner Arbeit in Pallai anlangten, und ich die strahlenden Gesichter der Menschen sah, denen ich eine Stunde vorher noch die Koffer trug, da war es wieder klar, das is es. Dieses kleine grosse Glueck, dass man in ein paar Minuten vermitteln kann und das zurueckkommt. Vielleicht schaffe ich es, mich auch noch als Grossvater an diese Bilder zu erinnern, wenn manch anderer sich fragt, wofuer er denn gelebt hat. Das waer schoen,. Und ich wuensche jedem die Zufriedenheit, die ich besitze, sie ist nicht vollkommen, beileibe nicht, aber ich versuche weiter zu lernen. Und meine Tamilischen Freunde haben mir schon viel dabei geholfen. Danke euch dafuer, ohne euch waer ich um sehr sehr viel aermer, was meinen Seelenfrieden anlangt.

Kilinochchi House, 26.01.06 19 Uhr

Seelenfrieden, hmm, was ist das? Ich denke, das ist das, wenn man mit sich zufrieden ist, und vor allem auch mit dem, was man hat. Wie hat mir ein ganz liebes Maedel letztens geschrieben: “ … kam die Freundin von … und wuenschte mir Gutes Neues (Jahr) und so, und fuers Neue alles, was ich mir wuensche. Da ist mir klar geworden, ich hab ja alles was ich mir wuensche: einen Mann, Arbeit, gesundes Kind, Freunde, Musik, Gesundheit”. Das ist Seelenfrieden, oder? Ich fuer mich hab heute auch wieder Zufriedenheit erfahren, die Arbeit am Checkpoint klappte super, es waren diesmal hoechstens 15 Familien, die wir zu versorgen hatten. Zwischendurch kam immer mal ne kurze Unterhaltung mit den Grenzerinnen auf. Und mit einem vom Rot Kreuz kam auch ne Unterhaltung zustande. Die sitzen in nem Office am Checkpoint und haben im Moment die Aufgabe, die Fluechtlingsfamilien zu zaehlen, koennen es aber nur erraten, da sie die Lkw’s und Busse nur im vorbeifahren zaehlen koennen und dann abschaetzen muessen, was nun Besucher ist und was Fluechtlicg. So gingen auch unsere Schaetzungen weit auseinander. Am Vortag hatten sie 20 Familien geschaetzt und ich 50. mal schaun wer recht hat, ich kriegs raus. Er fragte, ob ich ihm genaue Zahlen schicken kann und ich versprach, mich zu bemuehen. Ansonsten gab’s nicht viel Aufregendes von dem Tag zu berichten, ausser vielleicht, das ich am Morgen, vor lauter “lass mich a mit”, vergessen hatte, meine Unterhose unter dem Saram anzuziehen, denn den Saram hab ich ueber Nacht an und die Unterhose zieh ich erst frueh drunter. Ging so eh viel besser, die Unterhose zwickt sich eh immer so in die Arschkerbe, da ist das so besser gewesen.

Kilinochchi, 27.01.06 18.30 Uhr

“Wenn der Krieger deprimiert ist, sagt der Meister zu ihm: “Du bist nicht, was du zeigst, wenn du traurig bist, du bist sehr viel vehr. Waehrend andere aus Gruenden, die wir nie verstehen werden, schon gegangen sind, bist du immer noch da. Warum hat Gott so unglaubliche Menschen abberufen, und dich hier ausharren lassen? An diesem Punkt haben Millionen Menschen bereits aufgegeben. Sie sind nicht gelangweilt, aber weinen auch nicht. Sie tun Ueberhaupt nichts, warten nur darauf, dass die Zeit vergeht. Sie haben die Faehigkeit, zu reagieren, verloren. Du jedoch bist traurig. Das beweist, dass deine Seele lebendig geblieben ist.” “

Was ich mit diesem Satz sagen will? Ganz einfach, mir gings an diesem Tag dreckig. Der Hauptgrund ist wohl, das Heimweh, das ich verspuere. Auch nehm ich mich wohl grad zu wichtig, und das vermischt mit der Tatsache, dass ich noch keinen Stein vermauert hab, furchtbar. Um 7 Uhr sollte ich im Office sein, denn Mallawie stand wiedermal auf dem Plan. Ramanan war diesmal auch da, nur der Rest der Mannschaft fehlte. Der Fahrer war auch noch da, er hatte im Auto geschlafen. Um 9 gings dann doch mal los. Nach Mallawie 50 Minuten Fahrt. Die Baustelle: Die Timberholzkonstruktion einiger Haeuser war fertig, ein paar Daecher gedeckt. 10 Maurer produzierten Zementsteine. Ein Bulldozer schob Baeume und Buesche beiseite. 100 Haeuser sollen hier gebaut werden. Am liebsten haett ich gleich mit angepackt, aber was mach ich Trottel, nachdem ich die Bilder gemacht hatte, die ich brauchte? Ich setz mich ins Auto und schlaf und gruebel ueber vieles nach und warte, bis die Vermesser, mit denen ich gekommen bin, mit ihrer Arbeit fertig sind. Dann gings zum Mittagessen. Ramanan erklaerte mir, dass ich im TRO Office Mallawie uebernachten kann, wenn ich hier arbeite. Wir fuhren kurz dort vorbei. Ich vergass natuerlich, mir die genaue Adresse geben zu lassen. Die brauch ich doch, damit Micha mir endlich schreiben kann. Um 2 waren wir zurueck im Office, die ganze Fahrt ueber dachte ich schon daran, dass ich ein Motorrad brauch, damit ich nicht abhaengig bin und den Weg von Baustelle nach Mallawie TRO Office (3 km) und einmal die Woche nach Kilinochchi alleine fahren kann. Fuehrerschein braucht man hier ja nicht. Im Office sprach ich zuerst mit Mr. Thurairaja wegen den Zahlen der Fluechtlinge. Ich wollte doch dem Rot Kreuz Mann mitteilen, wieviele Fluechtlinge es nun genau sind, aber das hat nicht geklappt. Er wusste es nicht, und andere, die wir anriefen durften keine Auskunft geben, ich soll Mr. Lawrence fragen. Was soll der Kaese. Das versteh ich nicht, das will ich gar nicht verstehen, ich war sauer. Mr Lawrence war nicht da, und der Computer fuer meine E-Mails war besetzt. Also ins Net Café, das ist ja gleich neben dem Office. Dort haben sie fuer 2 Computer die Passwoerter nicht gefunden, und der dritte war so langsam, dass ich ihn fast gegen die Wand geworfen haette. Ich wollte heulen. Auf der Tamilpress Seite dann eine freudige Ueberraschung: Ganz viele Menschen haben mir Komentare zu meinem Tagebuch geschrieben. Das hat mich super aufgeheitert. Und gleichzeitig entstand wieder so ein kleiner Druck, dass ich nun endlich etwas tun muss, um dem Vertrauen, das sie mir alle entgegenbringen, gerecht zu werden. Bald, sehr bald. Zurueck im Office war Mr. Lawrence immer noch nicht da, aber die junge Australierin lief mir ueber den Weg. Wir unterhielten uns, sie hatte heute auch Heimweh, wir teilten also ein Leid, das macht es etwas ertraeglicher. Prija sass an dem Telefon, von dem ich nach Deutschland anrufen kann (da sitzt immer jemand und verbindet und waehlt,…) Bin zu ihr rein gegangen. Sie erzaehlte mir, dass sie im Juni geheiratet hat, und dass sie schwanger ist, hab ich eh schon gesehen. Hab ihr von Micha erzaehlt, und waehrend ich mit Mama telefonierte, hat sie zusammen mit nem anderen Maedel, mein Album angeschaut. Mama ist auch grad depresiv. Verrueckt, oder, da sind wir nun 9000 km entfernt und doch haben wir noch die selben Launen. Ist naemlich meist so, das unsere Schwermutsanfaelle zur gleichen Zeit auftreten. Aber nur wertvolle Menschen haben ja bekanntlich Depressionen. Nachdem das Telefonat beendet war und der Computer nicht funktionierte, entschloss ich mich fuer den Heimweg. Zu Fuss, um die aufgestauten Agressionen wegzulaufen.

Kilinochchi House, 28.01.06 19.30 Uhr

Dies hat auch recht gut funktioniert, denn zu Hause ging’s besser. Und nach einem knappen Abendessen und viel Schreiberei gings ins Bett.


”Unverhofft stellt der Krieger ploetzlich fest, dass er ohne die fruehere Begeisterung kaempft. Er macht alles so weiter, wie bisher, doch was er tut, kommt ihm sinnlos vor. Da bleibt ihm mur eines: Den guten Kampf weiterzufuehren. Er betet- aus Verpflichtung oder aus Angst oder aus welchen Gruenden auch immer-, aber er unterbricht seinen Weg nicht. Er weiss, dass der Engel Dessen, der ihm Inspiration gibt, sich nur eine Verschnaufpause goennt. Der Krieger konzentriert sich ganz auf den Kampf. Er bleibt beharrlich, auch wenn ihm alles sinnlos erscheint. Und alsbald kehrt der Engel wieder, und allein das Rauschen seiner Fluegel wird ihm die Freude zurueckbringen.”

Ich hoere so langsam das Rauschen des Engels Fluegel. Den Tag ueber noch ganz leise, und doch hatte ich am Morgen einen Entschluss gefasst. Ich lag ab halb 6 wach im Bett und versuchte nichts zu denken, die Welt als Beobachter zu sehen. Und um halb 8 kam ein Gedanke zu mir, “ich gehe nach Mullaittivu”, ich brauche meine Freunde, ich werd dort arbeiten, und auch die Spenden dort einsetzen, wenn sie nicht schon anders verplant sind. Als der Entschluss gefasst war, stand ich auf, mit einer unheimlichen Energie. Nach dem Fruehstueck ins Office, Mr. Lawrence nicht da, also Computer, konnte endlich die Bilder von meiner Digecam hochladen und an Tamilpress, die Zeitungen und Alexandra schicken, hab Teil 3 meines Tagebuches abgetippt und abgeschickt, und auch einen Uebersichtsbericht an alle Freunde und Zeitungen. Hab meinen Kontostand abgefragt und bei Caros Projekt in Dera Dun reingeschaut. Zwischendurch Unterhaltung mit dem Australischen Maedel. Am Abend fragte sie, ob ich mit ihnen mitfahren will, sie fahren gleich und koennen mich zu meiner Unterkunft bringen. Aber ich lehnte ab, weil ich den ganzen Tag gesessen war und gehen wollte. Das war ein Wink des Himmels, schon nach 300 Meter Fussmarsch stoppte mich ein Tamile, ich kannte ihn vom letzten Jahr. Wir hatten uns im 1-9 Restaurant getroffen. Er erzaehlte mir, dass er zur Zeit mit einem Deutschen Ingenieur zusammenarbeitet, der in Mullaittivu das Krankenhaus baut. Super, Ein Puzzleteil in meinem Puzzle. Wieder ein Grund mehr nach Mullaittivu zu gehen. Er sagt dem Ingenieur bescheid. Am Abend im House dann sind wir drauf gekommen, dass der eine Gay, der hier wohnt, im TRO Office arbeitet, und zwar in der Planungsabteilung fuer Mullaittivu. Bingo, nun passt alles zusammen. Ich hab meine Infos und Ansprechpartner und vielleicht sogar deutsche Unterhaltung. Wenn das mal nicht mein Weg ist. Ich fuehle, mein Engel ist ganz nah. Gings mir gestern doch noch so dreckig, so fuehle ich mich nun recht gut. War gestern noch alles so unfassbar, so verschwommen und unsicher, so ist es nun konkret, greifbar.

Kilinochchi, House, 29.01.06 17 Uhr

Dieses Gefuehl hielt auch an, ich war wieder in der Lage, Briefe zu schreiben, hatte wieder Geist, vorwaerts zu denken und sass mit gutem Gewissen bis mittag um 12 Uhr im Bett, hab Briefe geschrieben und STS gehoert. Es war ja eh Sonntag und ich konnte nichts machen. Zum Mittagessen ging ich ins 1-9 Restaurant. Vegetable Reis und ein Lion Lager Bier. Danach kurz Internet und Versuch eines Telefonanrufes, der aber nicht geklappt hat. Egal, nichts konnte meine gute Laune stoppen, bei meinem Fussmarsch die Strasse entlang stoppte mich der Schneider, ich kann meine 3 Hosen schon morgen frueh abholen, sie sind fertig. Schoen. Ein paar andere Jungs wollten mit mir reden. So langsam bin ich wohl bekannt hier in Kilinochchi, ich, dieser komische weisse Mann, der mit einem Hemd, geschneidert aus einem Betttuch, Saram und ohne Schuhe rumlaeuft. Niemals wuerde ich diese Eindruecke erleben, wenn ich mich mit dem Van abholen liese, dass geht nur zu Fuss. Besonders erfreut sind die Menschen, wenn ich Hallo und Tschuess in tamilisch sag, oder auch beim Einkaufen meine paar Brocken tamil. “Einfach nur bei den Leuten sein” hab ich in meinem letzten Tagebuch geschrieben. Es ist schoen zu fuehlen, dass allein diese Tatsache die Menschen erfreut. Mittlerweile bin ich froh, dass das mit Pakistan nicht geklappt hat. Ich hatte naemlich nach dem schrecklichen Erdbeben in Pakistan, im Oktober, versucht, einen Kontakt dorthin zu knuepfen, also eine Organisation zu finden, die mich dahin mitnimmt. Hab saemtliche grosse Organisationen angerufen aber lauter Absagen bekommen. Die TRO scheint doch wirklich die einzige Organisation zu sein, der man als einfacher Mann helfen darf. Und ich kann ja nicht ueberall mitmischen, Denn ueberall ein bisschen zu schaffen taugt manchmal weniger, als etwas richtig anzupacken. Sollte ich es dieses Jahr schaffen, mit Vortraegen wieder Geld genug zu sammeln, dann mag ich das diesmal aufteilen. Ein Teil fuer die TRO, ein Teil fuer das Projekt HOPE von Carolin, einer Freundin von mir, sie hat mit ihrer indischen Brieffreundin in Dera Dun in Nordindien eine Schule fuer Slumkinder eroeffnet und engaschiert sich dort sehr. Infos unter www.hopeprojekt.de. Und der dritte Teil ist fuer mein Vorhaben naechsten Winter. Es ist noch nicht sicher, aber ich hab vor, da wir ja den Umzug meiner Eltern vor uns haben, nach Rumaenien zu fahren, um Kleider und andere Sachen, die wir, oder auch Bekannte nicht mehr brauchen, dort hin zu fahren. Dort leben naemlich noch aermere Menschen als hier in Sri Lanka, sie besitzen genauso wenig, und haben doch mehr, sie haben jedes Jahr einen Eisigkalten Winter zu ueberstehen, das ist es, was sie mehr haben, die Kaelte. Was ich mir diesmal auch herausnehme, dass ist das, das die Materialgestehungskosten fuer Tagebuch usw. abgezogen werden. Letztes Jahr hab ich das alles aus meinem eigenen Geldbeutel bezahlt, dieses Jahr wird das aus dem Verkauf des Tagebuches rausgenommen. Ich werd mich nicht bereichern damit, moecht nur nicht drauflegen diesmal, dieses Recht sollte mir vergoennt sein. Zurueck zum Tagesgeschehen, um 2 Uhr war ich wieder im House, die Sonne hat extrem gestochen heute, also ne Runde schlafen und am Abend schreiben.

Kilinochchi Office, 30.01.06 13.30 Uhr

So extrem viel geschlafen, wie die letzten 2 Wochen hab ich eh schon lange nicht mehr, meistens um halb 9 ins Bett, und halb 8 wieder raus. Aufgrund dessen ist auch mein Schlaf nicht der festeste, ich hoere Nachts immer die zig dutzend Haehne kraehen und Hunde jaulen, es ist fast, wie bei den Bremer Stadtmusikanten, schade, das ich das nicht fuer euch aufnehmen kann, das ist ein Erlebnis fuer sich, das es in Deutschland nicht gibt. Trotz dieses unruhigen Schlafes bin ich ausgeschlafen. Nach Nudeln mit Fisch, Kochbananen Karrotten und Kartoffeln zum Fruehstueck ging’s zum Schneider, der ja, diesmal schon einen Tag eher, meine 3 Hosen fertig haben wollte. Es hatten wirklich nur noch die Knopfloecher und Knoepfe gefehlt, die er noch machte. Da ich ja am Vortag schon viele Infos ueber Mullaittivu bekommen hatte, ging’s im Office auch gut voran. Mr. Lawrence konnte mir sagen, das am 18.01.06 die Zahl der Fluechtlinge bei 4665 Familien lag, 80 Prozent davon sind bei Verwanten untergekommen, die anderen knapp 1000 Familien sind in Welfare Centern (Schulen) untergebracht und werden dort versorgt. Mittlerweile, nachdem ja die Friedensverhandlungen mit Eric Solheim wieder aufgenommen sind, sind einige Familien wieder nach Hause zurueck. Ein Motorrad kann ich wohl nicht bekommen, aber ueber die Nutzung der Spendengelder gab es Neuigkeiten. 6000 Euro kostet ein Permanent House (Entgueltiges Haus), soviel hab ich ja ziemlich genau zusammen bekommen. Und ich kann selbst daran mitbauen in Mullaittivu. Mein Traum geht also anscheinend doch in Erfuellung. Ich kann selbst an dem Haus mitbauen, fuer dass ich 8 Monate lang Geld gesammelt habe. Ist das nicht schoen? Ein Traum wird nach vielen Tagen Verzweiflung nun endlich wahr. Hier im Office wollte die Informationsquelle heute auch gar nicht versiegen. Die junge Australierin lief mir ueber den Weg, sie verlaest Vanni heute. Sie sagte, dass sie mit Mr.Ravi gesprochen hat, und ein Haus fuer geistig behinderte Kinder ins Leben rufen will. Sie wird mit TRO Australien in Verbindung tretten und es planen. Wenn sie einen Weg finden, werden sie mich kontaktieren, da sie eine Finanzierung brauchen. Sie meinte, ob ich mit TRO Deutschland in Verbindung treten kann und ob wir zusammenarbeiten koennen. Ich versprach, mich zu bemuehen. Vielleicht kann ich da auch Florian fragen. Ein Heim fuer geistig behinderte Kinder gibt es bis jetzt noch nicht in Vanni, also waer das doch ganz gut. Mr Regi, der TRO Praesident wollte mich am Nachmittag sprechen, bei ihm war der Mensch, der die Arbeiten in Mullaittivu plant, und sie meinten, das morgen ein Transport moeglich waere.

Kilinochchi House, 30.01.06 19 Uhr

“Was will er den da machen, dort ist niemand,dort sind keine Rohmaterialien” hatte einer nem anderen gesagt, der es mir sagte. Gemeint war damit, dass in Mullaittivu gerade nicht gebaut wuerde, da kein Zement da ist. Es scheint wohl so zu sein, dass die Sri Lankan Armee Transporte nach Vanni stoppen. Kurzzeitig hatte mich diese Info im House erschreckt, bin aber wieder gefasst, wenn nicht dass, dann andere Arbeiten, aber Mullaittivu. Dafuer werde ich kaempfen. STS, “das Meer” dieser Song, der mir schon im letzten Jahr diese unheimliche Energie geschenkt hat, hoere ihn gerade bei voller Lautstaerke, immer und immer wieder. Und morgen werde ich wieder an diesem Meer sein, seine Energie auf mich wirken lassen und anpacken. Fuer die Menschen, den Befehlen Gottes getreu den eingeschlagenen Weg bis ans Ende gehen. Mit Micha hab ich heute auch telefoniert, leider sehr schlechte Leitung. Nun werd ich bald Post von ihr empfangen, schoen. Geschriebenes per Hand, wo man den Wert in aller Ruhe in die Worte legen kann. Ich wuensche allen Menschen, dass sie sich wieder mehr schreiben, die Geschwindigkeit zurueckdrehen und wieder Zeit fuer einander haben. Gerade faellt mir der Loewe an meinem Rucksack auf, mit der Aufschrift “Viel Glueck”. Ihn hatte ich letztes Jahr von meinen Betreuern von der Gruppe 1 der Lebenshilfe als Abschiedsgeschenk bekommen. Danke euch, tut grad gut. Was ich auf jeden Fall weiss, und das schreib ich hier unter Zeugen (Euch) und bei vollem Bewustsein: “Ich werde dich, meine liebe Michaela nicht mehr so lange alleine lassen, solange es in meiner Macht steht, und so Gott und du es wollen. Ich vermisse dich und traeum mich in deine Arme. Ich werde versuchen meine Sehnsucht in Energie umzuwandeln und fuer dich mitarbeiten.” Nun werde ich aufhoeren zu schreiben, Von meinem ersten Liter Zwerschgenschnaps hab ich noch einen Rest, den werd ich nun trinken, mich dem goettlich Licht ueberlassen und mich dann niederlegen.

Mullaittivu TRO Office, 31.01.06 19 Uhr

24 Stunden spaeter, Zurueck zu gestern, 4 cl Zwetschgenschnaps mit Fanta, Trinktemperatur 27 Grad, haben’s ganz schoen in sich, hatte ich einen Zacken in der Krone. Deshalb noch mal an dich, Micha, damit du auch weisst, dass ich das, was ich geschrieben habe nicht im Suff geschrieben hab. Heute trink ich nur Wasser. “Ich werde dich, meine liebe Michaela nicht mehr so lange alleine lassen, so lange es in meiner Macht steht, und so Gott, und du es wollen. Ich vermisse dich und traeume mich auch heute in deine Arme”. Nun zum Tagesgeschehen, nachdem all meine Sachen gepackt waren, bin ich ins Office gelaufen. Hab mir einen Tetailplan vom Permanenthaus geben lassen und bin die Bauliste mit einem vom Office durchgegangen, damit ich die einzelnen Details auch verstehe. Waehrend der anschliessenden Wartezeit in der Guest Lounge, wo sonst, hab ich gleich alle Masse auf dem Bauplan von Zoll und Fuss in Meter und Zentimeter umgerechnet und aufgeschrieben, damit es spaeter auf Baustelle leichter ist. Um 11 ging’s los nach Mullaittivu. Mit gemischten Gefuehlen. Ist es richtig, was ich jetzt mach, oder nicht? In Mullaittivu dann erst Besprechung im Office und dann Baustellenbesichtigung. DieFundamente waren gemacht, allerdings sehr krumm. Das vom Tsunami zerstoerte alte Haus lag als Schutthaufen daneben. Wir werden es wohl spaeter als Auffuehlmaterial nutzen. Was hab ich mir da zugemutet, ist dass fuer mich zu schaffen? Ich weiss es im Moment noch nicht. Nach dem Mittagessen hab ich mich mit dem Rad auf den Weg gemacht, Werkzeug kaufen, Baustelle genauer inspizieren, andere Haeuser nebenan besichtigen, um die Bauweise zu sehen. Es scheint machbar, auch wenn der Anfang sicher schwer wird. Im Camp vorbeischauen war natuerlich auch wichtig, damit die Leute wissen, dass ich wieder da bin. Und beim Krankenhaus war auch ein Besuch noetig. Wollte doch den Deutschen Ingenieur (Lukas) treffen. Er war da. Er und ein Englaender beaufsichtigen die Bauarbeiten am Krankenhaus, das Lukas auch geplant hat. Die Organisation heisst Hammer Forum und ist aus Hamm. Sie wollen in ca. 10 Monaten mit den Bauarbeiten hier fertig sein. Nachdem ich mich von ihm verabschiedet hatte, bin ich noch die restlichen Werkzeuge kaufen gegangen, hab mir beim Schmied einen Stampfer schweissen lassen und hab in die Hacke die ich gekauft hatte einen Stiel gebaut. Piragalathan kam um 6 vorbei, hab ihn eingeweiht, dass die naechsten Tage irgendwann die ersten deutschen Briefe bei ihm eintreffen. Er war hocherfreut und meinte, dass er sie dann gleich vorbeibringt. Fuehl mich schon wohl hier, die Menschen rufen mir ueber all nach und lachen, sie scheinen so richtig froh zu sein, dass ich wieder da bin. Es ist ein schoenes Gefuehl, gemocht zu werden, und ich sollte mich was schaemen, dass ich immernoch Zweifel hab.

Mullaittivu TRO Office, 1.2.06 18.30 Uhr

Es braucht halt immer alles seine Zeit bei mir. Ein weiterer Tag ist vergangen. Der Schlaf war schlecht, viel zu warm in dem Zimmer und diese bloeden Moskitos,die hier viel zahlreicher sind, als in Kilinochchi. Und die Netze halten sie nicht ab. Die schluepfen rein und summen einem dann um die Ohren. Und die 5 tamilischen Jungs, die auch hier wohnen, ne Kathastrophe. Abends schaun sie Tamilfernsehen, sie bleiben zu lang wach (bis 10), lachen zu viel, und frueh am Morgen das selbe. Ist ja schoen so, dass sie so sind, und ich mag sie supergern, aber mir ist das gerade mal zu viel gewesen. Ich will draussen schlafen, will das Meer hoeren. Und Abendessen gibt’s auch erst um halb 9, nicht gut. Am Morgen war ich possitiv ueberrascht, hatte ich noch Zweifel, als ich mich auf den Weg auf Baustelle machte, so gings doch dort gleich Schritt fuer Schritt voran. Um 9 kamen 3 Helfer, ein Maurer und 2 Handlanger. Wir fingen zuegig an, und um 2 Uhr waren dann sogar die 2500 Steine da, die wir brauchen. Hab beim Abladen geholfen, in einer Stunde ca 8 Tonnen Zementsteine rumheben, Wahnsinn. Ja, es waren ca. 25 Tonnen, wenn ein Stein 5 kg wiegt, und die haben wir zu dritt aufgesetzt. 2 andere haben sie runtergeworfen. Danach gings ans Fundamentmauern, meine 3 Helfer hatten am Morgen schon die ersten halben Hoehenmeter der 9 Betonstuetzen betoniert. Beim Mauern wieder das selbe Problem wie im letzten Jahr, die kennen keine Wasserwaage. Es hat einigen Aufwand gekostet, bis ich klargemacht hatte, das es einfacher ist, wenn man schon beim Ausgraben auf die Wasserwaage schaut. Hat auch ganz gut gefruchtet, glaub ich. Am Abend waren wir schon ein ganzes Stueck voran gekommen. Die Frau, die spaeter in das Haus zieht hat uns zwischendurch Saft und am Abend Tee gebracht. Es ist schoen, die Menschen zu kennen, die spaeter einziehen werden. Eine Frau, mit ihrem Sohn, und einem Enkel, von einer Tochter, die in Puddukudijiruppu wohnt. Das Enkelkind lebt bei ihr, da es hier zur Schule geht. Die Frau selbst wurde vor 14 Jahren geschieden, find ich zwar seltsam fuer hier, aber dies alles hat mir ein Mitarbeiter der TRO hier so gesagt. Am Vormittag war der Mullaittivu Planungsdirektor der TRO auf Baustelle. Er hat mich mitgenommen, wir sind ca. 7 km ins Hinterland gefahren, dort entstehen 100 Haeuser, die von der TRO bezahlt werden. Die Maurer sind Singalesen. Haett ich nie gedacht, dass es singalesische Maurer in Vanni gibt. Und noch was schoenes gibt’s zu berichten. Nach dem Mittagessen bin ich ins Camp auf nen Cooldrink gefahren. Und als ich da so schoen im Laden sass, kam Udhyain, die behinderte Frau um die Ecke, hat sich zu mir gesetzt und mich die ganze Zeit ganz lieb angeschaut. Sie wusste sogar meinen Namen noch.

Mullaittivu Office, 2.02.06 19 Uhr

Ein einziges Problem hab ich mit ihr, ich muss nie auf meine Sachen aufpassen, keiner klaut, nur wenn Udhyain da ist, ist nichts sicher, aber egal. Die Nacht hab ich diesmal draussen geschlafen, hinter dem Office, im Sand auf ner Matte, in meinem Bettbezugschlafsack. Schoen, das Meer zu hoeren und den Sonnenaufgang vom “Bett” aus zu sehen. Auch schoen kuehl war es, das wird wohl mein Schlafplatz bleiben. Die Baustelle macht super Fortschritte. Wir sind bis zum ersten Ringanker gekommen. Fundamente endlich fertig, nun kann’s aufwaerts gehen. Und was hab ich da gestern noch so schoen gesagt? Die Tamilen kennen keine Wasserwaage. Ich sollte auch erstmal lernen damit umzugehen. Auf 7,5 Meter Laenge 7 cm Hoehenunterschied, und das passiert mir, das ist mir das letzte mal 1999 nach dem Kirchweihbaumaufstellen im Vollsuff passiert, da hatte ich auch 2cm auf 2 Meter falsch gemessen, obwohl ich ganz angestrengt geschaut hab. Ist hier aber auch kein Wunder, wenn die laengste Wasserwaage, die ich auftreiben konnte, 30 cm lang war. Wir haben alles mit der Schlauchwaage nachgemessen und verbessert. Das tamilische Fersnehen war auch schon da um zu dokumentieren. Es ist so schoen, eine Arbeit zu haben, da hab ich viel weniger Zeit, mir schlechte Gedanken zu machen. Schon nach 2 Tagen bin ich voll in meinem Element und es kommt mir so vor, als bauten wir schon ewig. Nur einen saumaessigen Muskelkater hab ich und nen Sonnenbrand. Der Muskelkater laest mich jeden Muskel spueren, den ich hab, sogar beim einfachen Aufstehen tuts weh.

Mullaittivu Office, 3.02.06

“Ein Kriegerdes Lichts kennt den Wert der Beharrlichkeit und des Mutes. Haeufig treffen ihn waehrend des Kampfes Hiebe, die er nicht erwartet hat. Und er begreift, dass der Feind so manche Schlacht gewinnen wird. In solchen Momenten laesst er seinem Schmerz freien Lauf und weint. Und er ruht sich aus, um wieder zu Kraeften zu kommen. Doch dann beginnt er von neuem, fuer seine Traeume zu kaempfen. Denn je laenger er sich zurueckzieht, desto grosser ist die Wahrscheinlichkeit, dass er sich schwach, aengstlich, eingeschuechtert fuehlt. Wenn ein Reiter vom Pferd faellt und es in der Minute darauf nicht wieder besteigt, wird er nie mehr den Mut dazu aufbringen.”

Hkl 115

Vor 3 Tagen hab ich ja von neuem begonnen, fuer meine Traeme zu kaempfen. Und es ist ein schwerer, aber schoener Kampf. Ca 2 Kubikmeter Auffuellmaterial und 1,5 Kubikmeter Wasser waren es heute, die ich geschleppt hab. Meine Maurer (heute nur 2) haben Baustahlkoerbe fuer den unteren Ringanker gebunden. Ich hab den ganzen Tag geschleppt und gestampft. Schicht fuer Schicht. Zwei Drittel sind nun fertig, und ich must mich um halb 4 weng hinlegen, und dachte, ich kann keinen Eimer mehr heben. Nach 30 Minuten war die Energie wieder da und ich konnte den einen Raum doch noch vervollstaendigen. Und meine Maurer haben doch wirklich um halb 5 noch das Betonieren angefangen, Wahnsinn. Und das, wo ich doch Punkt 5 aufhoeren wollte. Egal, haben wir halt noch bis 6 betoniert. Meine Knie wackelten, aber der Tee, den Amama (Grossmutter, die Frau, die hier einziehen wird) uns um halb 5 gebracht hat, hat mir doch noch die noetige Energie gegeben. 6 Liter Fluessigkeit hab ich heute getrunken und pinkeln war ich nur frueh, nach dem Aufstehen. Hab es geschaft, mein Hemd 9 Stunden lang nasszuschwitzen und meine Haare waren auch komplett durchnaesst, das hab ich bis jetzt noch nie geschaft, seit sie so lang sind. Ab halb 3 haben sich meine Arme immer wieder mal verkrampft, wird Zeit, dass ich paar von meinen B-Vitaminen ess. Es wird langsam auch waermer, 28 Grad bei 80 Prozent Luftfeuchte abends um 7 Uhr. In der Nacht hat es getroepfelt, so dass ich meinen Schlafplatz von draussen in den Eingangsbereich verlegt hab, wo es schoen zieht. Ansonsten hat sich nun alles eingespielt, viele Besucher kommen auf Baustelle und Zeit, um ins Camp zu gehen, hab ich wieder nicht.

Mullaittivu Office, 4.02,06

Das wird aber auch noch kommen, die Zeit, um ins Camp zu gehen. Erst die Arbeit, dann das Vergnuegen. Ich denk, in 4 Wochen sind wir meistens fertig und dann hab ich noch Zeit genug, wenn ich dann nicht wieder was anderes vor hab. Die Arbeit. Da dacht ich doch, zwei Drittel haett ich am Vortag aufgefuellt, aber Pustekuchen. Knapp 3 Kubikmeter Schutt hab ich ausgerechnet, das sind 6-7 Tonnen und dazu noch 2 Kubikmeter Wasser hab ich heute geschleppt. War ich hinueber, Musste heute immer wieder kleine Schlafpausen einlegen. Um 3 ist mir mal ganz schwummerig geworden. Hab mich auf den Sandhaufen gelegt, und eine Frau hat mir ne Frucht gegeben, die hat mich wieder senkrechtgestellt. Da dacht ich auch, dass geht heut nicht mehr, ich kann nicht mehr. Aber dass Ziel war die Fertigstellung des Fussbodens. (Kleiner Ausschweif: Wie die letzten beiden Tage auch, besucht mich auch heute ein Frosch, waehrend ich hier am Fussboden sitz und schreibe, er hupft her, dann bleibt er kurz und dann hupft er in den Hof, hophop.) Zurueck zum Text. Hab dann alle Energie zusammengenommen und doch noch die letzten 40 Eimer Schutt und 20 Eimer Wasser geschleppt und den restlichen Boden gestampft. Der Bub vom Traktorfahrer (ca 6 Jahre alt) hat mir dabei geholfen, eine Wohltat fuer mich, hab ihm einen meiner Teddys geschenkt. Die Maurer haben Koerbe gebunden und am Abend 5 Betonstuetzen betoniert. Es geht voran auf unserer Baustelle. Aus dem Erdreich sind wir heraus, nun geht es aufwaerts. Am Abend sagte mir der Maurerchef, dass sie morgen (Sonntag) den Rest Ringanker betonieren wollen und den ersten Raum Bodenplatte auch noch. Die sind einfach gut, meine Helfer.

Mullaittivu Office, 5.02.06 17.30 Uhr Bautag 5

Diesmal ohne mich. 2 Waende sind auf 1 Meter Hoehe fertig. Dass sollten sie eigendlich gar nicht machen, war etwas enttaeuscht, aber egal. Der erste Raum Fussboden ist auch fertig, koennte auch ein wenig genauer sein. Wenn man sie halt alleine laesst. Bin aber trotzdem saugut drauf. War mit dem Motorrad in Kilinochchi. Die Fahrt hat sooooo gut getan. Eineinhalb Stunden Fahrt auf dem Motorrad, einmal beinahe nen Unfall gebaut, weil die Bremse schlecht eingestellt und meine Reaktion auch nicht die beste war. Bei den Checkpoints (3 Stueck) bin ich einfach durchgefahren. In Kilinochchi fiel mir urploetzlich ein, dass ich meinen USB Stick vergessen hab, auf dem mein Tagebuch abgetippt ist. Egal, nicht noch mal zurueck, dann gibts das naechste Tagebuchupdate fuer meine Tamilen in Deutschland 7 Tage spaeter. Im Office gab’s keinen Strom, also bin ich ins Netcafe, um meine E-Mails zu schreiben. Siegfried S. von der Mainpost hatte mir als Kommentar auf die Tamilpress Seite geschrieben, dass ich Kopf des Jahres 2005 im Einzugsbereich der Mainpost geworden bin, und dass es deshalb anscheinend die Leute beruehrt, was ich mach. Dieses machte mich stolz, und doch schaemte ich mich zugleich. Warum heben mich die Leute so hoch, wo ich doch so wenig mache, wenn man sieht, was andere hier leisten. Klar, die meisten werden dafuer bezahlt, aber ich finde doch, dass viele andere diese Auszeichnung mehr verdient haben. Dies schrieb ich auch als Komentar auf die Tamilpressseite. Siegfried, danke dir trotzdem. Fuer meine Einstellung hier wieder ein Kommentar aus meinem Kriegerhandbuch:

“Ein Krieger des Lichts steht zu seinem Lebenstraum. Seine Gefaehrten meinen:”Sein Glaube ist bewundernswert” Der Krieger hoert es mit Stolz, schaemt sich aber sogleich, weil sein Glaube nicht so stark ist, wie es den Anschein hat. Da fluestert ihm sein Engel zu:”Du bist nur ein Werkzeug des Lichts. Es gibt fuer dich weder einen Grund, dich zu bruesten, noch einen dafuer, dich zu schaemen. Es gibt nur einen Grund zur Freude.” Und der Krieger des Lichts gewinnt im Bewustsein, dass er ein Werkzeug ist, Ruhe und Sicherheit zurueck.” Hkl 85

Letztes Jahr, in der letzten Predigt unseres Pfarrers, bevor ich nach Sri Lanka bin, hat er von dem Werkzeug gepredigt. Diese Predigt hat mich tief bewegt, und mir zugleich innere Ruhe gegeben. Alles, was wir Menschen machen, ist uns von Anbeginn der Welt vorausbestimmt, manche sollen einfach mehr erreichen als andere. Und doch ist es nicht ihr Verdienst, sondern Gott hat es bestimmt. Wir alle sind nur Werkzeuge, dies sollten wir uns vor Augen halten. Ein gewisser Stolz ist gut, er gibt uns Kraft. Wir sind allerdings (und da schliess ich mich nicht ganz aus) oftmals stolz auf falsche Dinge. Der schnoede Mamon haelt uns gefangen, so dass wir oft mit Scheuklappen durchs Leben gehn, von vielen Dingen denken, dass muss so sein. Dies hab ich am eigenen Koerper erfahren. Ich dachte lange Zeit, dass ich die und jene Regeln beachten muss, wenn ich mich selbstaendig mach, und die und jene Steuer und Versicherung zahlen muss. Hab mich dann im letzten Sommer informiert: Wenn ich auf allen staatlichen Zuschuss (Ich-AG, …) verzichte, gibt es fast keine Vorschriften. Und so ist es mit so vielem. Wenn man Staatliche Zuschuesse haben will, gibt’s halt dafuer Regeln auf’n Deckel. Altersvorsorge: Ich zahl keine gesetzliche Alterskasse. Krieg auch nix spaeter. Aber wenn ich dass Geld alles zurueckleg, was andere einzahlen, (oder besser gesagt, was der Staat gleich einbehaelt) hab ich letztlich mehr. Es kommt halt auf den Lebensstandart an, den man spaeter haben will, will ich reisen, oder les ich lieber dabeim vor’m Kachelofen paar Buecher? Es sei jedem selbst ueberlassen, was er macht, aber keiner sollte am Ende jammern, den er hatte es selbst in der Hand. (Ausnahmen gibt’s natuerlich). Eines sollten wir uns vor Augen halten: Arm ist nicht der, der nichts hat, sondern der, der nicht genug bekommen kann. Gestehen wir Jammerer uns doch ein, wir Deutschen jammern auf den (mit Abstand) weltweit hoehesten Niveau. Dies ist meine Einstellung, und ich schaeme mich jedesmal, wenn ich in Gedanken jammere. So, genug philosophiert, zurueck zum Tag. Einen Uebersichtsbericht an meine Freunde hab ich wieder geschrieben, mein Konto ist um 60 Euro gewachsen (Dazu gleich mal was wichtiges, was ich am Anfang dieses Tagebuches vergessen hab. Vor dem letztjaerigen Tagebuch hab ich geschrieben, “Wer dies Tagebuch liest, der moege doch bitte auf mein Konto oder das Konto der TRO 10 Euro ueberweisen, ich kann und will es nicht nachpruefen, der der es macht, ist halt ein besserer Mensch, als der, der den Inhalt dieses Buches klaut”. Diesen Satz wuerde ich ab nun auch gern wieder geltend machen, ich vertraue auf euch. Alles Geld, was ich bis zu meiner Rueckreise bekomm, wird zum Permanenthousing verwendet, alles danach fuer wohltaetige Zwecke, vielleicht fuer ein Behindertenkinderheim in Tamil eelam. Bitte verlasst mich nicht. Wie steht so schoen in der Apostelgeschichte geschrieben: “Und sie handelten auf Getreu und Glauben”). Die Tamilen wollen, dass ihr LTTE Praesident Nicht an den Friedensgespraechen in Genf mitmacht. Liebe Leut, was soll der Mist. Seht zu, dass hier Ruhe einkehrt, die Loesung kann nun nur noch diskutiert werden, jeder weitere Kampf waere der groesste Unsinn. Die Menschen hier leiden doch (tschuldigung) “verdammmt noch mal” genug, seht zu, dass ihr nen Frieden auf die Reihe kriegt. Ansonsten gab’s nichts Neues, der Winter hat Deutschland fest im Griff. Mit Papa und Regina hatte ich am Vortag telefoniert, ihnen geht’s gut, Papa geht wieder jeden Tag ins Freibad, um sich abzuhaerten. Er macht dort Holz, damit wir wieder heizen koennen. Bei dem Mann vom Office, der mich hierher nach Mullaittivu vermittelt hat, bin ich vorbeigefahren, um zu berichten, dass es mir hier gut geht. Mein Schneider hat mich zu nem Laden gefuehrt, wo ich mir ein Moskitonetz kaufen konnte, damit mich nachts endlich die Moskitos in Ruhe lassen. Die sind so schlimm die letzten 3 Tage. Ca 50-100 schwirren die ganze Nacht um mich rum, hab das Gefuehl, die schlafen neben meinen Ohren, denn gestochen hat mich kein einziger letzte Nacht, aber wegen dem Gesumme und Gejucke hab ich hoechstens 3 Stunden pro Nacht geschlafen und dass nun schon 3 Naechte lang. Ah, wie freu ich mich darauf, wieder neben meiner Micha zu liegen und die ganze Nacht ruhig durchzuschlafen. Auf dem Rueckweg nach Mullaittivu hab ich mir Zeit gelassen, den ersten Checkpoint hab ich wieder ueberfahren, beim zweiten haben sie mich angehalten. Der Polizist meinte, dass in meinem Tamilpass keine Erlaubnis steht, dass ich nach Mullaittivu darf. Hab ihm erklaert, dass ich dort untergebracht bin und nur kurz zum E-mailen in Kilinochchi war. Er hat wieder und wieder hin- und hergefunkt. Dann kam mir die Idee: er soll zur Polizeistation Mullaittivu funken, denn das TRO Office ist direkt gegenueber und die Polizisten dort kennen mich, da ich dort immer mein Trinkwasser aus dem Fass hole. Hat er gemacht und mir dann mit Ok und Danke fuer ihre grosse Hilfe meinen Pass zurueckgegeben. Anscheinend wissen sie dort wirklich, was ich mach, musste schmunzeln. An einem Reisfeld, wo gerade Bauern beim Ausdreschen ihres Reises waren, indem sie ihn im Kreis ausbreiteten und mit dem Schlepper darueberfuhren, hab ich gestoppt und mich ein wenig “unterhalten” so gut es ging. Wenn sie lange genug mit dem Traktor ueber den Reis gefahren sind, wird das Stroh sorgfaelltig aufgeschuettelt, damit die losen Koerner auf die am Boden ausgebreitete Plane fallen. Dann wird es entfernt und der Reis aufgesammelt. 50 cm vor mir kam eine 30 cm lange Schlange aus dem Reisstroh, dies war ihr Todesurteil, 2 Minuten spaeter war sie erschlagen. Bin weitergefahren, auf einem anderen Acker war ein kleiner Maehdrescher am Werk, mit Raupenantrieb, weil die Felder so sumpfig sind. Eine Halle aus lauter aufgeschnittenen Oelfaessern war mir ein weiteres Foto wert. Den dritten Checkpoint kurz vor Puddukkuddijiruppu hab ich wieder ueberfahren, ein Polizist klatschte hinter mir her, aber ich tat so, als haett ich nix gehoert und fuhr ruhig weiter. In Puddukuddijiruppu goennte ich mir im Busstopshop nen Eisbecher, obwohl man hier ja wegen Salmonellen und Bakterien eigentlich kein Eis essen soll, aber es war zu verlockend und im letzten Jahr hab ich’s ja auch ueberlebt. Beim Bezahlen sagte mir die Bedienung, dass ich zum Ceckpoint zurueckfahren muss. Mist, doch erwischt. Also zurueck, mit gemischten Gefuehlen. Was wird mich da erwarten, ist ja hier nicht grad ein Kavaliersdelikt, nen Checkpoint einfach zu ueberfahren. Die Polizisten waren super nett, und nach 10 Minuten sass ich schon wieder im Sattel und fuhr meine letzten 20 km Richtung Heimat. Meine Geschwindigkeit kann ich uebrigens nicht sagen, weil der Tacho kaputt war, genau so wie auch Blinker, Hupe und Zuendschloss. Aber gefahren ist mein Bike und das war wichtig. Es war eine richtig schoene langsame Heimfahrt. Die Luft roch nach frisch geschnittenem Reis und nach Grass. Schoen, so ohne Helm mit 50-60 kmh ueber die Landstrasse zu zuckeln. Im Office haben sich die Boys gefreut wie die Kinder, als ich sagte, dass der Tank fast voll ist und ich bezahlt hab. Dann war noch ein Besuch bei Piragalathan dran, er produzierte gerade mit seiner Familie Zementsteine, da sie grad ein Haus bauen, kein Tsunamihaus, einfach deshalb, weil es an der Zeit war. Hab mich ne halbe Stunde bei ihnen aufgehalten, dann noch kurzer Dinner in nem Shop und nach Hause, um Moskitonetz aufzuhaengen, duschen und schreiben.

Mullaittivu Office, 6.02.06 19 Uhr Bautag 6

STS hoeren und um 20 Uhr ins Bett. Einen seeligen Schlaf hatte ich in dieser Nacht, kein einziger Moskito, hab von halb 9 bis 7 Uhr durchgeschlafen. Ach wie war das eine Wohltat. Entsprechend gut begann der Tag. Mittlerweile ist es super hier, mit den Jungs komm ich super klar, seit ich im Eingang schlaf stoert mich ihre Froehlichkeit nicht mehr, wir sind super Kumpel, und sie bedienen mich nicht mehr so extrem, seit ich gesagt hab, dass ich nix spezielles will und mein Essen auch selbst holen will, wie sie auch. Und wenn ich komm und sie sitzen grad alle in nem Stuhl und einer springt auf, um mich setzen zu lassen, dann drueck ich ihn wieder zurueck in seinen Stuhl und setz mich auf den Boden. 2 Briefe hab ich wieder zur Post gebracht, einen fuer Christin und Stefan und einen fuer Mama, Papa und Regina. Piragalathan fuhr mit dem Radl vorbei. Dann weiter auf Baustelle, der Weg dorthin ist so schoen, viele Baustellen und im Hintergrund in ca 200 Meter Entfernung, das blaue Meer und diese schoene Geraeuschkulisse seiner Wellen. Schade, dass ich dieses Geraeusch nicht hier hinein uebertragen kann. Waere schoen. Dieses Tosen und Rauschen, es hat fuer mich immer etwas Unheimliches. Auf Bausetlle heute auch sehr angenehm, Maurerarbeiten. Meine Maurer haben leider meine Art zu mauern nicht angenommen, hier wird halt einfach ohne Schnur gemauert. Egal. Sie machen ihre Waende, ich mach meine, und wenn verputzt ist, sieht man eh nicht mehr, wenn was krumm war. Am Abend waren 2 Teilstuecke bis Tuersturzhoehe fertig, 3 weitere Teile Betonstuetzen und der restliche untere Ringanker betoniert. Gute Leistung.

Mullaittivu Office, 7.02.06 21.45 Bautag 7

Und wie hatte ich vor 7 Tagen noch Bedenken, ob es richtig ist, was ich gemacht habe. Und jetzt, gerade mal eine Woche spaeter ist ein Drittel der Erdgeschossmaurerarbeiten erledigt. Ist schon Wahnsinn. Auch dieser Tag angenehm, gediegen. Zu Viert am Bau, Betoniert, Baustahlmatten gebunden, gemauert. Und alle konzentriert bei der Arbeit. Am Abend noch ein Besuch beim Schneider, um mein naechstes Hemd in Auftrag zu geben. Im House war Tagebuchabtippen dran, da der Computer endlich wieder da war. 3 Stunden vor dem Kasten, bis viertel vor 10. Dann schnell mein “Bett” aufgebaut und Tagebuch geschrieben.

Mullaittivu Office, 8.2.06 19 Uhr Bautag 8

Um 5 vor 10 ging das Licht kurz aus und wieder an. Das Zeichen, in 5 Minuten wird der Strom abgestellt, dann ist zappenduster. Zum Zaehneputzen hat die Zeit diesmal nicht gereicht, kaum lag ich auf meiner Matte, da war es auch schon dunkel. Am Morgen war ich muede, so langsam macht sich die schwere Arbeit bemerkbar. Aufstehen, Fruehstueck und ab auf Baustelle. Es war bewoelkt und angenehm frisch. Es war der ruhigste Bautag seit wir angefangen haben. Wir waren nur zu zweit, mein Lieblingshelfer und ich. Er ist 2 Jahre aelter als ich, redet kaum, ist hoch konzentriert. Seit heute weiss ich, dass er verheiratet ist und ein Baby hat. Hab fast den ganzen Tag gemauert. Zwischendurch haben wir 4 Stuetzen betoniert. Mein Helfer hat Material beigetragen und aufgeraeumt. Um 4 kam Amama und hat Wasser ueber die Waende geschuettet, damit der Zement fester wird. Die Feuerstelle ist nun auch schon fertig gemauert. Nun brauchen wir unbedingt die Fenster, sonst koennen wir nicht weitermauern. Nach Feierabend bin ich in ein Stoffgeschaeft in Mullaittivu. Piragalathan kam gerade heraus und hat mir 3 Briefe ueberreicht, alle von Micha. Ah, sehr schoen. In dem Geschaeft hatten sie keinen solchen Hosenstoff, wie ich wollte, aber einen schoenen Hemdstoff. Also halt noch ein Hemd. Und eine Ananas hab ich in der Stadt auch bekommen. Hm, lecker, ich liebe Ananas. Im Office hab ich erstmal alle drei Briefe gelesen. Es ist so schoen, von meiner Lieben zu lesen, die schoenen Dinge zu erfahren, aber auch ueber ihre Sorgen bescheid zu wissen. Es hat mich kein Heimweh gepackt beim Lesen, es war anders, es war ein schoenes Gefuehl, dass da eine jemand ist, die gerade auch recht gut ohne mich auskommt, die aber auch uebergluecklich ist, wenn ich am 26.03.06 gegen Abend in Kitzingen aus dem Zug steig. Auf diesen Moment freu ich mich auch schon, auf den Moment, in dem ich sie in meine Arme schliesse, wieder bei dem Menschen zu sein, zu dem ich gehoere, eine Frau, die es wert ist, geliebt zu werden, einfach, indem sie ist, wie sie ist.

Mullaittivu Office, 9.02.06 19 Uhr, Bautag 9

Auf solch schoene Briefe mag ich auch immer gleich eine Antwort schreiben, und 36 Stunden nach Erhalt der 3 Briefe wird ein 7 seitiger Brief + 2 Seiten fuer den kleinen Enrico, seine weite Reise ins 9000 km entfernte Deutschland antreten, indem ich ihn um 8 Uhr morgens in den Briefschlitz des roten hoelzernen Postkastens am Mullaittivu Post Office steck. 7 Tage spaeter wird ihn dann der Postpote in den Briefkasten von Micha stecken, einen Brief, gefuellt mit vielen Fragen, Antworten, Erzaehlungen, Plaenen und einer gewissen Portion Philosophie. Nun aber mal zum Tagesgeschehen, wir waren wieder zu zweit am Bau, bis 10 hatten wir ein Fenster eingebaut und ausgemauert und 3 Stuetzenteilstuecke betoniert. Dann begann es zu regnen, wir fluechteten ins Materiallager auf der anderen Strassenseite. Eineinhalbstunden sassen wir da, es goss in Stroemen, ich schrieb an meinem Brief fuer Micha, die andern, die da waren sassen rum, lasen Zeitung. Um halb 12 wurde der Regen weniger, wir verarbeiteten den Rest Zement als Fussbodenmaterial, es begann wieder zu regnen. Ich schleppte Baustahl ins Lager, bis das alles erledigt war, war ich schon tropfnass. Wir saegten Baustahl, bogen Draehte fuer die Ringankerkoerbe und fertigten die Koerbe. Bis 4 Uhr waren wir permanent nass. Dann war der Draht leer, Feierabend, nach Hause. In nem Shop noch schnell Draht und ein Lot zum mauern gekauft und heim. Dort stand mir noch die Reparatur des WC-Spuelkastens bevor, der aergert mich schon seit ich da bin. Der Schwimmer ist abgebrochen und Wasser laeuft immerzu. Dass ist nicht 100 prozentig schlimm, da es Brunnenwasser ist, dass es ja hier im Ueberfluss gibt. Aber es muss ja nicht sein, der Strom fuer die Pumpe kostet ja auch Energie. Mit Bohrer, angetrieben mit meiner Wasserpumpenzange, 3 Luesterklemmen, 2 Schrauben aus meinem Notfallsortiment und einem Stueck Kunststoffseil war die Reparatur 30 Minuten spaeter erledigt, Einfaelle braucht der Mensch. Dann Briefe von Micha noch mal lesen (das dritte Mal) und schreiben. Hopsi, der Frosch war auch wieder da, wie jeden Abend. Der ist voll niedlich. Duschen fiel aus, war ja den ganzen Tag im Regen duschen.

Mullaittivu Office, 10.02.06 16.30 Uhr, Bautag 10

Nach einer ruhigen Nacht fing der nun folgende Tag kathastrofal an. Mein Bauch krampfte sich so, dass ich um halb 6 aufs Klo musste und dort auch bis halb 7 geblieben bin. Dann gings wieder. Zum Fruehstueck gab’s eine Art Linsen, sehr lecker. Es war wieder sehr bewoelkt, das Meer sah bedrohlich grau aus. Mir war klar, das mein Helfer nicht kommen wird, da er mir am Vortag schon verstaendlich gemacht hatte, das er daheim bleibt, wenn’s regnet. Hab die 2 Stuetzen ausgeschalt und (nun wieder im vollen Regen) 2 Baustahlkoerbe gebunden. Es hoerte wieder auf zu regnen, 2 Jungs kamen, sie wollten Fussboden betonieren, sehr schoen. Und dann damen noch zwei, und noch mein Helfer, und die Sonne, die kam auch. Dann ham wir halt um 10 Uhr angefangen zu betonieren, und um 2 Uhr waren 35 Quadratmeter / 4 Kubikmeter / 11 Tonnen Beton verarbeitet. Alles per Schaufel gemischt und mit Eimern vertragen. Echt ne Leistung. Da konnten wir beruhigt Feierabend machen, wenn man bedenkt, dass ich am Morgen dachte, ich schaff gerade mal ein paar Koerbe zu binden. Bin noch nen Hosenstoff und 10 Briefumschlaege (meine ersten 20 waren leer) kaufen gegangen und zum Schneider, um wiedermal ne Hose schneidern zu lassen, das ist schon ne richtige Sucht. Hopsi, mein Frosch kam beim Schreiben hergehopst und hat sich vor ein Ameisenloch gesetzt, da sind zig Ameisen auf ihn los, er ist dann schnell gefluechtet und hat sich geputzt. Beim duschen hab ich bemerkt, das der Grundwasserspiegel um ca nen halben Meter gestiegen ist, normal ist der Wasserstand im Brunnen bei ca 2 Meter unter der Oberflaeche, nun waren es nur noch 1,5 Meter, hat schon sauviel geregnet, ich schaetzt mal 50-70 Liter pro Quadratmeter und das innerhalb 24 Stunden

Mullaittivu Office, 11.02.06 19 Uhr, Bautag 11

Ich habs endlich geschaft, das Lesen des Buches “Tee mit dem Teufel” anzufangen, da ich es beim ersten Versuch vor 2-3 Wochen wegen Muedigkeit zur Seite gelegt hatte und seitdem auch nicht mehr angefangen wegen fehlender Muse. Das Buch hat mir Thomas, ein Bekannter ausgeliehen, er hat es direkt vom Autor, ein Freund von ihm. Es handelt von Afganistan, Reinhard Eroes, der Autor war dort als Millitaerarzt fuer viele Jahre. Der Anfang ist schonmal super, ich glaube, das wird mir gefallen, ein Satz hat mir eine Gaensehaut verpasst, Eroes zitiert aus dem Buch “Stadt der Freunde” von Dominique Lapierre, als der seinen Aufenthalt im aermsten und am dichtesten bevoelkertsten Viertel Kalkutas beschreibt: >”In dieser Hoelle” hab ich mehr Liebe, mehr Anteilnahme und letztendlich mehr Glueck gefunden, als in den Nobelgegenden der reichen Staedte des Okzidents< In einem anderen Abschnitt beschreibt er das taegliche Gebet der Afganen und dadurch ihre Glaeubigkeit: >Diese Sure aus dem Koran, oft verglichen mit dem Vaterunser der Christen, enthaelt nur eine Bitte:”Fuehre uns den rechten Weg” das fuenfmalige Gebet ist bei ihnen selbstverstaendlicher, als fuer so manchen “Zivilisten” das taegliche Zaehneputzen. Alle Afganen, die ich kenne sind tiefglaeubige Moslems< Diese Saetze lassen sich fuer mich gut auf Tamil eelam uebertragen, auch hier strahlt trotz der Armut die Freude aus fast jedem Gesicht, und auch hier sind die Menschen tief glaeubig. Ich glaube eh, dass glaeubige Menschen viel mehr das Glueck empfinden koennen, als nichtglaeubige, sie glauben ja auch an das Glueck. Auweh, ich denk, dieses Buch wird meine Lebenseinstellung wieder praegen. Nun aber mal zum Tag, am Morgen war ich saumued, wollte gar nicht aufstehen. Hab mich aber doch aufgerafft, zum Fruehstueck gab’s Buns (suesse Broetchen) und 3 Bananen, ausserdem noch 2 Becher Tee. Tee gibt’s ja immerzu und ich finde das gut so, schwarzer Tee mit viel Zucker und noch mehr Milchpulver. Um halb 9 war ich auf Baustelle, meine Helfer schon da. Steine haben wir geliefert bekommen und auch neuen Baustahl, konnten die letzten Koerbe binden und auch noch die Bewehrung fuer 2 Tische. Amama wollte naemlich in einem Raum auf 1,5 Meter Hoehe ein Regal fuer Krempel zum Aufraumen und im anderen Raum einen Betonecktisch (in die Wand betoniert) als Toilettetischchen. Dann haben meine Maurer noch Betonplatten fuer die Kaminabdeckung gegossen. Die restlichen Fenster sind wieder nicht gekommen, sollten eigentlich schon Montag kommen, aber sie vertroesten mich jeden Tag mit: “tomorrow” (Morgen) Das kenn ich ja vom letzten Jahr, bin eh possitiv ueberrascht, das es heuer recht reibungslos klappt. Es muss ja auch sehr schwierig sein, es gibt ja tausende von Baustellen in Sri Lanka, da versteh ich schon, das es zu Lieferengpaessen kommt. Da wurde jahrelang immer ein bisschen bebaut, und auf einmal nach dem Tsunami, muessen die Fabriken das hundert bis tausendfache leisten, da ist es eigendlich besser, es geht langsamer voran, damit auch wirklich die Materialien im Land produziert werden koennen, so koennen die Menschen was verdienen, je laenger es dauert, desto laeger haben die Arbeiter ein Einkommen und dass ist doch der Sinn. Und meine Fenster krieg ich schon noch, hab ja noch zu tun, aber am Mittwoch braeucht ich sie dann doch endlich. Zum Ringanker sind wir leider nicht mehr gekommen, na ja, naechste Woche, nun ist Samstagabend, Wochenende, ein Tag frei.

Teil 5

Mullaitivu Office, 12.02.06 20.30 Uhr Kein Bautag

Und was macht ein Mensch wie ich an seinem freien Tag? Erstmal gemuetlich aufstehen, heut schon um 6, da mich ein super Sonnenaufgang weckte. Den musst ich einfach per Foto einfangen. Die Nacht war uebrigens sehr hell heute, es war Vollmond und als ich um 12 mal kurz aufwachte dacht ich, es waer schon Morgen, richtig hell. Dann Waesche, Sonntag frueh ist Waesche dran, Betttuch, Handtuch, Saram. Poa, war das ne Bruehe. Dann Fruehstueck und danach aufs Motorbike und ab nach Kilinochchi. Der Tank war natuerlich wieder fast leer. An der Tanke gab’s kein Benzin, der Tankwagen war nicht gekommen. Also hab ich auf dem Weg nach Kilinochchi an einem Shop gehalten, dort verkaufen sie Benzin in Colaflaschen, schoen aufgereiht draussen am Weg in einem Regal. Blaue Fleussigkeit ist Petroleum, gelb ist Benzin. Hab 6 Flaschen tanken lassen fuer 690 Ruppee, das ist knapp ein Euro pro Liter, ganz schoen teuer. Auf dem Weg hab ich diesmal brav an jedem Checkpoint angehalten und gesagt, dass ich nach Kilinochchi fahr und am Abend zurueck komm. In Kilinochchi erstmal 3 Stunden E-Mail, alleine fuer meine Rundmail hab ich eineinhalb Stunden gebraucht, da die Bilder ewig zum hochladen brauchten, 5 Minuten je Bild, 9 hab ich geladen. 2,5 Euro haben mich diese 3 Stunden gekostet, angenehmer Preis. Danach Besuch im House, meinen TRO Freund besuchen. Wir haben uns lange unterhalten, er hatte eine Schnapsfahne, war ne gute Unterhaltung und auch der Kochgai und der andere, den sie Watcher nennen haben sich hergesetzt. Um 3 hab ich mich wieder auf den Rueckweg gemacht. Mit Zwischenstop in Barathy Childrens Home. Das ist das Kinderheim, fuer welches Gabriel und der Lions Club Dueren Geld gespendet haben. Dafuer war ein Unterkunftsgebaeude fuer 80 Kinder gebaut worden.. Gabriel hatte mir den Auftrag gegeben, dort ein paar Fotos zu machen und ihm zu schicken. Die Aufseherin sprach etwas Englisch, genug zur Verstaendigung. Nach Aufnehmen meiner Fotos und kleiner Unterhaltung hab ich mich verabschiedet und musste noch in ihr Gaestebuch schreiben. Ich schrieb wieder meine Meinung, naemlich, dass sie gluecklich sein koennen, in so einem Paradies wohnen zu duerfen, wo Liebenswuerdigkeit noch gross geschrieben wird, ich wuerde gerne mit ihnen tauschen, aber ich muss wieder in unser kaltes herzloses Deutschland, wo vielen Menschen schon die Muehe eines einfachen freundlichen Grusses zu viel ist. Dann bin ich weiter heimwaerts gefahren, bei dem Haus von Lukas, dem Ingenieur vom Mullaittivu Hospital hab ich noch fuer einen Besuch gestoppt, aber erst, nachdem ich mich vergewissert hatte, das mein Licht funktioniert und ich nicht im Stockdunkel heimfahren muss. Den zweiten Checkpoint hatte ich vorher auch ohne Probleme durchfahren. Lukas, seine Frau Franziska und die 1 und 3 Jahre alten Maedchen waren daheim. Lukas arbeitet ueber ein Jahr hier und deshalb hat er seine Familie gleich mitgebracht. Wir haben uns lange unterhalten, ueber lauter interressante Themen. Und um 8 hab ich mich dann doch mal auf den Heimweg gemacht. Es ist schoen deutsche Unterhaltung zu haben und ich hatte wieder mal gemerkt, dass ich einige deutsche Woerter schon nicht mehr weiss, ist schon verflixt, wenn man so lange Englisch spricht. Im Office wurde ich schon erwartet. Hopsi hat zuwachs bekommen, nun hopsen schon 2 Froesche hier rum. Dusche war im Schnelldurchgang, damit ich noch genug Zeit zum Schreiben hatte.

Mullaittivu Office, 13.02.06 18 Uhr Bautag 13

Es ist schon ein knalliges Leben, das ich hier gerade fuehre. 7 Uhr aufstehen, 8 Uhr Baustelle, 1 Stunde Mittagspause, 17 Uhr Feierabend, duschen, Waesche waschen, Tagebuch und Briefe schreiben, 2 mal die Woche noch Tagebuch abtippen, zwischen 8 und 9 Uhr auf die Matte und das 6 Tage lang, dann ein Tag “frei”, nach Kilinochchi fahren, E-Mailen, kurze Besuche und wieder heim zum Schlafen. Am Meer war ich immer noch nicht, aber ich hoer es ja jede Nacht und schon beim Augenaufschlagen jeden Morgen she ich einen paradisischen Sonnenaufgang. So, auch an diesem Morgen. Auf Baustelle sah ich, dass gestern doch Bautag 12 war, meine Leute hatten einen Teil des Ringankers betoniert, zuerst war ich happy, da mir vor dieser Arbeit ja so gegrausst hat. Bei naeherer Betrachtung waehrend des Ausschalens war ich dann nicht mehr happy, 10 cm sollte er breit sein, der Ringanker, an den meissten Stellen war er aber 12 cm breit, also hab ich halt in aller Ruhe den Hammer genommen und wieder 2 cm weggeklopft. Ich war nicht sauer oder veraergert, ich war einfach nur traurig. Zum Glueck war der Beton noch nicht richtig abgebunden, es ging einigermassen einfach abklopfen. Danach haben wir weiter eingeschalt, oder besser gesagt ich hab eingeschalt, ein Maurer hat die eine Wand hochgemauert und mein Lieblingshelfer hat gehandlangert. Dann haben wir betoniert 2 Stuetzen und Ringanker. Dann weiter einschalen und nochmal betonieren. Es war gar nicht so schlimm wie ich gedacht hatte. Da sehe ich wieder mal, ich muss eine Arbeit einfach nur anfangen, dann geht’s schon. Diesmal war alles gerade, wichtig, sonst wird der Putz spaeter auch schief. Wie ich mir eine Glaettkelle bauen lasse, weiss ich nun auch, aus einer Fuchsschwanzsaege und einer Maurerkelle. (Waehrend ich hier schreib ist Schichtwechsel . Die Mucken. Die mich die ganze Zeit geaergert haben, verziehen sich so langsam, sie gehen wohl schlafen. Dafuer kommen nun die Moskitos, grausig, da kann man sich aussuchen, von wem man lieber geaergert wird.) War ich am Morgen um 10 Uhr noch kurz dagesessen und hab fast geweint, weil mir alles gegen den Strich ging, so war ich am Feierabend wieder der alte, es war wieder viel geschafft und das an meinem Geburtstag. Auf dem Heimweg kam mir Piragalathan mit dem Fahrrad entgegen und uebergab mir nen Brief von meiner Schwester Christine und einen von meiner Micha. Schoene Geburtstagsgeschenke und mein Hemd konnte ich auch beim Schneider abholen.

Mullaittivu Office, 14.02.06 18..30 Uhr Bautag 14

Am Abend hab ich meinen Kumpels im Office nen Becher Fanta ausgegeben, dass ist hier was besonderes, mein Angebot, ob sie nen Schluck Schnaps rein wollen, schlugen alle bis auf einen aus, er hat nen Schluck genommen, und war dann ne halbe Stunde spaeter voll voll, hatte verdrehte Augen und hatte “Gesichtslaehmung” (Ein Dauergrinsen im Gesicht). Um 7 kam mein Maurermeister vorbei, er hat mir eine Geburtstagskarte mit den Unterschriften aller meiner Maurer und ein kleines Geschenk gebracht, ein Pilz und ein Hase darunter, alles aus Muscheln. Das hat mich richtig geruehrt, es ist fuer mich ein Zeichen echter Freundschaft. Um 8 hab ich dann mit Micha telefoniert, waere schoen, wenn diese Telefonboxen in dem Callcenter nicht so heiss waeren wie ne Sauna. In Deutschland ist weiterhin tiefer Winter, und was ich mit Micha sonst noch so geredet hab geht euch nichts an. Nun mal zu diesem Tag, Valentinstag, Tag der Liebe. Braucht es einen speziellen Tag fuer Liebe? Genauso wie Mutter-, Vater-, usw. –tag. Fuer alles moegliche gibt es bestimmte Tage. Sollte man nicht seine Eltern immer ehren und seine Freunde moegen, usw. Ich mach mir nix aus diesen Tagen, ich versuch sie allesamt jeden Tag zu begehen. Denn was wuerde es den meiner Mama nutzen, wenn ich sie an einem Tag im Jahr bezuzl und den Rest des Jahres links liegen lasse? Aber manche Menschen brauchen wohl solche Tage um sich dran zu erinnern, dass man Vater und Mutter ehren soll, usw. Ja, was haben wir den nun an diesem Tag der Liebe gemacht? Betoniert und gemauert und in der Mittagspause geschlafen. Zwischendurch fuhr ein Traktor mit nem Haenger voll Fenster vorbei, es waren aber leider keine fuer uns, wir brauchen die andere Groesse. Egal, noch kann ich mich beschaeftigen, noch ist genug Arbeit da. Nur einfacher waers halt. 4 Stuetzen sind nun fertigbetoniert, Stueck fuer Stueck kommen wir vorwaerts. Wir waren wieder zu zweit am Bau, das ist auch am schoensten.

Mullaittivu Office, 15. 02.06, 18 Uhr Bautag 15

Am Abend war ich noch bei Piragalathans Bruder und hab die Bilder von der Camera auf CD brennen lassen, es waren schon ueber 300 Stueck. Und einen Brief vom Wohnheim Ochsenfurt hab ich auch bekommen. Es ist lustig Briefe von meinen behinderten Freunden zu lessen, da sind viele Fehler drin und schoen ist es, dass sie an mich denken. Es war wieder viertel zehn bis ich ins Bett kam, viel zu spaet. Und am Morgen bin ich nicht raus gekommen. Werd jeden Tag mueder aber ich werd’s schon durchhalten. Fruehstueck gab’s erst um 8 und deshalb war ich auch 20 Minuten spaeter am Bau. Mein Helfer sagte gleich: “late” (zu spaet). Na ja. Nach dem Ausschalen der 3 Boxen vom Vortag wieder neu einschalen. Und was kam da die Strasse entlang angefahren? Ahh, ein Gefuehl wie Weihnachten, die Fenster sind da. Unsere 4 fehlenden Fenster sind endlich gekommen. Einschalen stoppen und Fenster einbauen und ausmauern, das war ja klar. Dabei bin ich ganz schoen ins Schwitzen gekommen, es hat mittlerweile 32 Grad im Schatten mittags und wir arbeiten die meisste Zeit in der Sonne. Mein Getraenkeverbrauch hat sich mittlerweile auf 4 Liter Wasser und 1 Liter Tee eingespielt und Pinkeln muss ich das erste Mal abends beim Duschen. Um halb vier waren alle vier Fenster eingemauert und somit alle Waende auf Tuersturzhoehe fertig. 2 weitere Stuetzen und ein Stueck Ringanker haben mein Helfer und ich auch noch betoniert. Wird Zeit, dass der Baustahl endlich im Beton verschwindet, hab mittlerweile 8 Schrammen an der rechten Hand, weil ich andauernd am Draht haengen bleib. Am linken Mittelfinger ist auch ein kleines Loch, da ist die Haut vom Steineheben abgewetzt. Muss halt nun ein Tesakrepp rumbinden, dann geht’s schon. Meine Loecher an den Fuessen verheilen so langsam, nur an der rechten Wade ist noch ein rundes 2 cm grosses Grind. Es eitert halt immer wieder, weil dauernd Dreck und beim Duschen Keime vom Brunnenwasser rein kommen. Aber wird schon, wie steht so schoen in der Bibel: >sie gingen aber froehlich von des Rates Angesicht, dass sie wuerdig gewesen waren, um seines Namens Willen Schmach zu leiden.< Dies Thema hatten wir ja im letzten Tagebuch schon mal. Beim heimfahren hat mich Lukas mit dem Mopet ueberholt, bei ihm ging’s heut schlecht voran, die Haelfte seiner Arbeiter haben gestreikt, weil die LTTE einen verhaftet haben und ihnen die Paesse abgenommen. Warum weis ich nicht. In der Stadt hab ich wieder mal ein Hemd in Auftrag gegeben, so langsam hab ich alle Schneider in Mullaittivu durch. Und dem Buben vom Reifenschmied gegenueber hab ich ein Kuscheltier geschenkt, dass wollte ich letztens schon machen und heut war er so schoen mit seinem Papa in nem rumliegenden Busreifen gelegen, da hat das super gepasst. Ahh, wie liebe ich dieses einfache Leben, vernab vom Stress, machen die Menschen hier ihre Arbeit. Wenn ich es richtig mitbekommen hab, dann haben beispielsweise die Maurer keine Vertraege, sie werden halt fuer die Tage bezahlt, die sie gearbeitet haben. Wenn sie mal keine Lust oder Zeit haben, bleiben sie halt daheim. In Deutschland oft unvorstellbar, aber fuer mich ne super Loesung, nicht ne bestimmte Stundenanzahl voll bekommen zu muessen, sondern zu arbeiten, wenn Arbeit da ist.

Mullaittivu Office, 16.02.06 19 Uhr, Bautag 16

Endlich hatte ich es auch wieder mal geschaft um halb 9 schlafen zu gehen.Nun, am Bautag 16 war ich schon viertel vor acht bei der Arbeit und bis mein Helfer eintraf hatte ich schon ausgeschalt. Die letzten 3 Teilstuecke Linthal beam (Ringanker) standen uns bevor, also wieder einschalen und auch 2 Boxen setzen. Halb 12 war alles betoniert. Dann gings weiter mit Mauern. Meine Finger der linken Hand hab ich diesmal mit Tesakreppband umwickelt, damit ich nicht noch mehr Schrammen krieg. Ein Teil Mittelwand haben wir bis Firsthoehe hochgezogen, auf den letzten 3 Steinreihen brauchte ich dazu ein Geruest, vor dem hat mich selber gegrausst. Auf den schmalen Planken, auf denen ich eh schon stand, nochmal 2 verrostete halbe Oelfaesser und ein paar Schalbretter drauf. Aber es ist alles gut gegangen. Der Kamin war als naechstes dran. Den hab ich wieder mal etwas anders gemauert als es ueblich ist, mein Helfer wies mich darauf hin, war aber zufrieden als ich meinte, ich mach dass nach meinem Stil. Mittlerweile vertraut er mir und wir koennen uns gut verstaendigen und das obwohl er, wie mir jetzt erst auffaellt, kein Wort Englisch spricht, es haut einfach hin. Beim Heimfahren sah ich, dass meine Maurer ein neues Haus angefangen hatten und sie setzten doch wirklich zuerst die Tuer- und Fensterrahmen, bevor sie mauerten, ist doch klasse, sie haben wirklich gelernt, bin stolz auf sie. So hatte es doch einen besonderen Sinn, dass ich nicht nur Geld gespendet hab, sondern lange Zeit direkt vor Ort dabei bin. In Mullaittivu hab ich mich noch mit einem Tamilen unterhalten, der fuer das deutsche Rote Kreuz arbeitet. Eine Fuchsschwanzsaege fuer meine Glaettkelle gab’s heute leider nicht, na ja, wird schon noch.

Mullaittivu Office, 17.02.06 19 Uhr, Bautag 17

Was wir nun am dringendsten brauchen sind Bukali (Steine mit Lueftungsschlitzen) ohne sie kann ich nicht mehr viel weitermauern. Hoechstens noch 3 Stunden. Haben heut schon ueberall ausgespart, damit wir wenigstens die ersten beiden Reihen ueber dem Ringanker mauern konnten. Es war heut eine Affenhitze, auf dem Boden und auch auf den Geruestbrettern kann ich kaum noch stehen, so heiss sind sie. Mir ist der Schweiss die ganze Zeit den Bauch runter in die Hose gelaufen, die hat ihn aufgesaugt und es sah aus, als haett ich in die Hos gepiselt. Auch das Hemd immerzu tropfnass und das, obwohl ich mich nur langsam bewegt hab. Das Thermometer zeigte um 2 Uhr 33,5 Grad. Der Kamin ist nun fertig und die letzte Stuetze haben wir auch betoniert. Endlich Schluss mit Boxensetzen. Am Abend bin ich noch zum Schmied, eine Saege hatte ich bekommen und aus der hab ich mir eine Glaettkelle zusammengeschweisselt. Zuerst haben sie ja komisch gekuckt in der Schmiede, aber dann hab ich halt einfach angefangen und ihnen immer gezeigt, was ich will. Eine halbe Stunde spaeter war sie fertig die Kelle, ist nur weng verzogen von Schweissen, da muss ich morgen noch ein Leistchen hinschweissen. Und einen Griff aus ner Dachlatte hat ich im Office auch gleich fertig. Schoen rundgeschnitzt, damit er gut in der Hand liegt.

Mullaittivu Office, 18.02.06 19 Uhr, Bautag 18

12 Stunden spaeter und das Leistchen ist dran, die Schmiede war schon auf, als ich auf Baustelle fuhr, also hab ich mich gleich an die Arbeit gemacht. War ja nicht viel, hat nur 15 Minuten gedauert. Auf Baustelle hatte ich heut nen anderen Laibour (Handlanger) meiner hatte Urlaub. (Kurzer Ausschweif: Pah, die letzten 2 Tage sind die Moskitos echt schlimm, wahnsinnig viele schwirren beim Schreiben um mich rum) Dieser Helfer war auch gut und er sprach auch weng Englisch. Von ihm hab ich erfahren, dass ein Handlanger etwa 4 Euro und ein Maurer um die 6 Euro am Tag verdienen, einen Liter Milch koennen die Bauern hier fuer ca. 20 Cent verkaufen. Ganz guter Preis find ich. Er meinte, pro Tag gibt ne Kuh um die 10 Liter Milch, das haett ich nie gedacht, bei den kleinen Eutern. Die Bukali sind heut gekommen und so sind wir super voran gekommen mit den Mauern. Noch eineinhalb Tage dann ist diese Arbeit geschaft. Die Hitze laesst nicht nach und als ich meinen Wasserkanister leer hatte und mal rein gekuckt hab, hab ich gesehen, dass es mal wieder Zeit ist ihn zu waschen, er setzt schon wieder Algen an,aber mit etwas Sand und Wasser rein und dann kurz schuetteln ist der gleich wieder sauber. Am Morgen hatte ich hohen Besuch auf Baustelle, ein Weisser. Ein Kanadier kam auf Baustelle, von Emnesty International glaub ich. Wir haben uns lange ueber meine Arbeit unterhalten und ich hab ihn viel zu wenig gefragt, hab immer zu viel zu erzaehlen wenn Menschen kommen, da komm ich meisstens nicht zum fragen. Mein 23ster Brief hat sich auch auf die Reise nach Deutschland gemacht, diesmal an die Sybille, verbringe taeglich mindestens eine Stunde mit Schreiben. Mein seelischer Druck hat sich etwas erhoeht, mein Hirn arbeitet ohne Pause:”was ist am wichtigsten, wie kann ich Zeit sparen, was muss ich alles in dies Buch schreiben, werd ich mit dem Haus fertig” Noch 2 Wochen, dann wird es denk ich besser, dann muesste die Hauptarbeit gemacht sein.

Teil 6

Mullaittivu sea (Meer) 19.02.06 17 Uhr Kein Bautag

Das Meer, ich hab es geschaft an dieses Meer zu gehen, am Morgen war ich wieder in Kilinochchi.Die Strassen waren in den Ortschaften alle paar Meter mit Beschriftungen wie “14 February, lovers day, Love is like a tsunami, love is true, usw” versehen. Am 14ten Februar ist ja Valentinstag, Lovers day eben und es ist wohl hier so, das boese Jugendliche da die Strassen beschriften. Franziska hat erzaehlt, das Frauen der LTTE versucht haben, die Schriften wegzuschruppen aber ohne Erfolg. Diesmal gab’s Strom im Office, also konnte ich meine E-Mails dort schreiben. Mr K.P.Regi, der TRO Chef war auch da, hab kurz mit ihm geplaudert. 37 ungelesene E-Mails erwarteten mich, die Haelfte davon Spam, aber auch viele schoene dabei. Geburtstagsmails von Freunden. Fuehl mich richtig wohl. Es denken so viele Menschen an mich. Auf der Tamilpressseite hatte mir ein Peter einen Komentar geschrieben, ich muesste mehr Journalismuss betreiben, weil ich die Probleme nur Tamilenseitig beschreib. Danke Peter, es ist mir wichtig solche Meinungen zu hoeren, aber es ist mir leider nicht moeglich im Sueden zu recherchieren. Ich kann die Probleme nur von hier sehen. Die Tamilpress Seite gibt mir immer die besten Nachrichten, sie sollen ja neutral sein heisst es. Zu kritisieren hab ich hier wenig, ich mag das Leben hier. Was vielleicht zu kritisieren waere, ist, dass Jungs und Maedchen und auch Mann und Frau nicht haendchenhaltend in der Oeffentlichkeit sein duerfen und auch Kuessen ist verboten. Dies ist etwas streng gehandhabt finde ich. Aber das stoert ja die Singalesen nicht, und hat fuer mich auch seine guten Seiten. Eine Nachricht hab ich gelesen, das Mahinda Rajapakse, der Sri Lankische Praesident, die Friedensgespraeche mit der LTTE nur unter der Bedingung fuehren will, dass ganz Sri Lanka regierungskontrolliertes Gebiet wird. Das ist fuer mich unvorstellbar, hier in Vanni auch noch ueberall Armee. Warum lassen sie den Tamilen denn nicht ihr Land? Schauen wir uns doch mal unser Industrieland Nr. 1 Deutschland an. Es ist gerade mal 16 Jahre her, dass wir vereint sind. Wir waren doch auch fast ein halbes Jahrhundert getrennt. Ich finde, sie sollten den Tamilen ihr Land lassen. Fuer die Tamilen selbst ist diese Grenze sowohl gut wie sogleich auch schlecht. Einerseits gibt sie ihnen (und im Moment auch mir) sehr viel Sicherheit, hier gibt es keine Uebergriffe von Soldaten auf Zivilisten. In den Tamilpress Nachrichten hab ich immer nur von Uebergriffen der Sri Lankan Armee auf tamilische Zivilisten gehoert. Von Uebergriffen der LTTE auf lingalesische Zivilisten ist mir nichts bekannt. Doch auch die LTTE veruebt Anschlaege, die ich auch verurteile, aber sie scheint das Volk in Frieden zu lassen, das oft nichts dazu kann und nur in Ruhe leben will. Die LTTE richtet ihre Anschlaege wohl eher gegen die Armee. Dies alles weiss ich nicht genau. Ich kann nur das interpretieren, was ich lese und hoere. Was ich gut finde, ist, das die TRO nun auch ein singalesisches Kinderheim gebaut hat. Hoffentlich folgen weitere solche Projekte, denn die Singalesen, das weiss ich von Florian, haben keine solche Organisation, im Sueden soll es noch immer sehr drunter und drueber gehen. Was ich von der Regierung gut finde, ist, dass sie auch hier in Vanni um die 80 Prozent der Beamtengehaelter bezahlt, (Postboten, Lehrer, Aerzte, …). Auch der Strassenbau soll von der Regierung getragen werden. Dies alles hat mir ein Freud hier erzaehlt.Dies ist eine Menge Geld, das solltet ihr euch vor Augen halten, meine tamilischen Freunde, wenn ihr das naechste Mal auf die Regierung schimpft, sie hilft euch auch, was ich eigentlich gar nicht verstehen kann. Wenn ich Praesident waere wuerde ich wohl kein Geld hier rein stecken, wenn ihr nen eigenen Staat wollt, aber da blick ich wohl nicht ganz durch, kompliziertes Staatssystem. Wenn ihr wirklich einen eigenen Staat haettet, wuerden diese Gelder wohl wegfallen, das wuerde viele Einschraenkungen bedeuten. Waere es nicht moeglich, sowas wie ein eigenes Bundesland zu machen, Waeren dann nicht alle zufrieden? Grenzen wueren wegfallen, ihr koennt euch auf bestimmte Weise selbst verwalten. Grundlegende Dinge macht der Staat und verwalten tut die LTTE, Armeetruppen bleiben draussen. Dies muesste doch moeglich sein. Letztes Jahr hat mir ein Tamile aus Deutschland gesagt, dass der Herr Prapakaran Deutschland als Vorbildland in seiner Vorstellung von seinem Land hat. Das wuerde ja passen. In 4 Tagen sind die Friedensgespraeche in Genf, hoffentlich wird da richtig entschieden. Nun mag ich aber auch mal auf die Nachteile der Grenze zu Vanni eingehen, die ich ja immer mit der Grenze vergleiche, die Deutschland Ost und West fuer ueber 40 Jahre geteilt hat. Wenn man Tamil eelam als Ostdeutschland sieht, wird der Nachteil fuer mich schnell offensichtlich. Waehrend in Westdeutschland das Industriewachstum flourierte, kam Ostdeutschland aufgrund des Grenzhindernisses und auch der Regierungsform nur schlecht voran. Sicher, die nicht so gute Entwichlung ist wohl am meissten auf auf die Regierungsform zurueckzufuehren, aber auch das Hinderniss der Grenze ist nicht zu verachten. Moderne Industrie, … siedelt sich halt mal lieber da an, wo Gueter frei transportiert werden koennen um Kosten zu reduzieren. Wenn man immer nen Tag Aufenthalt an einer Grenze hat und da auch noch alle Gueter 2 mal ab- und wieder aufladen muss, haelt das viele Industrieelle, … davon ab, sich dort anzusiedeln, was meiner Meinung nach fuer die Kultur wiederum nicht gerade schlecht ist. Aber dazu spaeter mehr. Die Zeit wird es von ganz alleine mit sich bringen, dass die Voelker hier aufeinander zu gehen koennen. Und zurueck zur Jugend. Wir hatten doch die sogenannten 68er, die Flower Power Zeit. Liebe GROSSGESCHRIEBEN. Waere es nicht moeglich, dass es hier die 2018er gibt, wenn die Zeit reif ist wird auch hier die Jugend aufstaendisch werden, da bin ich mir sicher. Und es wird nicht ewig dauern, denn im Gegensatz zu Deutschland damals haben die Kids hier ihre modernen Vorbilder. Hierher kommen immer wieder Europaeer, Amerikaner, Australier, Fluechtlingstamilen aus der halben Welt. Durch diese lernen die Menschen hier das andere Leben kennen. Die Entwichlung geht hier viel schneller voran als bei uns damals und ich weiss nicht, ob ich das gut finden will. Alleine auf dem Weg nach Kilinochchi heute, Es gibt ja mittlerweile ein paar Maehdrescher hier, die Arbeit, fuer die noch vor kurzem 10 Menschen ein bis zwei Tage ihren Lohn und Zeitvertreib hatten, macht nun eine Maschine in in ein bis zwei Stunden. Den Lohn hat nur noch einer. Klar, dadurch haben es die Menschen einfacher, die Arbeit ist nicht mehr so Schwer. Aber was haben sie denn davon? Viele werden immer aermer, da sie keine Arbeit und somit keinen Lohn mehr haben, waehrend einige wenige immer reicher werden und wieder eine groessere Maschine kaufen koennen und somit noch mehr Menschen die Arbeit wegnehmen. Haben wir nicht genau diese Entwicklung schon durchgemacht? Wo sind wir denn nun hingekommen mit unserem Wirtschaftswunder Deutschland? Mit der Industrialisierung und Mechanisierung. Klar, die Arbeit ist koerperlich viel leichter, gerade bei uns daheim ist die Arbeit koerperlich viel leichter geworden. Als ich noch ganz klein war hatten wir fuer verschiedene Arbeiten auf dem Hof Helfer aus der Nachbarschaft (Ruebenhacken, Kartoffelernte, Klee aufbocken, Weinlese). Heute machen viele dieser Arbeiten Maschinen, es ist koerperlich leichter, das Geld, das frueher die Nachbarn bekommen haben steckt jetzt in Maschinen. Aber wer will heute schon noch die Arbeit auf dem Feld machen? Wenn mein grosser Traum in Erfuellung geht, dann werd ich es schaffen unseren Biohof irgendwann in der Zukunft mit anderen Menschen zusammen zu bewirtschaften und wieder ein Stueck in der Moderne zurueckzugehen. Wenn wir es in Deutschland nicht schaffen die Mechanisierung zu stoppen werden unsere 5 Mio. Arbeitslose noch mehr werden. Viel mehr. Oder wir fuehren es wieder ein, dass nur einer der Eheleute auf Arbeit geht. Das ist naemlich auch so ein Thema. Das ganze Arbeitslosigkeitsproblem koennte meiner Meinung nach mit einem Schlag geloesst werden, indem einer daheim bleibt. Stellen wir uns doch mal vor: Kinder koennen wieder in Ruhe grossgezogen werden, man hat wieder Zeit ihnen Werte zu vermitteln und viele Familien muessten sich nicht darum streiten, wo der dritte Jahresurlaub verbracht wird. Die Arbeitslosigkeit sinkt, wir muessten viel weniger Abgaben zahlen, da die Empfaener wegfallen und haben am Ende mehr pro Arbeitstag uebrig. Streitigkeiten werden weniger wenn der Mann abends die Frau daheim empfangen kann, wenn er die Ruhe hat ihr zuzuhoeren wenn sie gestresst von der Arbeit heimkommt. Er hat den Tag ueber was mit den Kindern unternommen, damit sie nicht vorm Fernseher verbloeden und verfetten. Da sie mit ihm zusammen die Hausarbeit machen, lernen sie im Spiel kochen, aufwaschen, Hausarbeit. (Ich hab es so gelernt, ich hab immer geholfen, und als ich als Zivi im Wohnheim die ersten Male fuer 12 Personen kochen musste hab ich versucht mich an meine Kindheit zu erinnern, wie es die Mama damals gemacht hat. Hat super geklappt). Da wir weniger Abgaben zahlen sind wir zufriedener und muessen nicht andauernd auf en “boessen” Staat schimpfen. (zur Erinnerung: der Staat sind wir). Und da wir wieder gutes Geld verdienen, koennen wir auch wieder im kleinen Tante Ema Laden was kaufen und muessen nicht Montag um 8 gestresst vor der Discountertuer stehen um auch ja im “Geiz ist Geil” Wahn das angebliche Schnaeppchen (Die Qualitaet laesst eh oft zu wuenschen uebrig) zu erstehen, waehrend wir andere Gegenstreiter mit den Ellbogen bekaempfen. Ist das alles ein Wunschtraum von mir? Geht dass gar nicht mehr im Deutschland des 20sten Jahrhunderts? Ist meine Ansicht veraltet? Es ist schon so, dass wir uns, teilweise mit Scheuklappen, Stueck fuer Stueck ueber Jahre diese “Probleme” selber geschaffen haben und auch, wenn wir an einem Strick ziehen, wuerde es auch wieder Jahre dauern und viel Ausdauer benoetigen (Wer verdient schon freiwillig weniger und verzichtet auf nen Auslandsurlaub?) bis wir da sind, wo wir sein wollen, in einem Sozialstaat, der wieder sozial ist, wo nicht einige arbeiten und arbeiten, und andere sich ein schoenes Leben machen und sich bezahlen lassen. Wo wieder alle Arbeit haben, wo das Geld auch hier ausgegeben wird, wo man seinem Nachbarn wieder was goennt, wo Eltern wieder zu Hause gepflegt werdenund nicht ins Altersheim abgeschoben werden, wenn sie alt sind, wo man Kindern wieder das Leben lehrt, wo man miteinander redet, … Dazu wuerde mir noch so viel einfallen, lasst eure Fantasie doch auch noch etwas ausschweifen, was waere euer Traum vom Leben? Stress Arbeit, Urlaub, Arbeit Urlaub, Altenheim, Sterben, oder wollt ihr mehr? Ich habe viele Freunde, einige von ihnen koennen mir komischerweise selten was erzaehlen, wenn wir uns treffen, waehrend ich immer ne lustige Geschichte aus meinem Leben  zu berichten hab. Zurueck zu meiner Vorstellung eines Staates, da gibt es wohl noch ein Problem, wer soll den damit anfangen, sich zu Gunsten seines naechsten zu aendern? Ich? Du? Warum nicht der andere? Ich selbst behaupte mal, diesen Weg eingeschlagen zu haben, ich habe freiwillig auf Arbeitslosengeld verzichtet und zahle auch freiwillig meine 122 Euro Krankenversicherung pro Monat selbst. Ich mache niemand anders fuer meine Situation verantwortlich, auch keinen Staat, denn ich hab es selbst in der Hand wie du auch, behaupte ich mal. So, genug davon, ich war am Meer sitzengeblieben und schreib hier nun schon wieder ne Stunde. Bin schon ca. 2 km am Meer entlanggelaufen. Wie schon am Anfang dieses Buches beschrieben sind die 100te Krebse nun 100ten von Fischerbooten gewichen, fuer mich ein trauriger Anblick. Nur ab und zu noch ein Krebs und meistens nur ganz kleine. Es ist das Einkommen der Fischer, ist schon klar und ich ess den Fisch hier ja auch ganz gern, aber haben wir deshalb das Recht Leben auszuloeschen? Gott hat gesagt: “Macht euch die Erde untertan” hat er es so gemeint? Wenn ein Tier das andere frisst kann es nichts dafuer, es kann nicht denken, es ist seine Natur. Wir Menschen koennen denken und sollten Leben eigentlich erhalten. Heute morgen erst hab ich wieder 3 Moskitos aus meinem Netz frei gelassen und nicht erschlagen, auch wenn sie mich geaergert hatten. Die Mucken, die mich taeglich aergern erschlag ich auch nicht, sondern verscheuch sie nur. Sie koennen ja nix dafuer, es ist ihre Natur. Und so versuch ich immer Leben zu erhalten, wie es sich gehoert. Das Rauschen der Wellen ist ueberwaeltigend, diese Energie, erzeugt von einem lauen Lueftchen. Hier am Strand liegt immernoch viel Muell rum, obwohl es geht eigentlich. Hinter mir gibt es grad einen paradisischen Sonnenuntergang, den werd ich nun noch per Bild einfangen und dann geht’s heim. Lukas und Franziska hab ich vorhin besucht, sie haben mein Tagebuch vom letzten Jahr in 2 Tagen durchgelesen. Franziska ist abends langweilig, sie hat mich nach weiteren Buechern gefragt, ich bring ihr nachher noch da Buch von Reinhard Eroes vorbei, ich komm eh nicht zum lesen.

Mullaittivu Office, 19.02.06 21 Uhr

Aber erstmal Abendessen und nen Brief an Sabine schreiben. Dazu hab ich ein neues Getraenk ausprobiert. Zwetschgenschnapszitronensaftzuckerwasser, schoen sauer, schmeckt super. Der Lukas und seine Franziska, das sind schon 2 die ins Leben passen. Sie haben mir die Geschichte erzaehlt, wie sie sich kennengelernt hatten und wie Lukas Franziska von Indonesien nach Deutschland “entfuehrt” hat. Franziska stammt naemlich aus Indonesien und haette dort eingentlich einen Polizisten heiraten sollen, den sie aber nicht mochte. Eine abenteuerliche Geschichte, erzaehlt von einem Mann, dessen Gottvertrauen anscheinend meinem gleicht. Ja, Lukas scheint auch recht gut auf unseren Schoepfer zu vertrauen. Und lachen koennen die beiden fast ueber alles. Es ist schoen hier solche Menschen zu haben. Sie haben mir auch von ihren ersten 2 Wochen in Kilinochchi erzaehlt. Eine Woche bevor sie ankamen hatte die Nachbarin der Vermieterin ihr erstes Kind bekommen. Eine ganz arme Familie und wohl auch unerfahren mit Kindern. Franziska hat ihnen geholfen, mit Waschen, verpflegen, usw. Und ihnen auch Handtuecher und Babysachen geschenkt. Ihre kleine 3 jaehrige Tochter hatte ihr Lieblingshandtuch mit nem Teddy drauf und Seife und Shampoo gepackt und es dem Baby geschenkt, von sich aus wohlbemerkt. Waehrend sie das erzaehlten sah ich, dass Lukas Traenen in den Augen hatte, so hatte ihn diese Geschichte der Armut dieser Familie und dem guten Herzen seiner Tochter wohl geruehrt. Ich war mit dem Radl zu Lukas gefahren, im Office haetten wir das Schloss fast nicht auf bekommen. Das ist schon eine Unsitte mit dieser Abschliesserei hier. Ich fuhr im Stockdunkel bis mir ein Motorrad Geleitschutz gab und mir leuchtete. Heimwaerts wieder das selbe. Ich konnte den Weg nur erahnen. Bei Piragalathans Bruder hab ich noch mene Kamera abgegeben, er ist Lehrer und moechte sie beim Sportfest nutzen. Ist mir ja nicht ganz wohl dabei, aber er wird schon aufpassen.

Mullaittivu Office, 20.02.06 19 Uhr Bautag 19

Ein Tag mit nur 31 Grad und diese 2 Grad machens voll aus. Kaum geschwitzt. Angenehmes Klima. Und fast alle Maurerarbeit geschaft.Nur noch 2 Stunden. Zuerst haben wir die hohen Mauern gemacht und am Nachmittag dann die niedrigen. Hatte wieder den Helfer vom Samstag. Er ist gut, der Zement war fast immer super, bis auf 2 Eimer, die waren Suppe. Meine Speisschuessel ist murinscht (beendet) hinueber, der Rand unten ist durchgewetzt. Eine Waschschuessel ist halt doch nur bedingt zum Mauern geeignet. Macht nix, fuer 180 Ruppee (1,5 Euro) hab ich am Abend eine Neue erstanden. Eine meiner neuen Hosen hab ich zum aendern gebracht, der Schneider macht mir die Knie weng enger. Ein Tintenfass und Spritze zum Auffuellen meiner Tintenpatronen gab’s auch in Mullaittivu Town. Meine Patronen sind naemlich fast alle leer (2 Packungen) und dann brauchte ich noch Bananen. War also ein richtiger Shoppingabend. Am Morgen hatte ich beim Aufgeben des Briefes an Sabine 2 Briefe ausgehaendigt bekommen. Einer von Maja und einer von Christin. Ach, es ist so schoen Briefe zu bekommen. Und auch das Aufgeben der Briefe im Postoffice, wo mich alle kennen.

Mullaittivu Office, 21.02.06 18 Uhr Bautag 20

Und dann passiert es mal wieder wie heute, dass mir Piragalathan auf dem Fahrrad entgegenkommt und mir strahlend einen Brief uebergibt. Ich hatte uebrigens am Vorabend meinen Foto wieder gesund erhalten, von 3 strahlenden Bruedern, die trotz ihrer ueber 20 Jahre gluecklich wie die Kinder gewesen waren den Foto einen Tag nutzen zu duerfen. Diesmal war der Brief von Mama, Papa und Regina. Ein seltsames Gefuehl, einen Brief der eigenen Mutter und Schwester zu lesen. Habt ihr schon mal nen Brief von euerer Mama gekriegt? Sie waren sehr schoen zu lesen, sie haben wohl viel Liebe mit reingelegt in ihre Worte, meine Lieben. Solche Gefuehle fuer meine Eltern und meine Schwester hatte ich noch nie, seltsam aber schoen. So langsam weiss ich gar nicht mehr, wem ich zuerst antworten soll. Ist viel zusammengekommen die letzten Tage. Auf Baustelle wars heut etwas leichter. Die letzte Mauer war schnell vollendet. Nun war erstmal saubermachen angesagt. Alle Waende pruefen, ob sie korekt sind zum Verputzen und dann den kompletten Fussboden stubenrein fegen. Es waren schon 2-3 Schubkarren Dreck, also, nun ist’s sauber zum Verputzen. Nach der Mittagspause haben Aja (So nennt man hier aeltere Leute, und mein Helfer ist schon 49) und ich die Abdeckplatten fuer den Kamin, den Gottestisch und die Letzten 3 kleinen Betonstuetzen betoniert und dann noch alle Hauswaende “getraenkt” (etliche Eimer Wasser hingeschuettet) damit der Zement besser aushaertet und mein Putz beim Auftragen genug Wasser zum Abbinden hat und nicht aufbrennt. Beim Auskehren und Waessern hat uns Ama fleissig geholfen. In der Stadt hab ich nach ueber einer Woche endlich wieder mal ne Ananas bekommen.

Mullaittivu Office, 22.02.06 19.30 Uhr, Bautag 21

Nach dem Abendessen hab ich wieder mal 2 Stunden auf die Tastatur des Computers eingehaemmert. Hab den Sonntag abgetippt. War schon ne Masse Buchstaben, ihr habt’s ja gelesen. Am Montag hatte ich Micha nicht erreicht, also hab ich mich um viertel vor 9 noch auf den Weg ins Telecomunikationcenter gemacht. Sie war daheim und wir haben wieder lange telefoniert. Als ich aus der Telefonbox rausgekommen bin war mein Hemd tropfnass geschwitzt, immer diese Affenhitze in den Telefonboxen. In Deutschland ist es nun auch weng waermer, nachdem sie einen eiskalten Winter hinter sich haben, mit Unmengen Schnee in Suedbayern. Die Eishalle, die in Bad Reichenhall wegen zu hoher Schneelast eingestuerzt ist, hab ich ja noch mitbekommen. Nun soll auch noch ein E-Center und paar andere Daecher eingestuerzt sein. Zum Schlafen bin ich wieder erst um 10 gekommen, so langsam ist mein Schlafbedarf auch geringer, hab mich wohl an die Arbeit gewoehnt. Nun ging’s ja los mit Verputzen. In der Stadt hab ich am Morgen noch eine Plane zum unterlegen gekauft, 8 Quadratmeter fuer3 Euro, sauteuer, da haett ich ja bestimmt nen Zentner Reis bekommen. Na ja, egal. Am Morgen haben wir dann zuerst das obere Stueck der firebox (des Kamins) innen verputzt. Dann kam die Betonabdeckung drauf und das Dach wurde modeliert. Mein Aja hatte fuer die erste Mischung Putz den Maurersand verwendet, da sind lauter Kiesel drin, bin fast verrueckt geworden, aber nachdem das Kamindach fertig war war dieser Putz fast leer. Mit feinem Putz (sind trotzdem ab und zu kleine Steine und Wurzeln drin) ging’s dann besser weiter mit Kaminverputzen, nach der Mittagspause haben wir dann noch eine Innenwand mit 8,5 Quadratmeter geschaft. Insgesamt waren es also 15 Quadratmeter von ca 250, die wir verputzt hatten. Gute Leistung bin sehr zufrieden. Feierabend war erst um viertel sieben, es wurde schon dunkel.

Mullaittivu Office, 23.02.06 19.30 Uhr, Bautag 22

Einen Brief an Christin hab ich noch geschrieben bevor ich Schlafen gegangen bin. In der Nacht bin ich mal aufgewacht und konnte dann lange nicht mehr einschlafen. Frueh war ich dementsprechend muede, meine Beine taten weh beim radeln. Es stand viel auf meinem Plan fuer diesen Tag. 20 Quadratmeter Putz, vier Waende und eine Tuerlaibung wollte ich schaffen. Hat auch wieder super geklappt, nur die Tuerlaibung machte etwas Schwierigkeiten. Hat aber am Ende auch funktioniert. Ab 3 Uhr haben ein paar meiner Finger angefangen zu schmerzen. Der Zement hatte die Haut weggebissen. Dieser verflixte Zement, bin ich froh, wenn ich wieder daheim bin und wir das Haus fuer meine Eltern mit Lehm verptzen. Da bat man abends immer schoene Babyhaende und nicht so rissige und offene Pfoten. Da ich unbedingt mein Ziel an diesem Tag erreichen wollte haben wir um halb 5 die vierte Wand angefangen. 7 Quadratmeter. Haetten wir besser lassen sollen, den beim Abreiben hab ich fast nix mehr gesehen. Aber geschaft. Um halb 7 war Feierabend, 4 aufgebissene Finger hab ich nun, deshalb hab ich mein Puttu am Abend auch ohne Curry (so nennt man hier die Beilagen, die immer sehr scharf sind) gegessen um die Finger ein wenig zu schonen. War schon genug die Zitrone fuer mein Erfrischungsgetraenk auszudruecken, haett fast geschriehen.

Mullaittivu Office, 24.02.06 19 Uhr Bautag 23

Tagebuchschreiben, in den Computer tippen, am Morgen einen Brief an Micha anfangen zu schreiben, all das fuegt mir momentan ganz schoen Schmerzen zu, aber ich hab’s gemacht. In der Apoteke in der Stadt hatte ich 2 Paar Einweghandschuhe bekommen. Wollte eingentlich 3 Paar, aber mehr gab’s nicht. Beim Anziehen hab ich gemerkt, dass sie zu klein sind. Wenn ich die Finger spreizte sind sie wieder zusammengeschnalzt. Aber es ging. 20 weitere Quadratmeter Putz standen auf meinem Plan, das sind uebrigens um die 400 kg, die wir da pro Tag verarbeiten. Da muss mein rechtes Handgelenk ganz schoen was leisten. Bis zum Mittag hatte ich die 2 Paar Handschuhe ruiniert. Und geschwitzt hab ich wieder, wie ne Sau. Diesmal war nicht nur das Hemd so nass, dass es tropfte, nein, auch die Hose war bis zum Fussbund tropfnass. Hab leider nicht aufs Thermometer geschaut, aber durch die Feuchtigkeit im Putz ist’s nun wirklich wie im Dampfbad. Da hilft nur trinken, trinken, trinken. In der Mittagspause bin ich ins Hospital geradelt. Dort bin ich ja zum Glueck bekannt wie ein bunter Hund. Es war keine Schwierigkeit 10 Paar Handschuhe zu bekommen, sie haben gepasst und waren auch von besserer Qualitaet. 2 Packungen Messsticks fuer den Accu Check (Blutzuckermessgeraet) des Krankenhauses hatte ich noch von Deutschland dabei, die hab ich der Frau Doktor gleich uebergeben, dann zurueck auf Baustelle. Um halb 5 hatten wir unsere zweite Wand fertig, endlich mal wieder eher Feierabend. Einige Nachbarn kamen vorbei und wir haben uns noch ein wenig unterhalten. Schon gut, mein Aja als Uebersetzer. Das Fuessewaschen ist schon verhext hier, erst konnte ich sie nicht richtig waschen, weil ich dort Wunden hatte, jetzt sind meine Finger verwundet und ich muss wieder aufpassen. Wird aber schon langsam besser. Einer meiner Maurer hat uns am Morgen ca. 4 kg Bananen an ner Staude vorbeigebracht. Sie waren noch gruen. Am Abend waren sie schon meistens gelb, Wahnsinn, wie schnell das hier geht.

Mullaittivu Office, 25.02.06 20.30 Uhr Bautag 24

Dieser Tag fing damit an, dass ich um 8 noch 20 Minuten aufs Fruehstueck warten sollte. Abhacken, Zu spaet. Hab gesagt, ich kauf mir in der Stadt ein Brot und ess auf Baustelle. Gesagt getan. Mein Aja wartete schon auf mich. Hab schnell ein Sieb aus ner Dachlatte und nem Drahtgeflecht, dass ich am Vortag in der Stadt gekauft hatte, zusammengebaut. Da es aber zu klein war hat der Aja ein Grosses im Maurerstore geholt. Nun siebt er den Sand vor dem Mischen und so hab ich keine Probleme mehr mit Unrat im Sand. Haben den Kamin aussen und eine Wand mit 8 Quadratmeter geschaft, mehr als ich vorhatte. Insgesamt haben wir nun 70 Qadratmeter fertig, 170 sind noch zu verputzen. Also noch 10 Tage + 2 Tage fuer die Kleinigkeiten, dass wird eng, dass wir alles fertigbekommen, 10ter Maerz ist mein Stichtag, da muss alles fertig sein. Vielleicht sollte ich ne Stunde eher aufstehen, dann schaffen wir 5 Qadratmeter pro Tag mehr. Aber nun ist erstmal Sonntag.

 

Mullaittivu sea, 26.02.06 17 Uhr, Bautag 25

Also wieder frueh Waesche und um 8 ab nach Kilinochchi. Die Luft war wieder erfuellt mit dem Duft von geerntetem Reis. Einige Bauern waren auf den Feldern, doch die meisten Felder sind nun abgeerntet. Es stehen nur noch Stoppeln da und Kuehe grassen darauf. Auf einem Feld waren ein paar Bauern damit beschaeftigt, ihren Reis von Staub und Strohresten zu befreihen. Dazu hatten sie an die Zapfwelle ihres Traktors einen Deckenventilator gebaut (1 Meter Durchmesser), in den Luftstrom liessen sie den Reis fallen, die leichteren Bestandteile wie Staub und Stroh fliegen weiter weg, der Reis faellt eher zu Boden, somit ist er grob gereinigt. Auf einem anderen Feld hatten ein paar Bauern eine Art Dreschmaschiene aufgebaut, auf der einen Seite wurde der Reis (noch am Halm) eingeworfen, auf einer zweiten Seite flog das Stroh im hohen Bogen heraus und auf einer dritten Seite fiel der Reis direkt in Saecke. Wie jeden Sonntag sah ich auch heute ein paar LTTE Tigerfrauen, die mit ihren MP’s am Weg patroillierten. Was ihre Arbeit fuer einen Sinn hat, wissen sie bestimmt selbst nicht, ich kann auf jeden Fall keinen erkennen. Was ich auch jeden Sonntag auf diesem Weg hab, ist Gesichtslaehmung. Normal hab ich die ja nur, wenn ich zu viel getrunken hab, hier hab ich auch im nuechternen Zustand ein Dauergrinsen im Gesicht haengen, da ich immerzu gegruesst werde und natuerlich auch zurueckgruesse, schoen so wie es hier Sitte ist, mit einem Kopfschuetteln, letztes Jahr am Anfang meiner Zeit hier dachte ich ja, sie wollen damit nein sagen, aber es ist hier das Zeichen sowohl fuer einen Gruss, sowie auch fuer das Wort ja. E-Mailen musste heute schnell gehen, ich war in Eile, da ich mir vorgenommen hatte am Mittag noch die eine halbhohe Wand zu verputzen. Es wird naemlich so langsam eng mit meiner Zeit und so setz ich mich selbst unter Druck. Auf der Tamilpress Seite haben sie ueber die Friedensgepraeche in Genf berichtet, sie sind gut verlaufen, ich hab euch mal die Berichte auf meinen USB-Stick kopiert um sie hier einzufuegen.

"Offizielle Erklärung der beiden Konfliktparteien Sri Lankas"

Fri 24/02/2006 by bp // TAMILPRESS.COM

Der norwegische Minister für internationale Entwicklung, Erik Solheim, veröffentlichte gestern Abend in Genf ein Statement im Namen der srilankischen Konfliktparteien, der Regierung Sri Lankas (GoSL) und den Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE).

Erklärung

Sri Lanka Gespräche

22.-23. Februar 2006, Genf, Schweiz

Die Regierung Sri Lankas (GoSL) und die Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) trafen sich in Genf am 22. bis 23. Februar 2006 zu Gesprächen über das Waffenstillstandsabkommen.

Die Seiten diskutierten Fragen bezüglich des Waffenstillstandes, einschließlich der Besorgnisse der muslimischen, singhalesischen und tamilischen Zivilisten.

Die GoSL und die LTTE verpflichten sich, das Waffenstillstandsabkommen zu respektieren und aufrecht zu erhalten, und bestätigten wieder ihre Verpflichtung, vollständig mit der Sri Lanka Monitoring Mission (SLMM) zu kooperieren und dessen Entscheidungen zu respektieren.

Die GoSL und die LTTE verpflichten sich dazu, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass es keine Einschüchterungen, Gewalttaten, Entführungen oder Morde gibt.

Die LTTE verpflichtet sich dazu, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass es keine Gewalttaten geben die Sicherheitskräfte und die Polizei gibt. Die Regierung Sri Lankas verpflichtet sich dazu, alle notwendigen Maßnahmen gemäß dem Waffenstillstandsabkommen zu ergreifen, um sicherzustellen, keine bewaffnete Gruppe oder Personen außer den Sicherheitskräften der Regierung Waffen tragen oder bewaffnete Operationen durchführen werden.

Die GoSL und die LTTE diskutierten alle Fragen in Bezug auf das Wohlergehen der Kinder im Nordosten, einschließlich der Rekrutierung von Kindern.

Die SLMM wird bei der nächsten Sitzung der Gespräche über die Umsetzung der obigen Vereinbarungen berichten.

Die Seiten ersuchten die schweizer Regierung, die nächste Runde der Gespräche in Genf am 19.-21. April 2006 auszurichten.

"Politisierung der Kinderrechtsfrage vermeiden"

Fri 24/02/2006 // TAMILPRESS.COM

In der zweiten Sitzung des ersten Tages der Gespräche zwischen den Liberation Tigers und der Regierung Sri Lankas in Genf am 22. Februar 2006 sagte S. P. Thamilchelvan, dass der Vorwurf der Rekrutierung Minderjähriger gegen die LTTE trotz seiner Relevanz für das Waffenstillstandsabkommen (CFA) im Kontext des 20jährigen Krieges und der andauernden Verletzung der Kinderrechte während dieser Periode gesehen werden muss.

Auszüge des Erklärung von Thamilchelvan auf der Webseite des LTTE-Friedenssekretariats folgen:

Selbst nach vier Jahren Waffenstillstand gibt es nach zwei Dekaden des Krieges keine Normalität im Leben der Bevölkerung. Kinder haben ihre Eltern verloren, wurden zu Tausenden getötet und verstümmelt, ihre Schulen und Gebetsstätten durch Bombardierungen zerstört. Die Delegation der Regierung Sri Lankas, die über das Wohlergehen der Kinder spricht, wird die wirkliche Situation nur verstehen, wenn sie die betroffenen Gebiete besucht und selber sieht.

Vor kurzem wurden fünf Studenten brutal von Streitkräften der srilankischen Regierung ermordet. Ein fünfzehn Jahre alter Junge, der bei seinen Eltern schlief, wurde von Kräften der srilankischen Regierung schreiend aus seinem Schlaf gerissen und erschossen. Universitätsstudenten und Lehrer wurden angegriffen. Wir möchten darauf hinweisen, dass als Resultat der ethnischen Gewalt, die von Ihrer Regierung entfacht wurde, tausende Kinder getötet wurden.

Kinder kommen in unsere Gebiete, um Schutz vor der Besatzung unseres Heimatlandes durch die srilankische Armee (SLA) und der folgenden Angst zu suchen. Unsere Organisation betreut diese Kinder zu Tausenden in Kinderheimen und stellt sicher, dass sich ihrer erzieherischen und anderer Bedürfnisse angenommen wird.

Anstatt zu versuchen, diese Bedingungen, in denen Kinder aufwachsen, zu verbessern, ist die srilankische Regierung mehr daran interessiert, Geschichten über minderjährige Jugendliche zu lancieren, die unserer Organisation beitreten. Wir arbeiten mit UNICEF zusammen, um die Kinderrechte zu fördern und zu schützen. Wir haben ein besonderes Komitee im LTTE-Friedenssekretariat eingesetzt, um dies weiterzuentwickeln. Wir haben bei verschiedenen Anlässen auf die fehlerhaften Angaben der UNICF bezüglich minderjähriger Jugendlichen in der LTTE hingewiesen. Wir haben ebenfalls die Überstellung von Jugendlichen zu ihren Familien fortgesetzt, die als minderjährig identifiziert wurden. Wir haben UNICEF auf diese Fehler aufmerksam gemacht, und UNICEF hat dies akzeptiert.

Da die Friedensdividenden die Kinder nicht erreichen, leiden sie unter Armut, dem Verlust ihrer Eltern, dem Mangel an Ausbildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten und der Unmöglichkeit, in ihre eigenen Heime zurückzukehren. Kinder, die in Schulen in von der Regierung besetzten Gebieten gehen, sind Überprüfungen und langen Verzögerungen ausgesetzt. Dies hat bei den Kindern zu Ängsten geführt. Viele haben Schutz in unseren Gebieten gesucht.

Die meisten Vorwürfe von Eintritten Minderjähriger in die LTTE kommen aus dem Osten. Mehr als 2.000 minderjährige Jugendliche, die gegen die Anordnungen unserer Führung von Karuna, der für sein Fehlverhalten später von unserer Organisation ausgeschlossen wurde, wurden ihren Eltern übergeben. Dies zeigt, dass unsere Organisation die diesbezüglichen internationalen Standards respektiert.

Viele 14, 15 und 16jährige, die von der nun mit der srilankischen Armee zusammenarbeitenden Karuna Gruppe entführt wurden, haben die Wahrheit ans Licht gebracht, dass sie in Camps der srilankischen Armee trainiert wurden.

Es ist dringend erforderlich, sich um das Wohlergehen der vom Krieg betroffenen Kinder zu sorgen und die richtigen Maßnahmen zu ergreifen, um eine adäquate Ernährung, Ausbildung und die Lebensstandards ihrer Eltern sicherzustellen. Es ist falsch, aus den Problemen der Kinder ein polisches Thema zu machen, um politische Vorteile zu erzielen.

Those who are truly concerned about the welfare of children must refrain from selecting NorthEast and LTTE as their subject and instead turn their attention to the serious child abuse and child slavery that is going on in large scale in the south.

Da es keine Klausel im CFA gibt, die Rekrutierungen verbietet, ist dies kein Thema, das dem Mandat der SLMM unterliegt. Stattdessen ist es besser, die bei der SLMM eingegangenen Beschwerden an die Organisationen zu übergeben, die sich direkt [mit diesen Problemen] befassen, und das sind unsere Organisation und UNICEF.

Diejenigen, die wirklich um das Wohlergehen von Kindern besorgt sind, müssen davon Abstand nehmen, den Nordosten und die LTTE herauszupicken und stattdessen ihren Augenmerk auf den schwerwiegenden Kindesmissbrauch und die Kindersklaverei lenken, die im großen Ausmaß im Süden stattfinden.

"Hoffnung auf Frieden in Sri Lanka, Tamilen und Regierung reden!"

Thu 23/02/2006 // TAMILPRESS.COM

Der internationale Druck ließ beide Seiten vor einem Monat neuen Gesprächen zustimmen. Ein erster wichtiger Erfolg. Und seitdem ging die Gewalt deutlich zurück. Das gibt Hoffnung für die Verhandlungen in Genf. Doch gleichzeitig warnen Beobachter vor allzu großem Optimismus. In Genf wird zunächst lediglich über die Einhaltung des Waffenstillstands gesprochen.

Auch Sri-Lanka-Experte Nagaion Manoharan dämpft die Hoffnungen: "In diesen Gesprächen geht es um einen ersten Schritt. Beide Seiten stehen unter Druck, sich irgendwie darauf zu einigen, wie man die Gewalt verringern kann. Wenn die Grundprinzipien des Waffenstillstands dann umgesetzt werden, ist das bereits ein großer Erfolg.

Dann könnte es direkte Gespräche geben." Dann erst käme das eigentliche Thema auf den Tisch: ein Friedensabkommen, der künftige Status der Tamilengebiete. Doch der Weg dahin ist weit. Beobachter erwarten allenfalls kleine Schritte.

Die internationale Gemeinschaft ist gefordert

Eine zentrale Rolle kommt dabei der internationalen Gemeinschaft zu. Nicht nur den Vermittlern aus Norwegen, sondern Europa insgesamt, den USA und Japan. Gastgeber die Schweiz deutete weiter Unterstützung Richtung frieden an.

Sie sollten den Druck aufrechterhalten, ohne zu polarisieren, empfiehlt Sri-Lanka-Experte Manoharan mit Blick auf die Tamil-Tiger der LTTE: "Es hilft nichts, die Liberation Tigers of Tamil Eelam als Terroristen zu brandmarken und auszugrenzen. Sie haben enorme Unterstützung in der Bevölkerung. Sie sind nur einen Schritt vom eigenen Staat entfernt. Gleichzeitig darf man ihnen nicht völlig nachgeben. Die internationale Gemeinschaft sollte bestimmte Signale geben: tut ihr dieses, unterstützen wir euch - tut ihr jenes, dann drohen wir euch."

In Genf geht es erst einmal darum, ein gewisses Grundvertrauen zwischen LTTE und Regierung wiederherzustellen. Ein Erfolg wäre da wohl schon, wenn man weitere Gespräche vereinbarte, und es in den Spannungsgebieten inzwischen relativ ruhig bliebe.


 

Ja, so sieht es im Moment aus, es gibt auch mittlerweile viel weniger Nachrichten ueber Attentate und Uebergriffe der Armee. Bitte betet mit mir,dass alles gut wird und die Menschen hier nach ueber 2 Jahrzehnten endlich ihren entgueltigen Frieden bekommen. Ich wuensche es ihnen. Auf meinem Stendenkonto hat sich nicht viel getan, nur 10 Euro mehr, aber immerhin 10 Euro. Danke an den Spender. In meinem Postfach dagegen voller Betrieb, 48 neue E-Mails, 15 davon gute Mails, der Rest Spam. Friederike hatte mir geschrieben, das es schoen ist jeden Sonntag neues zu hoeren, sie ist seit Kurzem in Muenchen in der Uni als Aerztin beschaeftigt und wohl noch weng fremd, da scheint es fuer sie eine Wohltat zu sein, von Freunden zu hoeren. Wenn ich im Fruehling die Heike in Muenchen besuch, dann werd ich auch mal bei ihr vorbeischauen. Richard hatte mich gebeten, bevor ich nach Deutschland zurueckgehe, ob ich da noch mal in Kalutara bei ihrem Kinderheim vorbei kann. Ich will es versuchen, es stand ja von Anfang an auf meinem Plan. Aber es wird sehr eng. Um 12 sass ich schon wieder auf dem Motorrad Richtung Heimat. Diesmal hatte ich das neue Motorrad bekommen, so konnte ich mal schaun, wie schnell ich fahr. Es waren tatsaechlich meistens so um die 60 kmh, wie ich geschaetzt hatte. Bevor ich ins Office fuhr bin ich schnell auf Baustelle vorbei. Die Zimmerer waren auch wirklich da, wie meine TRO Jungs es mir am Vortag gesagt hatten, die ersten Kanthoelzer lagen schon auf den Mauern. Da sie meinten, dass sie 3 Tage brauchen, hab ich mich entschieden, heute nichts zu arbeiten, da wir eh eigentlich auf die Zimmerer warten muessen um weiter verputzen zu koennen. Statt dessen bin ich in den Cooldrinkshop am Camp und hab mir nen Cooldrink gegoennt. Dann schnell ins Office, das Motorrad zurueckgeben, Tagebuch und Briefmappe schnappen und ab ans Meer. Bin heute nicht weit gekommen hier, es liegen einfach zu viele schoene und noch schoenere Muscheln hier rum. Bin ganz langsam gelaufen und hab ganz genau gekuckt um auch wirklich die schoensten zu finden. Da kann ich Alexandra ne exta schoene mitbringen, oder sogar zwei oder drei. Und auch fuer ein paar andere Freunde sind ein paar dabei. Doch so schoen dieser Anblick auch ist, so traurig ist er doch eigentlich. Schliesslich sin des alles tote Tiere, die hier rumliegen und die ich gesammelt habe. Wenn in einer Muschel noch Leben drin war hab ich sie zurueck ins Meer geworfen. Auf einer ganz besonders schoenen waren lauter komische Dinger, sahen aus wie Korallen. Die hab ich fotographiert und dann auch dem Meer zurueckgegeben. An einem schattigen Platz hab ich mich gesetzt und geschrieben, erst nen weiteren Brief an meine Micha und einen an Enrico und dann Tagebuch. Ist schon ne komische Situation, einerseits vermiss ich die beiden und will schnell zurueck zu ihnen, andererseits wuensch ich mir ne Woche mehr Zeit hier um alles zu erledigen und zwar ohne Zeitdruck. Aber am Ende wird es passen. Muss unbedingt mal wieder in meinem Kriegerhandbuch lesen, damit ich meine Ruhe wiederfinde. Gut dass es die Sonntage gibt, sonst wuerdet ihr dies Buch wahrscheinlich bald weglegen, weil ich bestimmt jeden Tag viel aehnliches schreib. Die naechsten beiden Wochen kann ich euch fast nur vom Verputzen berichten, aber ich werd mich bemuehen, das es interresant bleibt. Lukas hat mir letztens gesagt, dass er ein Buch liest, in dem beschreibt ein Mann die Flora und Fauna auf Schottland waehrend seines Urlaubs dort. Er schrieb wohl immer das selbe, die schoenen Blumen, … Hoffentlich ist es nicht so fuer euch, dass ich immer das selbe schreib. Dass ich mich oft wiederhole ist klar, es ist haltmal oft tagelang die selbe Arbeit, aber ich versuch immer ne Abwechslung rein zu bekommen.

Mullaittivu Office, 27.02.06 19 Uhr, Bautag 26

Es gibt ja immer wieder viele Kleinigkeiten zwischendurch zu berichten. Da ich mich ja unter Druck setze und den dann schnell wieder los werden will, hab ich mich dazu entschlossen, nun immer um 7 Uhr mit der Arbeit zu beginnen. Bis mein Aja kam hatte ich schon alles vorbereitet und Sand gesiebt. Fruehstueck brachte mir der Store room Boy vom Office um 8. Wir legten also los, nur diesmal ist mir ein Missgeschick passiert, ich hab mit der falschen Wand angefangen. So musste ich den ganzen Tag in der Sonne arbeiten. Am Samstag war ich besser, da hab ich immer im Schatten arbeiten koennen, weil ich die 3 Seiten des Kamins im Norden begonnen hab, dann Ostseite, dann Suedseite, immer schoen im Schatten. Aber auch am Samstag ist mir ein kleines Missgeschick passiert, da hatte ich vergessen, das letzte Stueck Putz zu glaetten. Vielleich kann ich es ja noch ausbessern. Und nach dem Streichen sieht man es eh fast nicht mehr. Also heute halt den ganzen Tag Sonne, aber trotzdem wieder um die 20 Quadratmeter. Die Zimmerer sind erst mittag um halb 3 gekommen, wie auch das Essen meines Helfers. Also war heut erst um halb 3 Mittagspause. Etwa zu der Zeit kam auch Piragalathan vorbeigeradelt und hat mir 4 Briefe in die Hand gedrueckt. Von Caro, Maja, Eva und von meiner Micha. Alle, bis auf den von Micha hab ich in der Mittagspause gelesen, der von Micha war einfach zu dick, 14 Seiten, den werd ich gleich in aller Ruhe lesen. Wie hatte ich noch letzte Woche in dem Buch gelesen, was die Richtschnur fuer echte Liebe ist:

>“Was kann ich tun, damit unsere Beziehung noch besser wird? Und da wird klar, dass ich mehr tun muss als mein Partner, dass ich den anderen-menschlich geredet-uebertreffen will an Selbstlosigkeit, an kleinen Aufmerksamkeiten, an Guete und Verstaendnis.”<

Darin liegt fuer mich schon lange der Sinn des Lebens, andere, insbesondere meine Frau/Familie gluecklich zu machen und dabei selbst guecklich zu sein. Ja, und meine Micha, die hat es geschafft mich zu uebertreffen, der Brief fuer sie, der heute frueh seinen langen Weg im Briefkasten des Mullaittivu Post Office angetreten hat, hat nur 8 Seiten. In den anderen 3 Briefen waren auch lauter liebe Sachen gestanden. Caro hatte mir einen Spruch mit rein geschrieben, der wiedermal genau auf meine Situation gerade passt, als ob sie wuesste, wie ich mich grad fuehl.

“Wachsen heisst, ueber das Hinauszugehen, was Du heute bist. Verlasse Dich auf Dich selbst. Ahme nicht nach. Tu Nicht so, als haettest Du das Ziel erreicht und ueberstuerze nichts. Versuche einfach zu wachsen” Swarni Prajnapad

“Ueberstuerze nichts, versuch einfach zu wachsen”, Ich glaub, dass hab ich heute frueh wieder begriffen, ich muss einfach kontuniierlich weitermachen, Mehr wie arbeiten kann ich nicht. Der Satz: “Ahme nicht nach” ist fuer mich nicht bedeutend, ich schaue zwar immerzu ab, aber nur, um von anderen zu lernen und es nach Bedenkzeit besser zu machen. Nachahmen tun so viele Menschen, mit Scheuklappen der Mode, u.s.w. nachlaufen, aber dieses Thema hatten wir ja schon am Sonntag vor einer Woche. Es war also doch wieder ein interresanter Tag, Besucher waren auch wieder genug da, darunter ein Tamile, der fuer’s Deutsche Rote Kreuz arbeitet, sie bauen hier 3 Haeuser. Hab ihm gleich Tipps uebers Bauen gegeben, da er der Maurerboss ist. Und ueber Tamil eelam haben wir uns unterhalten, er war recht jung, etwa 24. Er findet das Staatssystem hier zu streng, moechte raus und hat mich gefragt, ob er mit mir nach Deutschland kann, das fragen mich uebrigens viele hier. Hab ihm geantwortet wie den anderen allen auch, dass ich alleine nach Deutschland gehen werde, aber wenn er hin will, dann soll er halt kommen, er ist halt dann auf sich alleine gestellt. Hab ihm auch erklaert, dass ich finde, dass er hier im Paradies lebt, und froh sein sollte. Obwohl, je laenger ich hier bin, desto mehr muss ich sagen, dass es fuer mich hier keine ewige Zukunft waere, vielleicht wuerde es anders aussehen, wenn Micha und Enrico dabei waeren, und ich zu Hause auf unserem Hof nicht gebraucht wuerde, ich weiss es nicht. Auf jedenfall geniese ich die Regellosigkeit hier, keine Berufsgenossenschaft am Bau, keine Helmpflicht beim Motorradfahren, Einfach einfach. Auf jeden Fall scheint es fuer die Jungs hier nicht so einfach zu sein, ist auch schon bloed, wenn ich mich mit meiner eigenen Freundin nicht haendchenhaltend in der Oeffentlichkeit zeigen darf. Einer unserer Officebuben hier (etwa 23 Jahre) hatte am Wochenende Besuch von einem Freund, etwa so alt wie er, die beiden hab ich die drei Tage nur haendchenhaltend und nebeneinandersitzend turteln sehen, ist schon komisch, die waren wie zwei frisch verliebte teenies. Das heisst aber jetzt nicht dass sie schwul sind, ne, das ist hier ganz normal, das Jungs untereinander haendchenhalten, so wie auch Maedels untereinander. Selbst hochrangige 50 jaehrige Maenner vom Headoffice in Kilinochchi haben mich schon bei der Hand gehalten, am Anfang fand ich es seltsam, aber man gewoehnt sich an alles. Das Heimfahren gestaltete sich etwas schwierig, die Strasse wo wir immer fahren hatte ne neue Schicht Grabl (ist wie lehmiger Schotter) bekommen und war noch nicht verdichtet. Meinen Aja nehm ich ja immer auf dem Gepaecktraeger mit zu seinem Haus. Sind oefters mal ganz schoen ins Schlingern gekommen. Beim Abstellen meines Radl’s im Office meldete sich wie jeden Tag an dieser Stelle meine Blase, ist schon komisch, den ganzen Tag muss ich nicht pinkeln (ausser an dem Regentag) erst wenn ich mein Rad hier abstell drueckts.

Mullaittivu Office, 28. 02.06 19 Uhr Bautag 27

Das ist halt so eine Gewohnheit. Es ist schon was, wie sich der Koerper an verschiedene Dinge gewoehnt. So z.B. hatte ich am Anfang meiner Zeit hier Probleme mit dem Fahrradsattel, mein Hintern hatte wehgetan. Mittlerweile hab ich da gar keine Probleme mehr. Das ist auch gut so, denn wenn ich wieder zu Haus bin will ich dort auch wieder oefer mit dem Rad fahren, hauptsaechlich, wenn ich abends zu Micha fahr, das sind 12 Kilometer, gut zu schaffen. Eine weitere neue Gewohnheit hier ist, dass ich immernoch keine Unterhose trag, erinnert ihr euch ans letzte Tagebuch, im letzten Jahr hatte ich meine Unterbumbel ja 82 Tage an, hat euch beim Lesen bestimmt gegrausst, aber wie geschrieben, ich hatte sie ja jeden Tag am Koerper gewaschen. Dieses Hoesle hab ich dieses Jahr auch wieder dabei, es ist ja mein Badehoesli, ich trag es immer zum Duschen am Brunnen und haengs dann wieder an die Leine. Haett ich ja nie gedacht, das ich damit zurechkomm, so ohne was drunter, aber es ist schoen, es zwickt nix und die Waesche kann ich mir auch sparen. Und noch eine weitere neue Gewohnheit, die mir zeigt, das sich der Koerper auf viele einstellen kann. Meine Schlafgewohnheit. Am Anfang konnte ich auf meiner Matte nicht auf der Seite liegen, es war zu hart, jetzt geht das sehr gut. Kreuz- und Gliederschmerzen kenn ich nicht, hatte ich hier noch nicht. Und auch mein Schneidersitz klappt immer besser, da ich ja oft beim Tagebuch und Briefeschreiben auf dem Boden neben meinem Stuhl sitz, erstens kann ich da meinen Saram (Nationaltracht, Rock fuer Maenner) schoen ueber die Beine tun und es stechen mich dadurch keine Moskitos an den Beinen und zweitens bin ich da meinen Hopsis (Froeschen) naeher, die mich ja fast jeden Tag besuchen, mal einer, mal zwei, manchmal auch vier. Eine Gewohnheit hab ich diese Woche aufgegeben, meinen Sonnenaufgang kann ich nun morgens nicht mehr beobachten, ich hab nicht etwa meinen Schlafplatz verlegt, nein, ich steh nun ja vor der Sonne auf, um um 7 Uhr beim Haus meines Aja zu stehen und ihn abzuholen. Um sieben an der Kreuzung hatten wir am Vortag ausgemacht, dann fahren wir gemeinsam auf Baustelle, er hinten auf meinem Gepaecktraeger. Aber auch um 10 nach 7 war er noch nicht da, ich sass wie auf Kohlen, die 2 groessten Waende warteten auf uns. In dem Haus, wo er wohnt sagten mir die anderen Maurer, dass er in der Stadt ist um Brot zu holen. Und ich sass da mit meinem Bauchwehzeitdruckgefuehl. Bin dann alleine auf Baustelle gefahren, hab mein Geruest gebaut und den ersten Speis gemischt. Dann kam er angelaufen, um halb 8. nun schnell loslegen. Hat auch super geklappt, diesmal war auch eine Stuetze mit zu verputzen, nicht einfach. Aber es ging. Auf dem Mittelstueck, wo die ganzen Bukali auszusparen sind bin ich ins Stocken geraten, diese Ebene wollte einfach nicht fertig werden, da ich ja auch noch ueber eine kleine Mauer steigen musste um das kleine Stueck ausserhalb auch gleich mitzumachen. Nach unten ging es wieder besser, nur die Stuetze mochte mich nicht. Der Putz fiel wieder raus, es war zu wenig Zement drin um auf Beton zu verputzen. Also wieder die unteren eineinhalb Meter wegkratzen und mit mehr Zement noch mal machen. Es war schon 1 Uhr und mir war klar, dass wir die zweite Wand nicht mehr schaffen. Und meine Lust liess eh zu wuenschen uebrig. Erstmal musste ich mich in ein Eck setzen und ruhen, mich dem goettlichen Licht ueberlassen. Ich war ausgebrannt, war kurz vorm Durchdrehen. Wollte nur noch heim nach Deutschland, sah keinen Sinn, ein Anfall von Depri. Und dass, obwohl noch 2 Stunden vorher eine Frau gekommen war, die sagte, dass unser Haus das schoenste weit und breit ist und alle Leute und Maurer kommen, um zu schauen. Ja, dass war schon ein schoenes Kompliment, es ist schon wichtig, dass ich da bin, aber es ist halt sehr viel grad fuer mich. Nach einer ausgedehnten Mittagspause, in der mein Aja tief und fest geschlafen hat und ich Michas Brief ein zweites Mal gelesen hab, haben wir dann noch die Feuerstelle ausgemauert. Sie besteht aus dem Betontisch, auf dem ein Podest gemauert ist, in das 2 runde Oeffnungen eingelassen sind, in ihnen wird von vorn mit Holz gefeuert und oben stellt man die Toepfe drauf. So hatten wir am Abend doch keine Zeit verloren wie ich am Anfang dachte und Gedanken darum, wie ich die Feuerstelle mach, muss ich mir auch nicht mehr machen. Mein Aja hatte die lange Pause und den gemuetlichen Nachmittag auch bitter noetig, der hatte den ganzen Sonntag Fussboden betoniert. Wenn er nicht bald ne Pause macht klappt er mir noch zam. Der Brief von Micha war wieder wundervoll zu lesen, es ist fast wie ein Tagebuch, so kann ich an ihrem Leben teilhaben, auch auf die grosse Entfernung. Nach Feierabend hab ich mit ihr telefoniert, wollt ich am Vortag schon machen, aber da gab’s keine Leitung. Es ist immer so ne Sache im Telecomunicationcenter, erst bin ich voller Ungedult, weil ich lange warten muss, wenn Leute vor mir lange telefonieren, oder viele vor mir da sind und dann telefonier ich ewig und andere muessen warten (meist 30-40 Minuten). Micha will im August mit Sana (Eine afrikanische Freundin von ihr, die Geld fuer eine Kirche und ein Kinderheim in Afrika sammelt) ein Afrikafest im Roemerhof aufziehen, scheint was groesseres zu werden, wuerd mich freuen, euch alle dort zu treffen, ist fuer nen guten Zweck, irgendwann im August, steht dann bestimmt in der Zeitung. In Deutschland hat es wiedermal geschneit, Regina, meine kleine Schwester hat heute Geburtstag, nun ist sie schon 13 und Faschingsdienstag ist auch noch. Das ist das zweite Jahr, wo ich diesem Spektakel aus dem Weg gegen kann, weil ich hier bin. Ist mir ganz recht so. Heute sind zwei Drittel meiner Zeit hier um, Naechste Woche um diese Zeit werd ich mich denk ich wohler fuehlen, da weis ich hoffentlich, dass ich fertig werde und zwar inclusive Streichen. Bis dahin wird mich wohl ein staendiges Bauchwehgefuehl begleiten. Na ja, werds’s ueberleben. Mit den Zimmerern bin ich nicht so recht zufrieden, die sind so dermassen langsam, das ist zum aus der Haut fahren, morgen frueh muessen sie es unbedingt schaffen, die eine Ecke Balken zu montieren, sonst zerstoeren sie mir beim Nageln wieder meinen Putz. Eigentlich sollte das Dach ja heut abend fertig sein, na ja, auch das wird noch werden.

Mullaittivu Office, 1.03.06 18 Uhr, Bautag 28

Nur die Ruhe bewahren. Abschalten hat am Abend ganz gut geklappt, nur gut, dass es Briefe gibt. Regina war dran, das Geburtstagskind. Und um 9 hab ich geschlafen. Frueh bin ich fast nicht aus dem Bett gekommen, aber als ich dann die 2 Fuhren Sand aus meinen Augen gerieben hatte hat alles in mir wieder gezappelt, nur schnell los. Diesmal war mein Aja puenktlich, und um halb 8 waren die ersten Kellen Putz an der Wand. Keine Stuetze diesmal, nur eine Innenrundung, fuer die hatte ich auch ein besonderes Werkzeug gefunden, einen Loeffel, um die Rundung schoen glaetten zu koennen, was ich nicht so alles in meinem Rucksack mit mir rumschlepp. Deshalb ging es heut auch viel schneller voran. Nur am Morgen, da hatte ich nen kurzen Anfall mit ein paar Kraftausdruecken an die Wand gerichtet. Es war zu wenig Zement im Putz und so hat er nicht gehalten, hab’s Aja erklaert, ganz ruhig und 2 Eimer spaeter war die Mischung wieder optimal. Meine Kraftausdruecke hab ich nicht gegen Aja gerichtet, er kann ja nix dafuer, das ich manchmal weng spinn, nachdem ich wieder runter war von meinem “Ich schmeiss gleich alles hin” Trip, hab ich ihm erklaert, dass ich manchmal weng krank im Hirn bin. Bei unserer zweiten Wand war die eine Geruestplanke weng kurz, Krach hat’s gemacht und ich und meine Speiswanne waren eineinhalb Meter tiefer. Totalschaden, die Wanne war hin, ich hab’s in meiner Geistesgegenwart irgendwie geschafft, mich an dem einen Holz festzuhalten, fragt mich nicht wie, ich kann’s mir selbst nicht erklaeren, auf jeden Fall ist mir ueberhaupt nix passiert bei dem Absturz. Einer der Zimmerer hat mir sein Mopet geliehen und so war 10 Minuten spaeter der erste Putz in der neuen Schuessel, die ich in Mullaittivu schnell gekauft hatte und weiter ging’s bis zum Abend. Die Zimmerer waren auch gut fleissig, alle Balken sind drauf und eine Seite ist auch schon gelattet.

Mullaittivu Office, 2.03.06 19 Uhr, Bautag29

Der Abend verlief wie gewohnt hektisch, es waren wieder einige Seiten abzutippen, hab bis 9 Uhr gebraucht. Dann schnell Essen und gleich schlafen. Der nun folgende Tag war ein voll Power Tag, 26 Quadratmeter verputzt. Wieder 2 offene Finger weil die Handschuhe immer so schnell kaputt gehen und ich zu geizig bin neue zu nehmen und diesmal auch 2 Wunden an den Zehen, dass ist gar nicht gut. Bis jetzt blieb mir das zum Glueck erspart aber nun ist es doch so weit. Verantwortlich dafuer mach ich den Regen heute, ja, um 12 hat es angefangen zu regnen, hat aber zum Glueck nach 20 Minuten wieder aufgehoert, waere sonst ne Kathastrophe geworden, das haette meine Wand zerstoert. Als es angefangen hat, hab ich den lieben Gott ganz doll gebeten, dass er e s wieder aufhoeren laesst, ist ja eigentlich nicht meine Art, normalerweise sag ich immer: “Wie du willst, so lass es geschehen”, aber heute war es einfach wichtig, dass es aufhoert. Und er hat mich erhoert, es hat aufgehoert. Dadurch, dass der heruntergefallene Zement am Boden nun nass war, war er noch agressiver als sonst und hat meine Fuesse aufgebissen. Morgen halt vorsichtiger. Die Zimmerer sind nun mit den Holzarbeiten fast fertig, nun muessen sie nur noch Ziegel drauflegen, ist interresant mit ihnen am Bau, Abwechslung. Wie viele andere, so haben auch sie mich gefragt, was das fuer Baendchen an meinen Fuessen sind und auch ihnen hab ich die Geschichte von dem armen Fischer erzaehlt, der beim Tsunami seine ganze Familie und sein Hab und Gut verloren hat. Ihn hab ich noch nicht treffen koennen, weil ich die Adresse nicht mit hab. Waere es wichtig, ihn zu treffen? Ich mess dem nun mal keine so grosse Bedeutung zu, kann nicht alles machen. Grad ist wieder mal Fliegeralarm, sind sehr aggressiv heute die Luftangriffspiloten. Die schiessen heut scharf. Was ich meine sind Moskitos, die stechen grad ganz schoen arg. Gegen Abend hatten wir besonderen Besuch am Bau, zwei Deutsche von Roten Kreuz. Das rote Kreuz baut 3 Doerfer mit der Weltbank zusammen auf haben sie mir erzaehlt und sie sind zum Beaufsichtigen da. Sie haben mich auf ein Bier an nem Sonntag in Kilinochchi eingeladen, mal schaun, Sonntag in ner Woche koennte es klappen. Da kann ich mir die Zeit bestimmt nehmen. Und noch ein Besucher ist mir auf dem Nachhauseweg entgegengekommen, Shiva von TRO-Germany, mit ihm hatte ich telefoniert, als ich in Deutschland meinen Trip geplant hab. Er ist fuer 2 Wochen hier und besucht die Projekte, die TRO-Germany unterstuetzt.

Mullaittivu Office, 3.03.06 17 Uhr, Bautag 30

Grundsaetzlich gesehen haette ich mich ja gerne noch laenger mit ihm unterhalten. Und doch war ich froh, dass er nur wenig Zeit hatte, denn auch meine Zeit war wieder sehr begrenzt. Warum? Franziska, Lukas Frau hatte dreisigsten Geburtstag und ich war eingeladen. Diese Fete wollte ich mir natuerlich nicht entgehen lassen. Geduscht hab ich waehrend ich mich mit Shiva unterhalten habe, so bin ich auch endlich zu meinem Duschfoto gekommen. Als Shiva gegangen war noch schnell Tagebuch schreiben und los gings ins Hill Country von Mullaittivu. Lukas und seine Familie wohnen naemlich auf dem hoechsten Berg in der ganzen Gegend, eine Erhebung von ca 10 Hoehenmetern, wenn ueberhaupt. Franziska hat sich gefreut, dass ich doch gekommen bin, obwohl ich am Sonntag sagte, dass es nicht sicher ist. Ca 40 Leute waren da, es gab Bier, selten hier, Reis mit viel Curry (Beilagen) darunter auch richtige Haenchenschenkel, etwas, das es hier eigentlich nicht gibt, hier wird alles ganz klein gehackt (Lustig, grad beim Korekturlesen hab ich bemerkt, dass ich statt “gehackt” “gekackt” geschrieben hab, lustiger Verschreiber, oder? Obwohl, wenn man sich’s bildlich vorstellt). Und eine Fruchtbowle mit Ananas, Apfel, Bananen und nem Schuss Arak gab’s, sehr lecker. Ich bin nur bis halb 10 geblieben, erstens, weil ich schon im Stuhl eingeschlafen bin und zweitens, weil am naechsten Morgen um 6 die Nacht vorbei ist. Als dann auch um punkt 6 mein Wecker klingelte kam’s mir so vor, als waer ich aus Blei, Schwer. Aber es half nix, auf, los gehts. Aja abholen und auf Baustelle. Bei der Fahrt dorthin meinte Aja schon, dass das Klima regnerisch ist und auch ich hab die Schwuele gespuert. Wir fingen an zu arbeiten und um halb 11 begann es auch schon zu schuetten. Den einen fertigen Teil der Wand konnte ich durch eine Plane retten, aber 2 Quadratmeter waren verloren, die hat der Regen runtergewaschen. Die Zimmerer hatten sich in den Kamin gesetzt, da ist ja schon ein Dach drueber, Aja war ins Materiallager gegenueber gefluechtet. Ich hab mich auf die Kuechenmauer gelegt und hab mich nassregnen lassen. Nach ner halben Stunde bin ich zu den Zimmerern und wir haben zusammen Album und Tagebuch angeschaut. Um 12 Uhr klarte es ein wenig auf und wir machten weiter, Die Zimmerer deckten das Dach, Aja mischte Speis und ich mischte den heruntergefallenen Speis neu auf und began von neuem. Meine Nerven waren ganz ruhig, komisch, da hab ich tagelang ein Zeitdruckbauchwehgefuehl und dann bin ich ganz ruhig wenn ich sehe, wie es meine Wand wieder runterwaescht. Danke lieber Gott, dass du mir diese ungeheuere Kraft und Geduld gibst. Nur das Wasser, vermischt mit dem Zement am Boden gab mir zu denken, ich hatte zwar meine verwundeten Zehen schon mit Tesakrepp verbunden, aber dass nuetzt bei so einer Giftbruehe auch nix. Es begann auch wieder zu regnen und kurz vor Fertigstellung fiel ein halber Quadratmeter wieder von der Wand. “Wele murunschide” (Feierabend) sagte ich ganz ruhig. “Aja, take the shable and put Sandu outside” (Aja, nehm die Schaufel und schaff den Speis raus) Ich hab die Ansaetze noch begradigt und dann haben wir alles saubergemacht. Dies alle geschah mit so einer ungeheueren Ruhe meinerseits, dass ich selbst ueberrascht war. Es ist wohl, weil ich grundsaetzlich den Regen sehr mag und weil ich vielleicht wieder kapiert hab, dass ich nicht so wichtig bin, dass es auch ohne mich fertig werden wuerde, oder, dass ich zur Not die Besuche in den Kinderheimen ausfallen lassen kann und so noch 5 Tage mehr Zeit hab. Nun noch schnell Mittagessen und dann ab nach Hause. Hab Aja nach Hause gebracht, bin dann noch schnell meine noetigen Sachen kaufen gegeangen, unter anderem wieder 10 Kuvere, 30 sind schon verschickt, und dann ins Office. Dort hab ich erst meine Kleider, dann meine gesammelten Muscheln und dann mich gewaschen. Dann ging’s ans Schreiben, einen Brief an Mama und Papa, dabei hab ich “Pur” gehoert, beim Lied “Weist du Papa ich hatte dich lieb” hatt’s mich geschuettelt und ich hatte Traenen in den Augen, ja, ich hab schon die besten Eltern die man sich wuenschen kann und ich freue mich, bald wieder bei ihnen sein zu koennen. Nach dem Brief war Tagebuch schreiben dran. Insgesamt schon wieder 2 Stunden. Mein Hopeprojekt Tagebuch ist nun uebrigens voll, nun gehts weiter mit nem Sri Lanka Ecerxice book, karriert, 22 Tage, bevor ich wieder daheim bin. Dieser Regentag hat auch wieder seinen Sinn, es fehlen mir zwar 12 Quadratmeter Putz, aber ich hab wenigsten mal ein bisschen langsamer gemacht

Mullaittivu Office, 4.03.06 18 Uhr, Bautag 31

Es werden wohl auch noch ein paar Seiten werden. Hab mal ueberschlagen, 200 DIN A5 Seiten Tagebuch und ca 110 DIN A4 Seiten Briefe hab ich bis jetzt geschrieben, dass sind ca 40-50 Stunden Schreiben mit dem Fueller und nochmal 50 Stunden Abtippen des Tagebuches. Schon ne kleine Leistung. Am Haus gearbeitet hab ich ziemlich genau 300 Stunden bis jetzt, 30 Tage a 10 Stunden. Davon heute nur 2 Als ich frueh um 7 aufbrach hat es wieder geregnet. Hab mich dann erstmal bei dem Haus untergestellt wo Aja untergebracht ist, er wohnt dort mit noch 15 anderen Maurern und Helfern. Sivanan, der Maurerboss war grad da und sie diskutierten. Aja hat mir uebersetzt, dass es drum ging, dass einige von ihnen zufiel Todi (Palmwein) trinken. Er meinte, sie groelen dann nachts oft rum und ihre Arbeit ist nicht gut. Ich hab gleich Sivanan gefragt, ob ich ab Montag noch nen Trupp Maurer zum Aussenwandverputzen haben kann, den alleine mit Aja schaff ich es nun nicht mehr, erstens werden meine Glieder von Tag zu Tag schwerer und zweitens haben wir durch den Regen zu viel Zeit verloren. Er schickt mir nun am Montag noch nen Trupp. Als es um 8 Uhr aufgehoert hatte zu regnen sind wir auf Baustelle. Verputzen wollte ich nicht anfangen, dazu war noch zu viel Wasser im Haus und meine Fuesse sind noch nicht heil genug. Aber Ziegel an den Walmen beschneiden, das war moeglich. Aja schockte mir die Ziegel hoch, die noch da waren und los gings. Bei uns daheim wuerd ich da je Seite ungefaehr ne halbe Stunde brauchen, von der Walmkante 2 Ziegel ruebermessen, abflexen und Zwei Ziegel dazwischendecken. Diese Technik hab ich mir waehrend meiner Ausbildung als Gas- Wasserinstallateur von den Dachdeckern abgekuckt. Hier geht das weng langsamer, mit dem Hammer jeden Ziegel so lange behauen, bis er passt. Zwischendurch brechen natuerlich manche an der falschen Stelle und ich musste von neuem anfangen, manche drei mal. Die Qualitaet der Ziegel ist unterschiedlich, manche besitzen die Haerte wie unsere Ziegel in Deutschland.Viele aber scheinen mit sehr niedriger Temperatur gebrannt zu sein sind sehr poroes und brechen sehr leicht. Und geregnet hat es wieder in Stroemen. Nach 2 Stunden hatte ich alle Ziegel, die noch am Bau waren aufgebraucht und eine von 4 Walmseiten fast fertig. Hab mein Fruehstueck mit Aja geteilt, weil seines nicht gekommen ist. Und gefrohren haben wir alle beide. Das hatte einfach keinen Zweck, also noch schnell am Brunnen gegenueber ein paar Eimer Wasser ueber mich schuetten, denn ich sah aus wie ein Schlachter durch das Ziegelrot und das Wasser. Und dann hab ich Aja nach Hause gebracht und bin auch gleich heim gefahren. Dort war wiedermal ein Bett zur Seite geruckt und es tropfte Wasser vom Dach herunter. Hab mir 2 der TRO Jungs geschnappt und das Bett hochkant gestellt. Es sind Eisenbettgestelle, und so konnte ich es schoen als Leiter nutzen und hab den Ziegel wieder in Richtung geschoben, Problem erledigt. Einer der beiden Jungs zeigte mir gleich das naechste Leck. Dort musste ich an der Kehle einen neuen halben Ziegel einschieben. Und dann sind wir zu zweit aufs Dach und haben ne halbe Stunde lang die Plane, die ueber das Dach gespannt ist wieder festgeschnuert, denn der Wind hatte sie schon boese zugerichtet. Nun ne Dusche, Das Wasser im Brunnen war schoen warm, bestimmt 3-5 Grad waermer als das Regenwasser. Das Regenwasser muesste ja ungefaehr so warm sein wie die Luft, heute 27 Grad, das wuerde ja heissen, dass das Brunnenwasser um die 30 Grad hat, ganz schoen warm. Nach der Dusche hab ich wiedermal die Briefe meiner Micha gelesen, alle miteinander die sie mir bis jetzt geschickt hat und dann, die folgenden 2 Stunden war ein Brief an Micha dran mit Schreiben. 12 Seiten dick ist er + eine Seite fuer Enrico. Es ging einfach so, ich hab geschrieben und geschrieben. Als ich fertig war und telefonieren gehen wollte, meinten die TRO Jungs: “Line cut” (die Leitung ist abgeschnitten). Das ist schon das zweite mal diese Woche. Na ja, egal. Da sie fragten, ob wir ein Gruppenfoto machen haben wir eins gemacht und noch eins und dann mit jedem separat noch eins und noch eins mit jedem auf dem Motorrad, ist ne richtige Sesion geworden.

Mullaittivu Office, 5.03.06 17 Uhr, Kein Bautag

Der restliche Abend war ausgefuellt mit Computerarbeit und Essen. Das uebliche halt. Nun folgte wieder ein Sonntag. Diesmal ein ruhiger Sonntag ohne Zeitdruck. Als ich auf mein Termometer/Hygrometer schaute traute ich meinen Augen nicht, 28 Grad, das ist ja normal frueh um 7 Uhr, aber 95 Prozent Luftfeuchte, das war schon extrem. Fruehstueck gab’s erst um 9, so hatte ich vorher etwas Zeit in meinem Buch zu lesen und mit den Officejungs Album anzuschaun. Auf den Weg nach Kilinochchi konnte ich mich mit einem frisch reparierten Mopet machen.. Blinker, Hupe, Tachometer und Zuendschloss waren repariert worden. Und das alles fuer 80 Euro hat man mir erzaehlt Es war eine voellig entspannte Fahrt, mit 40-50 kmh die 60 km fahren, musste an Christin denken, die einige Zeit mit dem 50er Roller von Dettelbach nach Ochsenfurt auf Arbeit gefahren ist. Sie hatte halt den Nachteil, dass es kalt war, hier ist es warm, da macht das schon mehr Spass. Ich hab es endlich geschafft, die Ochsenkarren, die Fahrraeder mit den vielen Bananen drauf und die Kuehe am Weg zu fotografieren. Letztere liegen mir immer besonders am Herzen, es ist wie Balsam fuer die Seele, wenn ich Kuehe sehe, da fuehl ich mich daheim, da huscht ein Grinsen ueber meine Lippen und ich sag: “Na Hammerli”, mit Kuehen verbindet mich sehr viel, ich bin halt doch mit ihnen gross geworden. Wie lange will ich das nun schon machen, diese Fotos und immer hatte ich mir gesagt “Keine Zeit-spaeter”, kennt ihr den alten Song: “Spaeter, wann ist das hab ich ihn gefragt, er hat nur gelacht und hat spaeter gesagt, obwohl ich ihn liebe liess ich ihn allein, spaeter, da kann es zu spaet fuer mich sein… und spaeter, das ist zu spaet gewesen” Es liegt viel Wahrheit in dem Song. Paulo Coelho sagte unter anderem den Satz: “Wir sollten uns von der Vorstellung von Tagen und Stunden loesen und der Minute wieder mehr Aufmerksamkeit zollen.” Diese beiden Saetze haben zwar nicht viel miteinander zu tun, sind aber beide recht sinnvoll. Dadurch, dass ich es oft schaffe, jeden Augenblick zu leben und nicht nur oberflaechlich wahrnehme, in dem Wahn “ich muss dies und jenes noch schaffen” kommt mir mein Leben sehr lang vor, so ist es fuer mich schon fast eine Ewigkeit, die ich hier bin und auch meine Beziehung mit Micha kommt mir schon ewig vor, obwohl wir erst seit Juni oder Juli zusammen sind. Diese Wahrnehmung ist wohl auch darauf zurueckzufuehren, dass ich meine Tage immer voll ausfuelle und nicht Stunden vor dem Fernseher vergeude. Der schnelllebigen Welt ausweichen, ja ich glaub, das kann ich ganz gut. In Kilinochchi musste ich eine Enttaeuschung hinnehmen, im TRO Office ging das Internet nicht und im Rest der Stadt war die Stromversorgung zusammengebrochen. Ich hatte also keine Chance, meine Internetarbeiten zu erledigen. “Dann morgen halt nochmal Kilinochchi” dachte ich in aller Gemuehtsruhe, das gibt mir auch die Moeglichkeit nach Vavunija zu fahren und die restlichen Spendengelder auf der Bank abzuheben. Also ist es letztendlich wieder ganz recht so, Heute habe ich sowieso die Anwesenheit unseres Gottes ganz deutlich gespuert, er hat mir die Chance fuer meine Fotos gegeben, er hat den Strom ausfallen lassen und er hat mir meine Ruhe zurueckgebracht. Noch rechtzeitig, dass ich nicht zusammenbrech und dass ich hier vieles ueberdenken kann und auch all die Sachen noch erledigen, die mir wichtig sind. Dass ich mit dem Haus alleine fertig werde, das hab ich ja schon aufgegeben, dafuer reicht meine Kraft nicht mehr aus, ich fuehle mich leer.

“Der Krieger weiss, dass kein Mensch eine Insel ist. Er kann nicht allein kaempfen. Wie auch immer sein Plan aussieht, er wird andere Menschen brauchen. Er braucht jemanden, den er um Hilfe bitten, mit dem er seine Strategie besprechen und dem er in ruhigen Augenblicken am Lagerfeuer Geschichten ueber den Kampf erzaehlen kann. Doch er laesst nicht zu, dass die Leute seine Zugaenglichkeit mit Unsicherheit verwechseln. Er ist durchschaubar in seinen Handlungen und verschwiegen in seinen Plaenen. Ein Krieger des Lichts tanzt mit seinen Gefaehrten, aber er uebertraegt niemandem die Verantwortung fuer seine Schritte. HKL 67

Im letzten Jahr war “My Selwa” mein wichtigster Gefaehrte, dieses Jahr sind es Sivanan, der Maurerboss und mein Aja. “Er wird andere Menschen brauchen” Nun brauche ich sie ganz dringend, meinen Aja und noch ein paar Maurer, nun schaff ich es nicht alleine. Und ich werde sie gern fragen, ob sie mir helfen. Da zahlt es sich fuer mich aus, dass ich versuche, jeden Menschen, mit dem ich zu tun habe, so gut wie moeglich zu behandeln. Nie von oben runter, moeglichst immer von unten rauf. “Erniedrigt euch und ihr werdet erhoeht werden” so steht es in der Bibel. Montag ist also fuer mich Kilinochchitag. Vorher (heute abend) werde ich bei den Maurern vorbei fahren und ihnen die Anweisungen geben, die sie fuer morgen brauchen. Aja darf nun der Chef sein, der, der erklaert. Und er wird seine Sache gut machen, da bin ich mir sicher. Gerade fliegen einige Voegel um mich rum, sehen aus wie Spatzen. Sie haben ein Nest im Office. Wir haben eh ganz schoen viele Tiere hier, da waeren erstmal die Hopsis (Froesche) dann Grillen, Voegel, 2 oder 3 Streifenhoernchen (wie Eichhoernchen), die immer wieder mal die Baeume und die Hauswand rauf und runter flitzen und fangen spielen. Eine Gans hatten wir eine Woche lang, wo die jetzt ist weiss ich nicht, im Essenstopf hab ich sie nicht gesehen. Und dann muessen hier noch ein paar nicht so angenehme Haustiere sein, Maeuse oder Ratten, den nachdem es so viel geregnet hatte, hat es in den Zimmern extrem nach Maeusekacke gerochen. Ah ja, und ganz viele Kaefer haben wir auch, die fallen mir auf den Kopf, wenn ich beim Tagebuchschreiben unter der Lampe sitz. Dann sind da noch Ameisen in der Kueche, die klauen den Zucker aus dem Zuckereimer und natuerlich nicht zu vergessen die Mucken und die Moskitos. Und einen Grasshuepfer hatte ich auch schon an der Wand hinter meinem Schlafplatz, ganze 10 cm lang und grassgruen. Also insgesamt gesehen ein ganz schoener Tiergarten. Da mir das Mittagessen heute nicht gerreicht hat, bin ich um 4 nach Mullaittivu Town geradelt und hab paar Shortys (kleine Happen) und ne Fanta in nem Shop verspeisst. Und da ich schon mal da war hab ich auch gleich mit Mama und Regina telefoniert, da das ja am Vortag nicht ging. 17 cm Schnee haben sie daheim, Wow, und das Anfang Maerz. Maja wird sie heute besuchen und der Walter hatte gefragt, ob ich ihm helfe 9 kwp Photovoltaikmodule zu montieren. Die Arbeit wartet also schon, wenn ich wieder daheim bin.

 

Mullaittivu Office, 6.03.06 20.30 Uhr Bautag 32

Aber nun muss ich erstmal hier meine Arbeit vollenden. Am Morgen dieses Tages hab ich Aja den Schluessel zu unserem Lager gebracht und ihm die noetigen Anweisungen gegeben. Dann los nach Kilinochchi, Startzeit 7,15 Uhr, Office erreicht um 8.30 Uhr. War ne zuegige Fahrt und das mit nur halber Sicht. Ich hab naemlich wieder mal ein neues Problemchen. In der Nacht fing das an. Mein rechtes Auge schmerzte und traente. Am Morgen hab ich nachgeschaut ob was drin ist, aber Fehlanzeige. Im Laufe des Tages bin ich drauf gekommen, dass ich mir wahrscheinlich nen Zug beim Motorradfahren geholt hab. Ist halt nun mal so, bin gesund angekommen und die Schmerzen werden vergehen. Im Office hab ich erfahren, dass gleich ein Van nach Colombo faehrt.Ein Van nach Vavunija und zurueck waer mir ja lieber gewesen, so muss ich halt mit dem Bus zurueckfahren, dauert halt laenger. Gesagt getan. Los gings. In der Eile hatte ich einen grossen Fehler gemacht, ich hatte vergessen mir einen Brief der TRO mitgeben zu lassen, damit ich wieder nach Vanni reinkomm, aber das fiel mir erst ein, als wir laengst unterwegs waren. Nach ueber 5 Wochen erstmals wieder Auto fahren, ich muss sagen, ich brauch es nicht unbedingt. Der Fahrer rasste wie ein Henker und ich konnte nichts kucken, weil mein Auge schmerzte. Also hab ich die Augen zu gemacht und ueberlegt, wie ich es am besten bei der Rueckfahrt an der Grenze anstell. Um 11 waren wir an der Grenze, danach folgte eine Fahrt an vielen Checkpoints und Stacheldraht vorbei, furchtbar. Wuerde mich ja mal interressieren, von welchen Geldern all die Soldaten bezahlt werden, So viel Armee kostet ne Stange Geld. In Vavunija haben wir an der ersten Bank gehalten. Meine Kreditkarte funktionierte nicht. Man erklaerte mir, dass sie nur auf Visa eingestellt sind, keine Funktion fuer meine Mastercard. Aber in der Bank 3 Strassen weiter geht es sagte man mir. Der Fahrer brachte mich dorthin und verabschiedete sich dann. Nun war ich also auf mich alleine gestellt in dieser Stadt voller Millitaer. 60000 Ruppee (500 Euro) konnte ich abheben, mehr geht an einem Tag nicht erklaerte mir ein Bankangestellter, aber ich kann es in der naechsten Bank versuchen. Also ein Haus weiter in die naechste Bank. Auch hier keine Funktion. 3 Haeuser weiter war noch eine Bank. Dort sagte man mir, dass ich 100000 Ruppee abheben kann, aber da das Hoechstlimit in der anderen Bank fuer den Tag schon ueberschritten war, ging auch hier nix. Es war schon 1 Uhr, also Zeit um zurueckzufahren. Den Bus Stop (Bushaltestelle) hatte ich schnell gefunden und 5 Minuten spaeter ging die Rueckreise los. An der Grenze fragten sie nach dem Grund meiner Reise. Und welcher Organisation ich angehoere, usw. Brief hatte ich keinen, den wollten sie aber. “Gehen wir dort rueber, die haben mich vor 2 Stunden beim rausfahren kontrolliert, die wissen, dass ich nur kurz raus war aus Vanni.” Diese und noch ein paar weitere Erklaerungen waren noetig, ehe ich weiter durfte. Dies war die singalesische Seite. Auf der tamilischen Seite hatte ich gar keine Probleme, dort kannte man mich noch durch meinen “Bag Check Joke” bei der letzten Kilinochchifahrt, als ich mich auf den Tisch legte und “Checking” sagte. Um 2 waren beide Grenzseiten passiert, recht schnell. Nun folgte eine lange Fahrt nach Kilinochchi, 2 Stunden. Da ich die ganze Fahrt ueber gestanden war, konnte ich auch nicht viel sehen, gut fuer mein Auge. Im Office gab’s keinen Computer fuer mich, also bin ich ins Netcafe um meine 2 Stunden E-Mail schreiben und lesen zu machen. Es gab wenig neues, die SLA (Sri Lankan Armee) hat tamilische Fischer beschossen, Mahinda Rajapakse, der Praesident, hatte sich ueber das Ergebnis der Friedensgespraeche aufgeregt. Spenden sind keine mehr gekommen, auch wenige Mails fuer mich. Bahi hatte geschrieben, dass ihm die jugendlichen Tamilen eine Absage auf meine Frage gegeben haben, ob sie mein Tagebuch in Englisch und vielleicht in Tamil uebersetzen koennen. Hatte ich mir eh schon gedacht. Ich hatte ihn gefragt, ob er nicht die jungen Tamilen in Deutschland fragen kann, ob sie mein Tagebuch in Englisch und vielleicht auch in Tamil uebersetzen koennen, Da sie ja viele sind (weit ueber 50 meiner Schaetzung nach) die es lesen, sollte das ja kein Problem sein, wenn sie es aufteilen kommen auf jeden 4 -6 Computerseiten zu, also nur ein paar Stunden. Ihre Begruendung, warum sie es nicht machen koennen war: “Keine Zeit wegen der Uni”. Danke, meine lieben angeblichen Freunde, wie schoene Komentare hattet ihr mir geschrieben:

Uma: ... Ich bin echt sprachlos! Bis jetzt habe ich nie irgendwelche Menschen eines anderen Volkes kennengelernt, die sich für unser Volk so stark ein setzen, wie du! Find es super klasse! Martin, ein richtiger Vorbild, also Jungs und Mädels, auch ich, haltet euch an ihn! Danke Martin!

suji: ist wirklich klasse, dass du um andere Menschen zu helfen, dein eigenes Leben und die eigenen Wünsche urückstellst!Es sollten viel viel mehr Menschen wie dich geben,die ihr Leben nicht nur den Sinn materiele Dingen und Kapital sehen
(28.01.2006, 16:31 Uhr)

Sujitha : echt bemerkenswer, was du da machst! Nicht viele trauen sich, alleshier liegen zulassen und nach Tamileelam zu gehen. Sollten sich wirklich viele ein Beispiel an dich nehmen, selbst die Tamilen in Ausland-wo Jugendliche ihre Heimat nur als ein Ferienort sehen
(04.02.2006, 16:10 Uhr)

Das war einfach, gell? Einer hatte einen auf euch passenden Komentar geschrieben:



 

Nithya: Wow, echt bewundernswert deine arbeit. Was du dafür opferst und investierst würd kein anderer, auch nicht jeder Tamile, so schnell nachmachen.
(14.02.2006, 21:52 Uhr)

Wenn es drauf ankommt, dann schiebt man doch gern die Ausrede “Keine Zeit” vor, anstatt ehrlich zu sagen, dass man es nicht machen will. Wer wirklich keine Zeit hat, der liesst bitte ab jetzt nicht weiter in diesem Buch, den fuer alles, was ihr bis jetzt gelesen habt, habt ihr mehr Zeit verbraucht, als ihr fuers Uebersetzen von ein paar Seiten gebraucht haettet. Dies alles, was ich nun gesagt habe, ist eine Unterstellung von mir, ohne Beweisgrundlage, entschuldigt bitte die Veralgemeinerung, aber ihr koennt mir nicht weissmachen, dass ihr die paar Stunden Zeit nicht aufbringen koennt. Wie viele Stunden habt ihr die vergangene Woche vor dem Fernseher verbracht? Ich bin euch nicht boese, nein, nur traurig, wenn ihr es nicht besser macht, dann schreibt mir auch keine Kommentare wie: “ Super, koennen sich viele ein Beispiel nehmen” und so, haltet einfach die Klappe und denkt darueber nach, wie ihr denn selbst seid. Dazu haette ich bitte auch nen Kommentar von euch naechsten Sonntag, sonst muss ich mir doch mal ueberlegen, ob ich euch weiter meine Berichte schreib. So, genug dazu, anderes Tehma, dieses mag ich nicht. Um halb 7 war ich fertig mit meinen Internetarbeiten, das bedeutete eine Rueckfahrt nach Mullaittivu im Dunkeln. Diese Fahrt war abenteuerlich. Einen Anhalter hab ich wieder mitgenommen, das mach ich fast bei jeder Fahrt. Uebrigens auch daheim versuch ich moeglichst viele Anhalter mitzunehmen. Finde es wichtig. Sollte jeder tun. Die ersten Kilometer war es noch hell, aber dann wurde es immer dunkler. Dadurch, dass meine Augen traennten, sah ich die Strasse wie durch eine beschlagene Scheibe, die Lichter der entgegenkommenden Fahrzeuge waren wie Streifen. Da dies ja noch nicht genug ist, blendeten noch viele von ihnen, so dass ich gar nix mehr erkennen konnte und mein Licht war so hell, wie das Standlicht an meinem Roller daheim. Es ging aber soweit gut, ich hielt mich immer ein wenig in der Naehe von anderen Mopets auf, die leuchteten mir dann. Zweimal stand wie aus dem nichts kommend ploetzlich ne Kuh vor mir, mitten auf der Strasse, konnte grad noch ausweichen. Und auch 2 Radfahrer, die ohne zu kucken von einem Querweg auf die Strasse einbogen veranlassten mich zu einem Ausweichmanoewer. Aber am Ende bin ich doch wohlbehalten in Mullaittivu angekommen und hab versucht so schnell es ging ins Bett zu kommen.

Mullaittivu Office, 7.03.06 19 Uhr, Bautag 33

Der nun folgende Tag war ein richtig kotziger Tag. Bin um 5 aufgewacht, mit einem ganz schlechten Gefuehl im Magen. Wusste nicht, ob ich Kotzen soll oder will. Na bravo, es bleibt mir wohl nichts erspart auf meine letzten Tage hier, mein Koerper fordert Tribut,er holt sich nun die Ruhe, die ich ihm nicht gegoennt hab. Als mir beim Anziehen meiner Hose auch noch der Hosenladenreissverschluss kaputt ging war klar, Gott will, dass ich ruhe, dies wird ein Ruhetag fuer mich. Danke lieber Gott, dass du mir immer wieder deine Zeichen sendest. Bin um 8 auf Baustelle gefahren, um den Maurern und vor allem Aja zu sagen, dass ich nicht arbeiten kann. Auf dem Weg hab ich schnell die Hose zum Schneider zum reparieren gebracht. Die Verputzarbeiten waren gut vorangeschritten. 2 Aussenwandseiten waren fertig, sie waren am Vortag zu zehnt am Bau gewesen. Zurueck im Office hab ich meine Matte geschnappt mich gegenueber im Materiallaer auf eine herumliegende Tuer gelegt und bis Mittag geruht. Die Officejungs haben mir Tee und Fanta gebracht. Zum Mittagesen hab ich mir Reis mit Milchpulver, Zucker und Wasser gemischt. Danach wieder liegen, ich war sowas von leer, meine Knie wackelten beim Laufen und ich hatte nicht mal die Energie zum Schreiben. Um 4 hab ich mich doch mal aufgerafft und einen Brief an Alexandra angefangen zu schreiben, den ich aber 30 Minuten spaeter wieder weglegte und mich wieder hinlegte. Mein Auge war nun weitestgehend ok, auch meinem Magen ging es wieder besser, nur die Energie war irgendwo, nur nicht in meiner Naehe. Um halb 6 bin ich in die Stadt geradelt, aber es gab weder Bananen noch Ananas, auch keinen Reis gibt’s abends mehr zu kaufen. Letztes Jahr hatten sich die Menschen hier doch 3 mal taeglich von Reis ernaehrt, dieses Jahr gibt’s nur zum Mittagessen Reis, frueh meistens Puttu (gebratenes zestampftes Reismehl mit Kokosnuss glaub ich) oder Rotty (Pfannkuchen) und abend Puttu, Nudels, String Hopper (wie Nudeln)oder Kottu Rotty (zerhackte Pfannkuchen). Das bedeutete wohl, dass mein Abendessen aus Fanta und Babykeksen besteht. Mit Micha hatte ich noch telefoniert, als ich in dieser Telefonbox sass und mit ihr redete war fuer diese Zeit meine volle Energie wieder da, ich fuehlte mich baerig. Sie hatte gerade meinen Brief gelesen. Aber nicht den letzten, sondern den davor. Den letzten konnte sie ja noch gar nicht haben fiel mir ein, den hab ich ja gestern erst weggeschickt. Es kommt mir schon wieder ewig vor. Da sehe ich mal wieder, wie lange mir das Leben vorkommt, wenn ich jede Minute bewusst lebe. Gerade heute hab ich das ja gemacht, meine lange Weile, die ich im Lager lag bewusst erlebt. Es ist nicht umsonst so, dass uns in unserer schnelllebigen Zivilisation ein Jahr so kurz vorkommt, wenn wir jede Minute vollstopfen und in der Hetzerei vergessen zu leben, Und wenn wir dann nix zu tun haben, dann vergeuden wir unsere Zeit vor der Glotze, wir rauben uns also gewissermasen selbst unser Leben. Dazu hab ich einen schoenen Spruch dieses Jahr geschenkt bekommen

Zeit –ohne Zeit

Wir haben Welt – Theater in den Fernsehschraenken

Und keine Stunde uebrig fuer Gemuetlichkeit.

Wir haben alles was sich Menschenhirne denken,

Doch eins nicht mehr – wir haben keine Zeit.

Wir haben keine Zeit mehr fuer das Innenleben

Und nicht mal mehr Zeit zur Zufriedenheit!

Wir haben kaum noch Zeit die Haende uns zu geben

Und der Refrain des Tages lautet: Keine Zeit!

Wir haben nur – auch dies nur in gezwungenem Masse-

Grad’ fuer das Sterben noch ein Viertelstuendchen Zeit.

Darum: Besinn’ Dich Freund, teil deine Stunden ein

Und goenn Dir oefter mal im Leben, eine gute Flasche Wein

Weingut Emmerich, Iphofen/Franken

Ja, so ist das mit der Zeit ,ich persoenlich muss zugeben, dass ich das auch noch erlernen muss, einfach nichts zu tun, es faellt mir schwer, aber ich will dran arbeiten. Als ich mein Telefonat beendet hatte war auch meine Energie wieder verschwunden. Bin ins Office und hab meine Babykekse gegessen und Fanta getrunken.

Mullaittivu Office, 8.03.06 18 Uhr Bautag 34

Um 8 Uhr lag ich wieder im Bett und hab auch druchgeschlafenbis frueh. Ein Zeichen, dass mein Koerper die Ruhe braucht. Beim Aufwachen fuehlte ich mich gut, stark genug um wieder arbeiten zu koennen. Aber vorher wollte ich noch all meine Waesche aus der Reisetasche waschen. Die hat naemlich nach Verwesung gestunken, weil ich die Muscheln die ersten Tage in der Tasche hatte und in einer von denen noch verwesbare Bestandteile waren. Ich konnte es einfach nicht mehr riechen. Kurz nach 8 war ich auf Baustelle, die Maurer hatten am Vortag nur eine Wand geschafft, aber sie haben ja noch Zeit. Die Ziegel an den Walmen waren behauen, aber wie, das konnte ich unmoeglich lassen, und so hab ich die meisste Zeit des Tages darauf verwendet, diese Arbeit zu korrigieren. Das ging ganz schoen an die Nerven. Kurz vor der Mittagspause sass ich auf dem Dach und wollte anfangen zu weinen. Ich sah den Sinn nicht, eine Depi hatte mich uebermannt. Aja machte sich Sorgen, ich solle runterkommen rief er, ich brauch ne Pause. Noch 5 Minuten sass ich unbeweglich am Dach, dann stieg ich runter. Mein Mittagessen konnte ich nur halb essen, aber ne halbe Stunde schlafen, das konnte ich wenigstens. Vorher hatte ich Aja noch erklaert, das ich das manchmal hab, dass ich dann krank im Kopf bin. Mein Papa kennt das, wenn ich arbeite und ganz still bin. Da sag ich dann hoechstens: “Bitte einfach in Ruhe lassen, da ich niemanden anschreien will, es kann ja keiner was dafuer.” Am Anfang des Essens konnte ich das noch nicht sagen, da erstickten Traenen meine Stimme, aber gegen Ende des Essens war es wieder besser.

>Auch ein Krieger des Lichts verliert manchmal den Glauben. Es gibt Augenblicke, in denen er an gar nichts mehr glaubt. Und er fragt sein Herz: “Lohnt so viel Muehe ueberhaupt?” Doch sein Herz schweigt. Und der Krieger muss selber entscheiden. Dann sucht er ein Beispiel und erinnert sich daran, dass Jesus Aehnliches druchlitten hat, um das menschliche Dasein in seiner Gesamtheit zu erleben. “Lass diesen Kelch an mir voruebergehen”, hat Jesus gesagt. Auch er verlor den Mut und gab doch nicht auf. Der Krieger des Lichts schreitet auch ohne Glauben voran. Er kaempft weiter, und am Ende kehrt der Glaube wieder zu ihm zurueck. Hkl 66

“Um das menschliche Dasein in seiner Gesamtheit zu erleben.” Das war auch schon mein Spruch, bevor ich dieses Buch kannte. Man muss auch mal traurig sein, um die Freuden des Lebens wieder schaetzen zu lernen. Seit ich mir das sage, gelingt es mir auch in der tiefsten Traurigkeit ueber eben diese zu lachen, da ich finde, dass das einfach zum Leben dazugehoert. Ich brauch halt dann nur meine Ruhe, um diese Traurigkeit auch leben zu koennen. “Der Krieger des Lichts schreitet auch ohne Glauben voran”. Eigentlich wollte ich ja Schluss machen nach dem Lunch und mich im Officelager wieder schlafen legen. Aber ich hab mich gesammelt und weitergemacht. Haette ich aufgehoert, staende ich am naechsten Tag vor dem selben Problem, es verschwindet nur, wenn ich es anpack. Um 5 waren alle Ziegel behauen, eine Seite von 4 ist auch schon eingespeisst, so dass es nun zuegig gehen muesste. Es brechen immer wieder Ziegel beim Drauftreten, ist schon ne extrem schlechte Qualitaet teilweise. Und dabei bemueh ich mich vorsichtig zu gehen. Die Maurer sind gemuetliche Menschen, sie haben heute zu zweit 8 Stunden fuer die Arbeit gebraucht, die ich alleine in 4 Stunden mache. Aber das soll mir mal egal sein, am Samstagabend muss alles fertig sein, verputzen und Fussboden. Und das ist auch zu schaffen. Seit einer Woche blitzt und donnert es staendig, tagsueber und auch nachts, es liegt schon ne ganz schoene Spannung in der Luft.

Mullaittivu Office, 9.03.06 19 Uhr, Bautag 35

Meine Power wird nicht mehr viel mehr werden, das ist sicher, aber ich bin trotzdem stolz auf meinen Koerper, er hat eine einmalige Leistung vollbracht. Konnte erst um 12 einschlafen, war die ganze Zeit wachgelegen und hab gemuetlich vor mich hin siniert. Frueh war ich dann natuerlich muede. Aber was hilft’s, gschafft wird. Firstziegel einspeisen (einzementieren) stand auf meinem Plan. Die Hitze setzte mir ganz schoen zu und nach 3 Stunden und eineinhalb Seiten brauchte ich ne Pause. Die dauerte auch bis halb 3 an. Hab mich in nen Raum gelegt und geschlafen, nachdem ich gegessen hatte. Die Maurer haben gemuetlich weiterverputzt. Die sind sowas von langsam, dass ist schon nicht mehr feierlich, aber ich kann sie ja verstehen, sie muessen viel viel laenger durchhalten als ich, und das meisst 7 Tage die Woche. Da sollen sie sich ruhig Zeit lassen, sonst arbeiten sie sich auf. Ist eh schwer genug fuer sie, sie sind ja meist auf Montage hier, wie mein Aja ja auch, er sieht seine Frau und die 4 Kinder (2,4,6 und 10 Jahre)erst im Mai wieder, bis dahin teilt er sein Lager mit 15 Maurern. Und so geht es vielen von ihnen, eine ihrer wenigen Chancen, Geld zu verdienen, ist halt mal als Maurer hier zu arbeiten, was oft eine sehr lange Trennung von der Familie bedeutet. Nach meiner langen Pause war meine Energie zurueck. Ich vollendete meine eine Seite Walm und begann die letzte. Dazu musste ich erst das Kehlblech am Kamin einlegen, was aber keine grosse Arbeit war. Diese Seite wollte ich auch hoechstens halb schaffen und um 5 Feierabend machen, aber da Aja zuviel Zement gemischt hat, war am Ende alles bis auf den letzten Ziegel fertig und es war 6 Uhr. Auf unserem Nachhauseweg trafen wir Sivanan, ganz gut, so konnte ich noch die restlichen Bauablaeufe besprechen und auch noch ueber allgemeine Dinge mit ihm plaudern. Er hatte doch frueher wirklich den Mr. Martin zum Chef, der nun mit Lukas das Krankenhaus baut. Wie klein doch die Welt ist.

Mullaittivu Office, 10.03.06 18 Uhr, Bautag 36

Am Abend war ich noch zu Besuch bei Franziska und Lukas. Bin um 7 hingeradelt, meine Stirnlampe leuchtete endlich wieder schoen hell, da ich die Batterien endlich mal gewechselt hatte. Ausserdem ist wieder Vollmond, so dass man auch gut ohne Licht radfahren kann. Um 8 wollte ich eigentlich wieder heim um zeitig schlafen zu gehen. Daraus wurde aber nix. Bis kurz vor 11 Uhr haben wir uns unterhalten. Ueber die verschiedensten Themen, von hier bis nach Deutschland. Zwischendurch haben wir was gegessen, ich wollte zwar erst nicht, weil ich schon gegessen hatte, hab mich aber dann doch gerne ueberreden lassen, als mir aus der Kueche ein herrlicher Duft von Knoblauch entgegenkam. Lecker lecker. Das haette ich bitter behreut wenn ich dieses Essen ausgeschlagen haette. Knobibratkartoffeln mit gebratenem Fisch. Ich glaub, so lecker hab ich nicht mehr diniert seit ich hier bin. Nach dem Essen ham wir 2-3 Arakchen getrunken und weiter ueber Gott und die Welt siniert. Die Bauarbeiten am Krankenhaus stocken im Moment. Lukas hat nur 10 Arbeiter. 20 andere waren die Woche vorher nach Vavunija gegangen, fuer 2 Tage Urlaub und wollten dann wiederkommen, sind aber seitdem verschollen. Eigentlich wollten sie im Juni mit den Bauarbeiten am Krankenhaus fertig sein, aber Lukas meinte, wenn das so weitergeht brauchen sie noch ein Jahr. Dieses Problem mit dem Nichtwiederkommen scheint hier Gang und gebe zu sein, hab ich schon oefter gehoert. Nun hofft Lukas halt auf ein Wunder. Am Morgen erschien ich erst um halb 9 auf Baustelle, da ich vorher noch nen Brief an Alexandra geschrieben hab. Die anderen waren schon am Arbeiten, aber ich hatte ja Zeit, meine Aufgaben fuer diesen Tag hatte ich auf das Verputzen von 2 Tischen, das Einspeisen des letzten Firstziegels und das Eindecken der letzten Ziegel beschraenkt. Ich hab so das Gefuehl, ca ein Drittel der Ziegel hab ich die letzten Tage zamgetreten. Auch als ich vom Dach runter war haben wir noch einen gesehen, den ich aber von innen durch akrobatische Kletteraktion auswechseln konnte. Die Maurer verputzten die letzte Innenwand und begannen dann mit dem Fundamentsockel, der aus dem Boden ragt. Bis zur Mittagspause waren meine meisten Arbeiten erledigt, nach dem Essen hab ich nen Brief an Melli und einen an meine Thomasen’s geschrieben und Aja hat geschlafen bis viertel vier. Die Maurer hatten weiter verputzt. Hausreinigung war noch angesagt, da am folgenden Tag der Estrich rein soll. Aja hat den groben Dreck mit der Hacke rausgekratzt und ich hab ausgekehrt. Ama kam wie jeden Tag um viertel Fuenf und brachte uns Tee und wir besprachen meinen Plan fuer meine letzten 4 Tage hier in Mullaittivu.

Mullaittivu Office, 11.03.06 16.30 Uhr, Bautag 37

Von denen wird nur noch einer ein Bautag fuer mich sein, naemlich der Montag, wenn wir streichen. Estricharbeit ist keine Arbeit fuer mich, dazu koennen es die Jungs hier erstens zu gut und zweitens geht das zu arg auf meinen Ruecken. Deshalb hab ich meine Jungs auch an diesem Tag alleine werkeln lassen. Bin nur frueh um 9 kurz vorbei gefahren und hab ihnen nen Kanister Wasser gebracht. Was heisst kurz, hab mich in den Schatten gesetzt und ne Stunde gelesen. Ein neues Buch: “ Erste Schritte auf dem spirituellen Weg” von Franz Binder. Ich hatte es letzten Sommer fuer 50 Cent in der Fussgaengerzone in Nuernberg gekauft und bin seitdem noch nicht zum Lesen gekommen. Wenn es sich weiterhin so liesst, ist es ein gutes Buch, es bestaetigt mich in meiner Auffassung vom Leben und kann mir ein guter weiterer Ratgeber sein. Um halb 11 hab ich mich aufgerappelt und auf den Weg ins 1 km entfernte Unnappillavu Camp (mein Camp) gemacht. Zuerst zum Friseur, es war hoechste Zeit fuer ne Rasur und auch fuer nen Haarschnitt. Es ist schon interressant, wenn man nach 6 Wochen das erste Mal wieder bewusst in nen Spiegel schaut. Hab mich zwar zwischendurch immer wieder mal in meiner Digicam gesehen, aber ein Spiegel ist doch was anderes. Ich fand mich noch schoen, aber irgendwann musste ich doch zum Friseur und das ist hier am besten, wenn man fuer einen Euro Haar + Bartschnitt + Kopf-/Nacken- und Schultermassage bekommt. Bevor der Friseur anfing zu schneiden hat er erstmal ein Foto von mir gemacht, da komm ich wohl in seine Prunksammlung oder in die Sammlung der ganz schwierigen Faelle. Er hat dann auch recht zuegig geschnitten, nicht so ewig wie der in Kilinochchi Ende Januar. Die nun folgende Massage hab ich richtig genossen, der Kerl hatte richtig Kraft in seinen Haenden, er hat mich geknettet, das ich ins Schwitzen gekommen bin, obwohl ich nur ganz relaxt dasass. Einmal dacht ich, er bricht mir das Genick, poa, hat das geknackt. Nach dem Haarschnitt hab ich Ama in ihrem Haus besucht, Nr. 115 im Unnappulavu Camp. Ein paar Buben haben mir geholfen es zu finden. Es war doch tatsaechlich eines der Haeuser, wo Gabriel letztes Jahr beim Tuereneinbau geholfen hat. Eine kleine Kueche war seitdem angebaut worden. Obwohl dieses Haeuschen nur 18 Quadratmeter hat war es nicht vollgestopft mit Krempel, es war leer, einfach leer, die Sachen, die Ama, ihr Sohn und der Enkel besitzen scheinen sich auf einen kleinen Koffer voll Kleider und einen Sack voll Kuechenutensilien zu beschraenken. Und dann noch 2 Plastikstuehle und ein Fahrrad, welche sie im letzten Jahr gespendet bekommen hatten. Da es Essenszeit war, hat mir Ama natuerlich gleich nen Lunch angeboten, den ich gerne angenommen hab. Danach sass ich noch ein wenig da, ehe ich mich aufmachte, um im Cooldrinkschop nen Cooldrink zu geniessen und danach Richtung Heimat zu radeln. Aber vorher brauchte ich noch ein paar Fotos vom Estrichlegen meiner Maurer. Da sie gerade Mittagspause machten als ich auf Baustelle ankam hab ich mich in den Schatten einer Palme gelegt und geschlafen. Dann, als sie weitermachten bekam ich meine Fotos und bin gluecklich und zufrieden nach Hause geradelt um mich im Office Materiallager schlafen zu legen. Es ist sehr schwuel heute und seit 12 donnert es andauernd und der Himmel hat die passende graue Farbe dazu.

 

Mullaittivu Office, 12.03.06 Uhr, Bautag 39

Um 6 bin ich ins Telecomunicationcentre geradelt um mit daheim zu telefonieren. Papa war am Telefon, nach 4 Wochen hab ich mal wieder ihn am Telefon gehabt. Er hat sich die Winterzeit gut vertrieben, hat einen neuen Wassertankwagen zusammenpolizelt und fleissig unsere Photovoltaikanlagen von Schnee befreit. 14 mal diesen Winter Schnee runterkehren. Seit 3 Wochen hat er wiedermal Schmerzen im Arm, erzaehlte er, weil er am Bau meiner Schwester ausgerutscht und hingefallen ist. Aber es ist auszuhalten, meinte er. Mama geht es nicht so gut. Konnte ich mir ja eigentlich denken, wenn ich ne Depri hab, hat sie auch eine. Auch wenn wir nichts von einander wissen ist das so, wohl doch echte Seelenverwandschaft. Nach dem Telefonat war ich sichtlich niedergeschlagen. Wenn es meiner Mam nicht gut geht macht mir das Angst, ich weiss nicht wieso, aber es ist halt mal so. Ich sass dann im Office und stierte vor mich hin. Natuerlich fragten die Jungs gleich, was los ist, auch mein Acounter vom Kilinochchi House, der fuer ein paar Tage da ist. Ich erzaehlte ihm die Geschichte. Das machte es etwas besser. Da es Samstagabend war, war Bilderhochladeabend. Da das Hochladen von der Kamera direkt in die Rund-E-Mail immer so lange dauert (5 Minuten je Bild) kopier ich die Bilder die ich verschicken will am Samstagabend auf den USB-Stick, das geht ganz fix und dann dauert das Laden auf die Mail nur eine Minute je Bild. Nach dieser Arbeit war Bettzeit. Frueh um 6 aufstehen, Waesche und los gings um 7 aufs Mopet. Der Tankhahn stand schon auf Reserve, also erstmal an die Tankstelle. Auf dem Weg dorthin stockte das Mopet immerzu, es ruckelte und zuckelte. Als die Tanke schon in Sicht war, ging es aus und ich rollte mit letztem Schwung zur Zapfsaeule. Uh, gerade noch geschaft. Der Tankwart schloss gerade die Tuer auf und ein Tankzug brachte neues Benzin. Wie bestellt. Eine Fuegung Gottes? Im Laufe des Tages geschahen noch ein paar solche “
Zufaelle”. Nach dem Tanken stockte mein Mopet weiter. “Das wird wohl so sein, bis genug Benzin in den Vergasser nachgelaufen ist”, waren meine Gedanken. Also auf zu Lukas. Ich hatte mich fuer halb 8 bei ihnen zum Fruehstueck angemeldet, danach wollten wir gemeinsam nach Kilinochchi fahren. Lukas, Franziska, Josefina und Elsa auf ihrem Mopet und ich auf meinem. Nach einem leckeren Fruehstueck mit Bananenpfannkuchen und Kaffee gings los. Die 4 duessten los auf ihrem Motorrad. ich wollte hinterher, aber nix zu wollen, mehr als Standgas war nicht drin, 40 kmh im vierten Gang. Ein Geruckel. Die anderen waren schon laengst ueber alle Berge oder besser gesagt Huegel. Ich gab nach 5 km auf, nachdem ich mit dem “Schraubenzieher”, den ich mir aus dem Metallteil meines Feuerzeuges gebaut hatte, alle Vergasereinstellungen durchprobiert hatte. Ich war naemlich der festen Ueberzeugung, dass es daran lag, da einer der Officejungs bei der letzten Waesche dran rumgeschraubt hatte, Officeboys und Technik, das konnte nicht gut gehen, dacht ich. Schliesslich bin ich die 5 km zurueckgezuckelt und meinte im Office “Motorbike Problem.” Regan, der, der bei der Waesche dran rumgeschraubt hatte, setzte sich hinten mit drauf und ich fuehrte ihm das Problem vor. “Die Zuendkerze” meinte er und schraubte kurz dran rum. Nix wars, ging nicht besser. Wir fuhren in nen Werkstattshop und kauften ne Neue. Schon beim Abziehen des Steckers merkte ich, dass das Zuendkabel nur lose im Stecker steckte. Das war also unser Problem, ein Wackler, da haett ich auch alleine drauf kommen koennen. Ich sollte nicht so vorschnell ueber Officejungs richten. Wie wird das Gebot der Naechstenliebe u.a. ausgelegt? Einander lieben heisst auch, im anderen nicht das boese vermuten, man soll nicht vorschnell richten, sondern den anderen erst besser kennen lernen. Das weiss ich von meinen “Fuenf Geschwister” Jugendkassetten. Nun funktionierte es also wieder, mein Mopet. Ich lieferte Regan wieder im Office ab und holte schnell meinen zweiten Akku fuer die Kamera, hatte naemlich beim Fotographieren von Lukas Familie auf dem Mopet festgestellt, dass der Akku leer war. Gottes Fuegung? Nun aber schnell nach Kilinochchi, mit 80 ueber die Strassen “fliegen”. Lukas konnte ich nicht mehr einholen, schliesslich hatte ich fasst 45 Minuten “verloren” Dafuer Einsicht gewonnen. Im Internetcafe das Uebliche. 100 Euro war mein Spendenkonto noch mal gewachsen. Schoene E-Mails gab’s zu lesen, das Wetter in Deutschland weiterhin -5 Grad. Ein Fritz aus Wien hatte mir die Woche vorher einen Komentar auf die Tamilpress Seite geschrieben

Fritz : Hallo Martin Ich war letztes Jahr insgesamt 7 Wochen in SL.im Sueden, Beruwalla. Kenne nur die singhalesische Seite, dort laufen auch private Hilfsaktionen, dank vieler Spender und meiner sing. Freunde. Ich habe darueber eine kl.HP gestaltet falls es dich interessiert: http://www.fwfalarm.at/sri_lanka/ - Fliege auch wieder bald hin und werde ver-suchen zu helfen wo es nur geht. Freue mich, dass es noch Menschen gibt wie dich und gratuliere zu deiner Enstellung Liebe Gruesse Fritz (aus Wien)
(04.03.2006, 17:55 Uhr)

Hab mal auf seine Internetseite gekuckt. Sehr interressant und eindrucksvoll. Viele Berichte ueber das Land, (Sueden und Hillcountry, Kandy) Und auch Projekte der Tsunamihilfe, die er unterstuetzt. Schaut mal drauf, es lohnt sich. Wenn ich sowas lese, reut es mich ein wenig, dass ich nicht mehr Zeit habe, um dieses Land zu erkunden. Zu spaet, es soll wohl so sein. Klaus vom Deutschen Roten Kreuz hatte mich auf ein Bier bei ihnen im ICRC- Blue House eingeladen, als er mich vor eineinhalb Wochen auf Baustelle besuchte. Diese Einladung wollte ich nun einloesen. “Das Blue House kennt in Kilinochchi jeder” meinte er dortmals. Also fragte ich im Memorial Hospital. Sie wussten es nicht genau, meinten ca. eineinhalb Kilometer Richtung Colombo muesste es sein. nach 2 km fragte ich im naechsten Krankenhaus. Nen halben Kilometer Richtung Colombo meinten sie. Nach einem Kilometer kam auf der rechten Seite ein Rot Kreuz Office. Das Ziel? Weit gefehlt. “Das Blue House ist in Puttukudijiruppu meinten sie. Ich wiedersprach, lies mich aber am Ende fast ueberzeugen. Also zurueck. Am Amfangspunkt meiner Suche angelangt zweifelte ich doch und fragte im District Hospital. 2 km zum Bussstop Richtung Colombo dann rechts, nach einem Kilometer kommt ICRC Canada, dort soll ich fragen, meinte der DMO (District Medical Officer). Auf dem Weg dorthin kam ich an einer Beerdigungszeremonie vorbei. Der Sarg wurde von 4 Maennern auf einen Holzgestell getragen, davor 3 oder 4 Trommler, die fleissig trommelten, ein Junge zuendete Kracher und hinterher liefen ne Menge Menschen. Ich blieb kurz stehen, dann fuhr ich aber weiter. Am beschriebenen Haus angekommen meinte die Canadierin dort, sie wisse nicht genau wo das Blue House ist, aber es muesste vor dem Wasserturm auf der rechten Seite sein, irgendwo in dieser Strasse, Entfernung ca. 3-4 km. Ein anderer Mitarbeiter bestaetigte per Funk ihre Aussage. Also los, zurueck zur A 9 Road. In die Strasse rechts einbiegen und entlang fahren. Zuerst waren einige Bueros und Schulen, dann ein Stausee, dann ein Fluss der sich durch eine herrliche Landschaft schlaengelte und Kinder, die vergnuegt darin badeten. Ich kannte diese Strasse, sie war ich im Vorjahr mit Wolfgang und Michael gefahren, es war unser Ostermontagsausflug durch die Schlaglochstrasse. Nach ca. 7 km machte ich kehrt, hier gab es kein Office. Zurueck an der A 9 Road fragte ich schliesslich einen Polizisten nach dem ICRC Blue House, er sollte es ja wissen, wenn alle es wissen. “Richtung Jaffna und die naechste rechts” meinte er. Also los. Wieder eine Seitenstrasse (Grablweg) mit vielen Loechern. In einem Office fragte ich. “Dort rechts “ meinten sie. Ich folgte. Dann war ich auf der Strasse, die zu dem Haus fuehrt, wo ich in Kilinochchi gewohnt hab. Also Fehlanzeite. Fuhr ein Stueck zurueck und testete den naechsten Weg. In einer Kurve stoppte ich. Ein Feuer. Die Beerdigungsprozession war an ihrem Ziel angekommen, dem Friedhof. Auf einem Scheiterhaufen wurde gerade der Leichnam verbrannt. Wie sie hier beerdigen hatte mich schon lange interresiert. Gottes Fuegung, dass ich gerade hier vorbeikomm auf meinen Irrwegen? Ich beschloss, die Suche aufzugeben und mich auf den Heimweg zu machen. Hat euch die Beschreibung gelangweilt, war es zu langatmig geschrieben? Dann stellt euch vor, wie es fuer mich war, von 12-3 Uhr war ich auf der Suche, unterbrochen von nem Lunch im 1-9 Restaurant. Fuer mich war es interresant, so konnte ich diese paradisische Gegend rechts der Strasse geniesen, einer Beerdigung beiwohnen und mich mit ner Canadierin unterhalten, und auch feststellen, dass Menschen einer so grossen, weltweit taetigen Organisation, wie Rot Kreuz auch manchmal nicht mehr wissen, als der kleine Bauersbub Martin. Ja, es war eine schoene und lustige Suche fuer mich, nur das Wissen, dass es meiner Mama grad nicht so gut geht versetzte mir des oefteren kleine Stiche. Ich war also wieder auf dem Nachhauseweg, das sechste und letzte Mal, die letzten 60 von 800 Motorradkilometern ohne Helm durch die Waerme und diese schoene Landschaft. Zeit lassen, geniesen. Ein Stop um an der Strasse ne Ananas zu kaufen. Gemuetlich weiter mit 40-50 kmh. 10 Kilometer weiter ein weiterer Stop, Ravi, einer der Hauptjungs von der TRO im Unnappillavu Camp letztes Jahr rief mir zu. Er stand mit 4 anderen an der Strasse. Wir unterhielten uns ein wenig, sein Englisch hatte sich sehr verbessert seit letztem Jahr. Er erinnerte sich noch an die Namen von Nicola, Thomas, Stacey und Kanan vom letzten Jahr. Schoen, sie sind ihm alle in Erinnerung geblieben, und das sogar mit Namen. Als uns das Gespraechsmaterial ausging setzte ich meine Fahrt fort. 10 Kilometer ging alles gut, dann machten mich ein paar Jungs an der Strasse auf etwas hinter mir aufmerksam. Erst wusste ich nicht, was sie meinen, dann sah ich es, ich hatte meine Ananas verloren, die ich auf dem Ruecksitz festgespannt hatte. Also wenden und aufheben. Ein Motorrad hielt neben mir. “Martin”, das warFranziskas Stimme, ich erklaerte ihnen den Grund meines Zurueckbleibens am Morgen und auch, warum ich nun hier stand. Nun konnten wir doch noch die von mir ersehnte gemeinsame Motorradfahrt unternehmen. Gottes Fuegung, dass ich die Ananas gerade in einer Ortschaft verloren hab, wo mich Jungs darauf aufmerksam machten? Lukas fuhr recht zuegig, aber ich kam gut mit. In Puttukudijiruppu stoppten wir an nem Supermarkt,sie brauchten noch Windeln fuer Elsa. In dem Supermarkt gab’s Red Bull und Maggi 2 Minuten Nudeln im Einpersonenpack. Fast wie daheim, ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. Hab dann draussen gewartet. Eine Ziege frass ein Plakat, das an einer Plakatwand klebte. Als die anderen kamen nahmen wir die letzten 20 Kilometer des Weges auf. Ich wollte noch ein Motorradbild von der Lukas Familie beim Fahren. Also ueberholte ich sie auf gerader freier Strecke. gerade, als ich abdrueckte kam ein Streifenhoernchen zwischen unsere Motorraeder geflitzt und Franziska schrie: “Martin, Ananas”. Wieder runtergefallen. Gottes Fuegung, dass das gerade da passiert oder will er mir damit sagen, dass es zu gefaehrlich ist, beim Fahren zu fotographieren? Als wir bei Lukas Haus anlangten tranken wir zusammen Kaffee und futterten die zerdatschte Ananas. Wir tauschten Adressen, Lukas lud sich mein Tagebuch und meine Bilder auf seinen Laptop und wir schauten zusammen Bilder an. Um 7 machte ich mich dann doch mal auf den Heimweg, fuer einen kurzen Besuch auf Baustelle war es schon zu dunkel, also gleich ins Office, essen und schreiben. ich habe in diesem Bericht von heute oefer die Frage gestellt, ob es Gottes Fuegung ist, fuer mich ist es dieses, diese Momente sind es, die mir meine Ruhe bringen, ich weiss, dass ich mich nicht darauf verlassen darf, dass es so kommt, ich muss es selbst anpacken und darf mich immer wieder freuen und Gott danken, wenn er mir solche kleinen Geschenke macht.

Mullaittivu Office, 13.03.06 18 Uhr, Bautag 39

Mittwoch soll Hausueberhabe von 15 Haeusern an die Eigentuemer sein, das erklaerte mir Sivanan am Abend. Ob ich da noch hier bin weiss ich nicht, erklaerte ich ihm. Ich wollte ja Mittwoch morgen mit dem Traffic Bus (Bahnbus) nach Kilinochchi fahren um meine letzten Aufgaben in Angriff zu nehmen. Es ist gut, dass er so gut Englisch spricht, er versteht mich wirklich super, nicht nur sprachlich, auch vom Sinn her fuehl ich mich von ihm verstanden. Am Morgen bin ich wieder spaet auf Baustelle, vorher war mein letzter Brief an Micha dran. Sivanan hatte mir am Vorabend noch berichtet, dass das Haus schon gestrichen ist, also warum eilen. Am Postoffice gab ich meinen Brief an Maya ab und bekam 2 ausgehaendigt, einen von Luise und einen von Sabine. Von Micha erwarte ich auch einen, der will und will nicht kommen. Sabines Brief war der zweite, der nur mit 55 Cent Briefmarke frankiert war und mich trotzdem erreicht hat. Normalerweise sind 1,7 Euro noetig und trotzdem werden die hoffunungslos unterfrankierten Briefe zugestellt, gut so. Auf Baustelle schaute ich mir erstmal die getane Streicharbeit an. sie war ganz gut gemacht. Alles schoen weiss. Die Eingangsfront wird aussen noch farbig ueberstrichen, mit einer Art Dispersionsfarbe. Alle anderen Waende bleiben weiss gekalkt. Die Fenster und Tueren werden erst mit Dispersionsfarbe und danach mit Oelfarbe gestrichen. dies war unsere heutige Arbeit. 4 Zimmerer waren auch da, sie montierten die Fensterlaeden und Tuerblaetter. Sie waren richtig gut, alle innerhalb eines Tages fertig, an den anderen Haeusern brauchen sie normalerweise immer 3 Tage, meinte einer. Aber was hilft’s, sie mussten fertig werden, mir lief die Zeit davon. Ihre Arbeit war spitzenklasse, sie hatten die langsame Arbeit beim Aufrichten wieder voll wettgemacht. Ist nicht leicht alles einzusetzen, vorher muessen sie jedes Tuerblatt und jeden Fensterladen an 3 Seiten zurechtsaegen und das mit der Handfuchsschwanzsaege. Da meine Farben noch nicht gleich da waren hab ich ihnen weng helf gesaegt. Die Hausfront war recht schnell gestrichen, dann war mittag, langer Schlaf fuer mich, ich war wieder sehr muede. Um 3 ging’s weiter. Fenster und Tueren mit Dispersionsfarbe streichen. Ein Maurer half mir dabei. Aja war irgendwie nicht fit, er schlief den halben Tag und die andere Haelfte beschaeftigte er sich im Stillen. Um 5 puenktlich zum Feierabend ging uns die Farbe aus. Da mein Fahrrad platt war schob ich es nach Hause. Sivanan begegnete mir. Er erzaehlte, dass am Mittwochmorgen zur Hausuebergabe viel LTTE Hoheit anwesend sein soll. Da werd ich wohl doch noch dableiben. Im Office empfing mich Silanan und erzaehlte mir auch von Mittwochmorgen und dass ich doch da bleiben soll. Ich sagte zu und er bedankte sich freudestrahlend. Es ist fuer sie wohl mal wieder ganz wichtig, dass ich das noch miterlebe und sie haben sich machtig ins Zeug gelegt um alles bis Mittwoch zu schaffen. Gestern haben sogar die Officejungs geweiselt und das bis nachts um eins an einem Sonntag. Da waere es schon eine Beleidigung, wenn ich einfach so gehen wuerde. K.P. Regi, der TRO Praesident wird auch da sein, er kann mich am Mittag mit nach Kilinochchi nehmen, so verlier ich noch nicht mal Zeit.

Mullaittivu Office, 14.03.06 17.30 Uhr, Bautag 40

Und wenn alles restliche klappt wie geplant, dann ist meine Zeit reichlich. Auch Silanan hatte mich eingeladen und holte mich um 7 ab. Wir fuhren zu seinem Haus in Mullaittivu Town. Es blieb damals verschont vom Wasser, nur 60 cm hoch reichte das Wasser am 26.12.04 in seinem Haus. Das Glueck war, dass es auf einer Anhoehe steht. Direkt hinter dem Haus zum Meer hin ist alles platt. Bis das Essen fertig war gab mir Silanan ein Album seines Bruders zum anschauen. Sein Bruder (einer von 8 Geschwistern) ist ein “Black Tiger” einer, der bei den Kaempfen vorn steht, einer der Premiumtruppe fuer besondere Einsaetze. In dem Album waren auch lauter Tigerbilder, also Armeebilder. In dem Haus hing ein Quadratmeter grosses Bild in der Mitte, im Eck und an der Seitenwand ueber dem Fernseher jeweils ein Wandtisch mit dem Bild des Bruders in Uniform. Um alle Bilder herum zusaetzlich noch Lichterketten mit Farbenspiel. Sie scheinen den Kerl zu vergoettern. Waehrend des Essens, bei dem uebrigens auch meine TRO Buben da waren, schauten wir ein Kriegsdokumentationsvideo an. Ein Armateurvideo, aufgenommen waehrend den Kaempfen 1996-98. Ganz schoen graussig, Leichen werden auf Tracktoranhaengern weggefahren, Armeefrauen kaempfen fleissig. Keine Panzer, nur Maschienenpistolen und kleine Granatwerfer, ein richtiger Gurilliakrieg im Tschungel. Das Essen hat mir trotzdem geschmeckt, Nudels mit Huhn, Schwein und Zwiebeln, dazu kuehle Cola. Nach dem Essen, es war inzwischen 9 Uhr, haben sich die Jungs verabschiedet, sie mussten noch los und 4 Haeuser weisseln. Werden ganz schoen rangenommen im Moment. Ich blieb noch ne halbe Stunde und frischte mein Wissen ueber Tamil eelam auf. Um halb 10 war dann auch fuer mich Zeit zum Aufbruch, Sivanan zeigte mir noch die Baeckerei eines seiner Brueder und dann fuhr er mich ins Office. Frueh um 6 nach einer Nacht guten Schlafes, uebrigens meine vorletzte hier, setzte ich meinen Brief an Micha fort und vollendete diesen auch. Natuerlich hab ich auch bei diesem letzten Brief Enrico nicht vergessen. Normalerweise wird dieser Brief 4-5 Tage vor mir bei ihnen ankommen. Um 7 war ich auf Baustelle, noch keiner da. Hatte ich erwartet und so setzte ich mich an die Eingangstuere bis Aja und mein zweiter Helfer eintrafen. 4 Tueren inclusive Rahmen waren noch zu streichen, ausserdem die Rundeisen der Fenser und das Fundament. Und das alles in 6 Stunden. Also los. Aja kehrte das ganze Haus sauber, der zweite Ana strich die letzten 3 Fenster mit Dispersion vor, ich fing mit der Oelfarbe der Fensterlaeden an. Als der erste fast fertig war, kam der Farbmischmaler und meinte, dass es die falsche Farbe ist, zu den rosa gestrichenen Haeusern gehoert ne andere Fensterladenfarbe und ich muss noch mal streichen. Abhacken, keine Zeit. Ausserdem will ich dies braun. “TRO schreibt es so vor” sagte er, “I pay, I say;” (Ich bezahle, also schaff ich auch an) konterte ich. Und weiter gings. Ne Stunde lang war Ruhe, bis einer der TRO Buben kam und sagte “Wait, wrong colour” (Warte, das ist die falsche Farbe) “No problem” (Kein Problem) sagte ich, ich will es so. “Wir bekommen Probleme mit den anderen Hauseigentuemern, wenn es hier anders ist” “Dann sagt ihr ihnen halt, dass Martin es so will und dass bei diesem Haus vieles etwas anders ist” sagte ich ganz ruhig, waehrend ich weitermalerte. Besorgt machte er sich davon. Spaeter kamen noch paar Menschen, die sich in tamil ueber dieses “Problem” unterhielten, ich nahm keine Notiz von ihnen und malerte weiter. Ana strich die Rundeisen und Aja das Fundament. Unsere Teepause liessen wir uns natuerlich nicht nehmen, heute an unserem letzten Tag an diesem Haus. Um halb eins war mein letzter Tuerrahmen fertig, Ana hatte noch 2 Fensterlaeden in Oelfarbe vor sich und Aja beschaeftigte sich anderweitig. Unser Trinkwasser war leer. “Ich hol neues” meinte ich. “Dann bring mir doch bitte ein gutes Hemd fuer die Bilder spaeter mit” gab mir Aja mit auf den Weg. (Ich hatte geplant am Nachmittag das Couverfoto fuer dieses Buch hier zu machen) Ich wollte ihm eh noch ein Hemd schenken, warum nicht jetzt. Also noch schnell im Office vorbei und meine letzten beiden Posthemden, die mir Klaus vor einigen Jahren geschenkt hatte einpacken. Nach meiner Rueckkehr war Essenszeit. Ama hatte sich nochmal richtig ins Zeug gelegt. Neben dem gewoehnlichen Fisch, Gemuese und Ei waren diesmal noch Haenchen und Schweinefleisch bei meinem Reis dabei. Und in der Sosse waren auch extra viele Heringli. Das halbe TRO Office Kilinochchi stand ploetzlich waehrend des Essens in der Tuer, unter ihnen auch Mr. Lawrence. Sie waren auf Kontrolltour in Mullaittivu, besichtigten alle Bauten, informierten sich ueber die Fortschritte.Deshalb sind sie auch nur kurz geblieben und wir konnten unser Essen ungestoert fortsetzen. Danach strich Ana seine letzten Laeden, Aja raeumte auf und ich machte Bilder vom Haus und bereitete die Szene fuers Tagebuchcoverbild vor. Um 3, mit einer Stunde Verspaetung, erschien Ama mit Gefolge. Sohn mit Frau + 3 Kinder und die Schwester von Ama. Am Morgen hatte der Bub, der auch irgendwie bei Ama wohnt schon einen kleinen Mangobaum gebracht. Den pflanzten wir zuerst. Dann war das Bild dran. Fuer dieses benoetigten wir mehr als ne halbe Stunde, weil ich verschiedene Qualitaeten mit verschiedener Kleidung wollte. Zwischendurch war natuerlich auch noch die Batterie meiner Kamera leer. Aber schliesslich haben wir es doch geschaft. Nun noch die Schluesseluebergabezeremonie und dann setzten wir uns in die Stuehle, die zufaellig gerade gebracht wurden, Spende von Forut (grosse Organisation, die fuer die Wasserversorgung in den Temperisheltern (Camps) verantwortlich ist.) Die Kinder und auch die Erwachsenen betrachteten mein Album und Tagebuch, Aja uebersetzte mir fleissig und die Kleinen waren ganz begeistert von meiner Kamera und wollten gar nicht mehr runter von meinem Schoss. “Mama, Mama” (Das erste “a” wird ganz lang gesprochen) sagten sie staendig zu mir. Das ist tamil und heisst Onkel, Onkel. Es war soo schoen, diese Familienatmosphaere um mich rum, daran koennt ich mich gewoehnen. Unbeschreiblich. Nach einiger Zeit loeste sich die Runde auf, Ama und ihre Schwester schuetteten fleissig Wasser in alle Raeme des Hauses und kehrten es wieder raus, einfache Reinigung. Ich uebergab meine Werkzeuge an Aja mit dem Auftrag, dass sie sie auf den anderen Baustellen nutzen sollen. Dann verabschiedete ich mich, sagte, dass ich am Folgetag noch zu der TRO Feier komme und radelte zuerst zum Krankenhaus, um noch ein Foto von Lukas Baustelle zu machen und dann heim.

Mullaittivu Office, 15.03.06 6 Uhr

Aber nicht lang, die Zeit, die ich dort verweilte reichte gerade mal zum Duschen und Tagebuchschreiben. Um viertel vor 7 war schon wieder Zeit zum Aufbrechen. Hab mein Abschiedsgeschenk fuer Lukas und Franziska eingepackt (ein ganz besonderer Brief) und auch meinen letzten halben Liter Zwetschgenschnaps von Oma. In der Stadt erstand ich noch 2 Flaschen kuehle Cola zum Mischen. Auf zu Lukas. Mit Micha konnt ich nicht mehr telefonieren wie eigentlich geplant, dazu war die Zeit einfach zu knapp. Franziska und Lukas hatten noch mehr Besuch, Ralph aus Deutschland. Er ist Journalist fuer die deutsche Welt-Hunger-Hilfe und bereist gerade all ihre Projekte hier in Sri Lanka. Normalerweise ist er in Indonesien um dort zu recherchieren. Die tamilischen Bekannten von Lukas, eine Frau mit 2 Toechtern und einer Nichte, alle 3 um die 18 Jahre, hatten mich zu diesem Abschiedsessen eingeladen. Nach einer guten Unterhaltung bei ein paar Zwetschgercola fuer uns Deutsche, Tamilen trinken in Anwesenheit anderer keinen Alkohol, sie trinken ueberhaupt ganz wenig davon. Man soll es nicht, das ist entweder staatlich oder religioes so geregelt, ich weiss es nicht, gab’s Essen. Das zweite superleckere Essen an diesem Tag. Nudels mit gebratenem Fisch und Haenchen. Hmm. Wie gewohnt war ich der letzte beim Essen, als die anderen schon fertig waren holte ich mir nen dritten Teller. Jemand meinte: “Martin sehr langsam beim Essen.” Ich antwortete: “Ich ess, wie ich arbeite, langsam aber ausdauernd.” Aber irgendwann nach ner Stunde futtern war auch ich satt. Nun folgte ein sehr gemuetlicher Abend. Wir unterhielten uns, die tamilischen Bekannten verstehen auch gut Englisch. Eine der Maedels sagte als Witz nach dem Essen zu mir: “War’s gut, dann kostet dass 200 Rupee.” Tja, Maedel, verloren, mit solchen Witzen biste bei mir am Richtigen. “Ich geb dir ne Massage fuer 200 Rupee” waehrend dieser Worte ging ich langsam auf sie zu. Und schon war sie still, geschockt. Jungs duerfen Maedchen hier halt mal nicht bewusst anfassen und schon gar nicht massieren. Ich und andere mussten lachen. Mein Album anschauen, das war auch fuer sie wieder wichtig. Die Freche fragte, ob sie das Bild von Regina haben darf. “Wenn nichts wichtiges hinten drauf ist”, weil ich oft die Adressen meiner Arbeiter hinten drauf hab. Die 3 Maedels fingen laut an zu kichern. Als ich die Rueckseite sah, wusste ich warum. Die Rueckseite war das Coverbild meines Tagebuches ( Ich hatte alleBilder dieses Albums auf Abfallpapier gedruckt, u. a. auf welches, wo halt dieses Bild drauf war). Deshalb wollte sie also das Bild meiner kleinen Schwester. Schlau. Natuerlich durfte sie es haben. Und auch meine Adresse schrieb ich bereitwillig auf. Lukas scherzte: “Jetzt noch Geburtstag, Koerper- und Schuhgroesse.” “Schuhgroesse weiss ich nicht, trag keine” konterte ich lachend. Es war eine richtig geloeste Stimmung an diesem Abend. Wir Deutschen tranken nen Schnaps, die Tamilen rochen dran, die Wirkung war ziemlich gleich. Um 10 verabschiedeten sich die Tamilinen. Ralph, Franziska, Lukas und ich sassen noch lange beisammen. Ralph hatte 11000 Bilder auf seinem Laptop. Einige davon schauen wir an. Bilder von der Zerstoerung in Banda Ache (Indonesien) vom letzen Februar. Poa, da war so viel kaputt. Ein 5000 Tonnen schweres Schiff, das 2,4 km ins Landesinnere gespuelt worden war und das von einer 35 Meter hohen Welle. Ganze Straende, die weggespuelt worden waren. Flaechendeckende Quadratkilometergrosse Zerstoerungen einer Stadt, bis zu 7 Kilometer ins Landesinnere. Ralph erklaerte uns die Bilder. Hilfsprojekte, Machienen, Wasserbueffel als Zughilfen, aber auch gespendete Unimogs, Saegen und andere Werkzeuge, alles ist im Einsatz. Improvisation ist ueberall gefragt. Dann Themawechsel. Wir sahen Bilder vom Tauchen, die schoensten Fische und auch Bilder von Kindern, von Tieren und paradisischer Natur. Nach diesem “Dia Vortrag” diskutierten wir noch ueber Hilfsorganisationen, guter sowie schlechter NJO Arbeit (NJO=Nicht Regierungs Organisation), ueber meine Arbeit und Vor- und Nachteile des Ganzen. Auch unser Deutschland war mit am Tages- oder besser Nachtgespraechstisch. Lukas nannte es eines der Hauptentwicklungslaender, nur, dass er auch findet, dass die Entwicklung nicht die beste war und ist. Meine Meinung. Ralph hatte eine recht nuechterne Meinung von meiner Arbeit hier. Ich bin froh, ihn getroffen zu haben. Das es nicht nur gut ist, dass ich hier baue und bin, weiss ich ja auch. Waer ich nicht da, dann haett ich 790 Euro mehr spenden koennen und waer auch nicht aermer, das sind die Kosten des Flugs, den mir ja meine Eltern geschenkt haben, dieses Geld aber auch haetten spenden koennen. Auch weiss ich, dass dies Geld im Moment in Pakistan besser angelegt waere und da haette Menschenleben retten koennen. Hier kann es “nur” das Leben von Menschen verbessern. (Ist aber so glaub ich auch nicht ganz richtig, denn auch wenn fuer Pakistan mehr gespendet wird, so ist die Schlagkraft dort auch nicht groesser, es wuerde auch nur auf “Lager” liegen, das sag ich jetzt mal so, um mich zu rechtfertigen). Ich hatte es ja versucht, nach Pakistan zu gehen, aber halt einfach keinen Kontakt bekommen. Und einfach an eine Organisation spenden konnte ich das Geld nicht, ich hatte meinen Spendern versprochen, jeden Cent auch anzubringen. Da ich nach bestem Wissen und Gewissen innerhalb der von mir gesteckten Grenzen gehandelt habe, mache ich mir auch kein schlechtes Gewissen, dass ich es no;ch besser haette machen koennen, denn man kann es immer besser machen, egal, wie gut man ist. Trotzdem gebe ich Ralph auch recht. Viele Organisationen haben wohl das Problem von Spenden, die sie nur fuer die Trunamifolgen nutzen duerfen, weil sie eben dafuer gespendet wurden. Dazu kommt noch, dass ein Druck da ist, die Spender wollen was sehen fuer ihr Geld, dass es dauert, bis z.B. mit dem Hausbauen begonnen werden kann (Planung, Grundstueckvermessung, Materialbeschaffung, Bau) bedenken viele nicht. Da entsteht dann schnell das Geruecht, das sich da wieder einige bereichert haben und die Armen nichts kriegen. Und dass ein gewisser Anteil an Verwaltung drauf geht, das ist auch klar. Ich konnte nur jeden Cent an die Armen geben, weil die TRO andere Spenden fuer die Verwaltung hernimmt. Auch fuer das Haus das Wir gespendet haben, musste vermessen werden, LKW’s und Traktoren bringen Material, Maurer und Zimmerer brauchen ihren Lohn. Es geht halt mal nicht anders. Gerade der Zeitdruck ist fuer die Organisationen ein Problem, wer sich davon einnehmen laesst macht schnell den Fehler, Gelder falsch, sinnlos zu vergeuden, weil das Geld weg muss. Lassen wir ihnen also Zeit. Dieses, das das Geld weg muss, das haben wir ja oft auch bei uns in Deutschland, Gemeinden muessen am Ende des Jahres ihren Etar verbraucht haben, sonst gibts im naechsten Jahr entsprechend weniger, bei sozialen Einrichtungen das selbe. Ich habe schon oefer gesehen, wie Gelder sinnlos vergeudet werden, ganz schlimm, was man da alles mit Gutes tun koennte. Zurueck zu den Spenden, ich schweif schon wieder andauernd aus und komm vom Thema ab. Ja, also wenn man spendet, dann sollte man versuchen, den Verwendungszweck allgemein zu halten, wenn nicht die eigenen Gelder fuer Verwaltung genutzt werden, dann die von anderen Spendern, es geht halt nicht anders, und wenn man keinen Verwendungszweck angibt, dann ist die Verwaltung einfacher, Personal kann eingespart werden, mehr Geld kommt den Betroffenen armen Teufeln zu, und das wollen wir doch, oder? Ja, wir, auch ich, muessen immer wieder neues lernen. Ich hab gelernt. Die naechsten Spenden werde ich sammeln, ich kann nicht versprechen, dass sie 100 Prozentig an die armen gehen, da ich sie weitergeben werde, an speziell ausgesuchte Menschen, ich kenn ja mittlerweile genug. Ich werde mein bestes tun, das kann ich versprechen. Dieser Abend wollte nicht enden. Nachts um 2 hab ich mich dann doch mal auf den Heimweg gemacht, aber nur bis zur Bruecke in der Naehe des Offices. Vollmondbilder, die musst ich noch haben. Mit 15 Sekunden Belichtungsdauer denkt man, es waere Tag. Um 3 lag ich dan doch mal auf meiner Matte, um die letzten 2,5 Stunden Schlaf hier an meinem Eingangseck zu beginnen. Es waren so viele Jungs im Office, das 4 auch auf der Veranda schliefen. Um halb 6 war die Nacht schon wieder um. Eindruecke niederschreiben, ganz wichtig fuer mich, um den Kopf frei zu bekommen.

Kilinochchi House, 15.03.06 19 Uhr

7 Uhr aufstehen, Sachen packen, Fruehstueck. Es gab Rotty mit Linsen. Lecker, ess ich gern, zum Glueck kein Puttu. Um 8 hab ich mich zu Fuss auf den Weg gemacht. Im Postoffice war der Brief von Micha immer noch nicht da. Piragalathan fuhr mir ueber den Weg. Wir verabschiedeten uns und er versprach mir, die Briefe, die noch kommen nachzuschicken. In der Stadt kaufte ich mir noch einen Kokosnusshandbesen und eine “Sunlite” Seife, dass ist die beste hier. Dann ging ich am Strand entlang Richtung Ama Haus. Mich in aller Ruhe vom Meer verabschieden, das war ganz wichtig fuer mich. Ein paar schoene Muscheln sammelte ich auch noch. Eine hatte ein Loch am “Hals”. Ein schoenes Stueck Schnur fand ich auch. Super, gibt ne super Kette, die darf mir Ama spaeter umlegen, eine schoene Erinnerung fuer mich. Um 9 erreichte ich das Haus. Es war schon eine fleissige Geschaeftigkeit dort, eine Blechueberdachung mit Stuehlen drunter war aufgebaut, ein Altar aufgestellt. Im Haus werkelte Ama rum. Die Zimmerer richteten in dem Zimmer, wo der Gottestisch ist eine Feuerstelle her. Sie schuetteten einen Eimer Sand auf den Boden, stellten 3 Steine drauf und einen Topf auf dieselben. Im Eck wurde ein kleiner Altar aufgebaut. Ein Topf mit ner Kokosnuss drauf, ein Strang Bananen und auch ein Haeufchen Kuhkacke mit Grass drin. Reis mit Kokosnuss wurde gekocht, eine Strohpuppe angezuendet und dann durchs Haus hinaus gezogen und unter einer Palme verbrannt, dazu wurde eine komisch aussehende Frucht zerhackt. Dies soll die boesen Geister aus dem Haus treiben. Dann versammelten wir uns wieder im Gebetszimmer, wir Arbeiter bekamen ein kleines Trinkgeld, das soll Glueck fuers Haus bringen. Ich bekam noch nen Saram und einen Stoff fuer ein Hemd dazu. Nun war die Zeremonie draussen dran, die Hauseigentuemer der anderen Hauser, die uebergeben werden sollen waren da, 3 Fernsehteams und viel TRO und LTTE Hoheit. Zuerst wurde die Tigerflagge gehisst, dann die TRO Flagge. Eine Rede folgte. Dann waren ich und Ama an der Reihe. Quer ueber die Haustuere war ein Band gespannt worden, ich sollte es durchschneiden und dann Ama symbolisch den Schluessel uebergeben. Nun hat sie ihn schon 2 mal von mir bekommen. Es war uebrigens das allererste Haus in Mullaittivu, das uebergeben wurde. Die Hoheiten und die anderen Hauseigentuemer gingen nun nach einander zu den anderen Haeusern und wiederholten die Zeremonie. Ama bekam ihr Gottesbild und die heilige Oellampe gebracht und ueberreicht und somit war das Haus nun entgueltig geweiht. Es sind schon sehr komplizierte Riten, die die Hinduisten durchfuehren. Um halb 12 waren wieder alle unter dem Blechdach versammelt. Ich musste mich mit in die Rednerreihe setzen. Von der Unicef waren auch 2 Frauen da, da ja die Brunnen und Toiletten von der Unicef gesponsert wurden. Da sassen wir nun zu acht oder neunt auf der “Buehne” und einer nach dem anderen hielt seine Rede, die Fernsehkameras waren fleissig auf uns gerichtet. Da ich in der Nacht vorher nur 2 Stunden geschlafen hatte, und ich diese langen langweiligen Tamilischen Reden eh nicht verstehen konnte, ich hab nur ab und zu Martin und Deutschland verstanden, uebermannte mich der Schlaf, immer wieder fielen mir kurz die Augen zu. 3 TRO Maedels verteilten Essensteller mit Keksen, Bananen und Chips waehrend den Reden und auch kuehle Fanta. Irgendwann hoerte der Redeschwall doch auf, die neuen Hauseigentuemer bekamen jeder eine Urkunde und einen Mangobaum ueberreicht und alle gingen nach Hause. Mit 2 anderen von der TRO wartete ich auf den Van nach Kilinochchi, waehrend ich mit den Enkeln von Ama spielt, die mich auch heute wieder andauernd Mama riefen. Aja war nicht aufgetaucht, nicht gut, gerade von ihm wollte ich mich doch verabschieden. Nicht schoen. Dann war er da unser Van. Abschiedszeit also. Ein letztes Mal “peudowaren” (tschues) sagen, ein letztes Bild, ein letztes Mal Amas ruhige aber betonte Stimme hoeren, Ein letztes Winken, ein letztes Mal in die lieben Gesichter schauen. Dann war sie vorbei, meine Zeit in dem Dorf Kallapaddu in Mullaittivu Distrikt. Vorbei die Baustelle, das Schwitzen, der Zeitdruck, Die Lust- und Kraftlosigkeit zwischendurch, vorbei die Zeit mit Aja und Ana, vorbei die vielen “Martin” Zurufe der vorbeifahrenden Menschen mit strahlenden Gesichtern.

Wenn der Befehl kommt, woandershin zu ziehen, sucht der Krieger alle Freunde auf, die er auf seinem Weg gemacht hat. Einigen hat beigebracht, die Glocken einer versunkenen Kirche zu hoeren, anderen hat er am Lagerfeuer Geschichten erzaehlt. Sein Herz ist traurig, aber er weiss, dass sein Schwert geweiht ist und er den Befehlen dessen gehorchen muss, dem er seinen Kampf geschenkt hat. Dann dankt der Krieger des Lichts seinen Weggefaehrten, amet tief durch und schreitet aus, und ihn begleiten die Erinnerungen einer unvergesslichen Wanderung. Hkl 149

Im Mullaittivu Office hatten wir noch ein wenig Wartezeit. Auch hier wieder Verabschiedung von liebgewonnenen Freunden. Andauern die Frage, wann ich wiederkomm, die ich immer nur mit “ich weiss es nicht, vielleicht in 2-4 Jahren und dann nur auf Besuch, aber nicht sicher” beantworten kann. Ein letztes mal Ronalds Kinderlachen hoeren, den Jungs und Maedels noch mal freundschaftlich tief in die Augen schauen. Auch hier vorbei die Zeit meiner morgentlichen Sonneaufgaenge, das allabendliche Tagebuchschreiben neben Hopsi, der Krach vom Fernseher, die Dusche am Brunnen, das Zaehneputzen unter Gottes grossem Sternenzelt, waehrend ich an den Baum pinkel. Vorbei das Geraesch des Meerrauschens und der Mittagsschlaf im Materialstore. Das wird wohl mein letztes langes Abenteuer gewesen sein. Jeden Tag hab ich mich nach Hause gesehnt, mal viel, mal wenig, aber jetzt, wo es rum ist, ist es doch nicht einfach zu gehen. Irgendwann will ich auf einen Besuch zurueckkehren in ein paar Jahren und sehen, was aus dieser einer meiner vielen Heimaten geworden ist, ob mich dann immer noch der ganze Ort mit “Hello Martin” begruessen wird. Die Fahrt nach Kilinochchi war ruhig, der Fahrer fuhr langsam und ich schlief die meisste Zeit. Im Office erzaehlte mir Ravi, dass ich das Kinderheim in Batticola nicht besuchen kann, weil die Situation dort sehr angespannt ist und wohl auch schon Auswaertige gekidnapt wurden. Die TRO Mitglieder, die am 29ten Januar gekidnapt wurden sind immer noch verschwunden, nur 8 von 15 waren 2 Wochen nach dem Attentat freigelassen worden. Von den anderen fehlt jede Spur. Und Bilder koennen sie auch nicht von dem Kinderheim mailen, weil sie dazu in die von der SLA kontrollierte Stadt muessen und sich das nicht trauen. Ganz schlimm. Da muss Gabriel wohl noch weng warten, Mr. Ravi hatte mir aber gesagt, dass die Arbeiten fertig sind. Und warum sollte ich mich wegen ein paar Bildern in Gefahr begeben, waer ja Unsinn. 2 Stunden hab ich noch am Computer getippt, dann bin ich ins House.

Kilinochchi, 1.03.06 20.45 Uhr

Nach einem Dinner und Tagebucheintrag dann wieder auf Achse, der Telekomunikation Centre war mein Ziel. Musste ne halbe Stunde warten. Hab mich also in Stuhl gesetzt und bin auch gleich eingenickt. Als ich dann dran war , wurde ich wieder wach. Diesmal war das Telefonat mit Micha irgendwie anders, leichter, mit dem Wissen im Hintergrund, dass wir uns nun bald wieder in den Armen halten koennen, wenn wir miteinander reden, lies uns wohl beide froehlich sein. Die Nacht hab ich unter einer Bananenpalme im Garten des Hauses verbracht. Ich wollte nicht drinnen schlafen. Allein die Vorstellung von einem richtigen Zimmer grausste mir. Geschlafen hab ich gut, nur am morgen weckten mich Tautropfen, die mir genau auf die Backe tropften. 7.15 Uhr startete ich, mein Ziel: Vavunija, Geld abheben. TRO Van wollte ich keinen extra fuer mich, Bus war mir zu langsam. Also trampen. Duerfte ja fuer mich kein Problem sein. War aber doch nicht so leicht. Die Landrover der grossen Organisationen liessen mich alle stehen, also kam ich nur etappenweise vorwaerts. Motorrad, Traktor, Motorrad und dann ein LKW, der mich bis zur Grenze mitnahm. Der Fahrer wartete sogar, bis ich durch die tamilische Passkontrolle war und nahm mich mit zur anderen Seite. (Ausschweif: Sitz gerade draussen im Garten des Hausses und schreib und ratet mal, wer da grad vorbei kommt. Ein Hopsi, es ist nun auch hier einer, wie schoen) Weiter im Text. Nach der singalesischen Kontrolle, die auch kein Problem darstellte gings mit dem Bus weiter die kurze Strecke nach Vavunija. Um 10 war ich dort. In der Commercial Bank hob ich 20000 Rupee ab. Dann in die HNB Bank, dort hatte man mir ja 2 Wochen vorher erklaert, dass ich hier 100000 Rupee bekomm. Aber Pustekuchen, gar nix ging. Also in die naechste. Dort 40000 Rupee. Wieder in die Commercial Bank. Ich dachte ja schon, dass nichts mehr geht, und so war es dann auch. Over Limit. Also machte ich mich mit 60000 in der Tasche (120000 Haett ich gebraucht) auf den Heimweg. Zuerst mit dem Bus, meine Stimmung war geloest, ich hatte Zeit und eine schoene Heimreise vor mir. An der Grenze war mit einem Schlag oder besser gesagt Wort diese geloeste Stimmung weg. An der Sri Lankan Armee Seite. “We don’t allow you to go today” (Wir erlauben ihnen heute nicht zu gehen) sagte mir der Grenzer. Wie immer, wenn ich Zeit zum Nachdenken brauche liess ich es ihn nochmal wiederholen. Ein drittes Mal liess er sich nicht drauf ein und fragte, ob ich kein Englisch sprech. Heute gings also nicht mit “auf dumm” stellen. Sie hatten sich also in den Kopf gesetzt mich zu aergern. Hab mich ins Bossoffice bringen lassen. Der selbe wie vor 2 Wochen schon und er fragte und fragte wieder. Warum ich nicht den Singalesen helfe, was ich mache, ob ich ein residant Visum habe. Ich versuchte moeglichst knappe ausweichende Antworten zu geben. Er meinte, ich brauch einen Brief vom Department of irgendwas, hab den Namen vergessen, in Colombo. Er kopierte meinen Pass und sagte: “ Wenn sie am Flughafen sehen, dass ich in Vanni war, werden sie mich einsperren” Na und, da kann ich auch nix dran aendern, damit kann er mich nicht aus der Reserve locken. Der wollte mich doch nur einschuechtern. Ich versuchte es auf die Reporterschiene, erklaerte, das ich Berichte schreibe, dass ich auch mit Rot Kreuz, Unicef und Wourld Vision arbeite. Es stimmt ja auch ein kleines bisschen. ich zeigte ihm auch die Karte von Klaus mit dem Rot Kreuz Logo. Mit der Auflage, dass ich Vanni bis Samstag wieder verlasse, durfte ich doch weiter. Die Schreibmaedels wollten zwar nochmal nen Aufstand bauen, sich wichtig machen, mussten mich aber dann doch passieren lassen. (Spaeter erfuhr ich im TRO Office, dass sie mich gehen lassen muessen, sie haben kein Recht mich am verlassen ihres Landes zu hindern, wenn ich in dieses andere Land Vanni gehen will) und ausserdem, wenn ich erst drin bin, koennen sie mich eh nicht rausholen, auch wenn ich 4 Wochen bleibe. Zur tamilischen Grenzseite bin ich mit ein paar Tamilinen gelaufen. Rot Kreuz war am Weg postiert. Nachdem ich dem Officer meine erlebten Probleme geschildert hatte, meinte er, dass man da nix machen kann. Auf der tamilischen Seite wie gewohnt keine Probleme, ein Grenzer empfing mich schon lachend. Als ich gecheckt war fuhr grad ein Auto los, ich fragte, ob ich mitfahren darf, es war wieder ein NJO Auto. Nein, ist nicht erlaubt. Danke und Tschuess. “Soll ich vielleicht doch den Bus nehmen?” Nein, trampen, wieder auf die Teerstrasse, deren Teer von der Sonne weich war. Wieder brennende Solen. Mein Vorhaben vom Januar kam mir wieder in den Sinn. Barfuss mit Gepaeck von Jaffna nach Galle. Ein Laufen fuer den Frieden. Zum Glueck war es damals nicht so weit gekommen, das haetten meine Fuesse nicht derpackt. Ein Motorrad nahm mich ein Stueck mit, dann wieder laufen. Ein Pater kam in nem Van. “Der nimmt mich bestimmt mit.” Als ich auf der sich entfernenden Rueckscheibe seines Vans die Aufschrift: “Jesus schuetzt uns” lesen konnte, wusste ich, das meine Gedanken falsch waren. “Ob er euch auch schuetzt, wenn ihr Anhalter stehen lasst” fragte ich mich. Ein Motorrad nahm mich wieder ein Stueck mit und danach ein LKW. Wir fuhren und fuhren. “Jesus schuetzt uns” konnte ich nach einer halben Stunde wieder lesen. Unser Pater hatte einen Platten und stand am Wegrand waehrend ein hilfsbereiter LKW Fahrer den Reifen wechselte. Ich musste lachen, es ging nicht anders, aber ich bat Gott gleich wieder um Verzeihung fuer meine schlechten Gedanken. Kurz vor Kilinochchi zischte es, nun hatten wir nen Plattfuss. War das die Quittung fuer mein Lachen ueber den Pater? Natuerlich der Innere der Zwillingsreifen, ein Metallstueck steckte drin. Nach kurzer Ueberlegung beschloss der Fahrer weiterzufahren. Einer war ja noch heil, da geht das. Um 3 waren wir in Kilinochchi, ich bedankte mich herzlich, holte meine Buerosachen und den Hemdstoff von Ama im House, gab das Hemd beim Schneider in Auftrag, mit der dringenden Bitte, es bis zum Abend des folgenden Tages fertig zu haben. Nun war mein naechster Weg ins SLIMM Office (Srilankan Monotoring Mission) das sind die Norweger, die die Einhaltung der Regeln des Waffenstillstandsabkommens beaufsichtigen. Das Office hatte ich waehrend meiner Irrwege am Sonntag entdeckt. In aller Ruhe und mit allen Einzelheiten erklaerte ich dem Officer die Geschichte am Checkpoint. Auch erzaehlte ich, dass ich eigentlich am Samstag mit dem Zug von Vavunija aus nach Colombo fahren wollte. Davon riet er mir ab und wenn ich in Colombo bin, soll ich in die deutsche Botschaft um Probleme am Flughafen, wie es mir der Grenzer angedroht hatte, zu vermeiden. Ich dankte ihm und bat noch um seine Visitenkarte, damit ich sie an der Grenze zeigen kann, wenn es Probeme geben sollte, vielleicht schreckt das die Halunken ja ein wenig ab. Um halb 4 erreichte ich das TRO Office. dort ass ich erstmal in der Kantine zu Mittag. Archinan war da und er faehrt wahrscheinlich am Samstag zurueck nach Colombo, super, wie fuer mich gemacht. 3 Stunden sass ich dann am Computer, tippen. Zwischendurch stuertzte der Kasten ab und ich verlor die Daten einer halben Stunde tippen, also nochmal. Zwischendurch kam auch Mrs. Judicia. Sie hatte mir meine Bilder von der Camera auf CD gebrannt und sie erklaerte mir, dass ich morgen die Projekte anschauen kann, wo sie finanzielle Unterstuetzung braucht. Um 8 war ich endlich im House. Mein Acounter, der auch dort wohnt war wieder mal platt, agsuffn. Er plaperte und plaperte. Mir bot er auch nen Arak an. Schmeckt fuerchterlich das Zeug, Marke billig. Um 9 ging er schlafen, ich begann zu schreiben, nun ist es zehn, er sitzt auf der Terrasse und fantasiert, er schlafwandelt wohl gerade, es ist Vollmond. Ich glaube nicht, dass er wach ist. Vollmond ist hier eh so ne Sache, da haben alle Beamten Urlaub und es ist schulfrei. Beamte, die trotzdem arbeiten bekommen den doppelten Lohn.

Kilinochchi House, 17.03. 21 Uhr

Nach einer weiteren Nacht unter Palmen war ich frueh um 8 im Office. Ich hatte mir extra eine Liste mit allem geschrieben, was ich noch zu erledigen hatte. Bilder vom Houseopening auf meinen Stick laden, ein Zeugnis ueber meine Zeit hier geben lassen, Geld wechseln, Mutter-Kind Heim besuchen, Geld uebergeben, Tagebuch tippen. Mrs. Judicia vermittelte mich an Mr. Turayratscha und mit ihm fuhr ich ins Mutter-Kind Heim. Auf dem Weg hab ich schnell meine letzten baren 200 Euro gewechselt, die ich dabei hatte. Das Heim lag weit abgelegen im Tschungel. Eine dreiviertel Stunde Fahrt. Schoene Fahrt ueber Grablpiste. Einige kleine Seen mit hunderten Seerosen, es soll auch Krokodile und Elefanten hier geben. Kleine Doerfer und neben Traktoren auch ein paar Ochsenkarren auf der Strasse. An einer Stelle wurde Grabl abgebaut, mit nem Bagger, die Baeume, die sie zwischendrin stehen gelassen hatten stehen auf 1 Meter hohen Erdpodesten. In dem Mutter-Kind Heim sind 4 Frauen und 11 Kinder untergebracht, eine der Frauen war schwanger. Die Frauen wurden von ihren Maennern verlassen oder sind Witwen, es soll hier oefters vorkommen, das Paare heiraten und dann nach ein paar Monaten der Mann einfach verschwindet. Oft sind die Frauen zu diesem Zeitpunkt schon schwanger. Dies ist eine eindeutig negative Folge dieses Staats/Religionssystems hier in Vanni, behaupte ich jetzt mal. Paare haben nicht die Moeglichkeit sich vor der Ehe richtig kennen zu lernen, es sei den sie lernen sich bei der Armee kennen und leisten jahrelang gemeinsam Armeedienst ab, da wissen sie dann, wie der andere in verschiedenen Situationen reagiert, wie er sein alltaegliches Leben gestaltet. In dem Buch “Nicht ohne Gottes Fuehrung” hab ich gelesen, das sich in Israel viele Paare waehrend des gemeinsamen Armeedienstes kennenlernen und so nicht nur die Sonntagsseite des anderen kennen. Die Menschen hier muessen ihren Partner sozusagen als “Katze im Sack” kaufen, Liebseligkeiten vor der Ehe sind ja verboten. Merken die Vermaelten nach der Ehe, dass der jeweils andere ueberhaupt nicht so ist wie man dachte, sei es in Bezug auf die Sexualitaet oder rein menschlich von der Art her, dann koennen sie sich entweder ein Leben lang bekriegen, sich fuereinander aendern also Liebe leben oder den einfachen Weg der Scheidung waehlen oder der Mann haut einfach ab. Ist ein Kind unterwegs oder schon da, hat die Frau ein Problem, Unterhaltszahlungen gibt es nicht und mit Kind hat sie keine Chance auf einen neuen Partner, wie hab ich mir schon oft sagen lassen, als ich erzaehlte, das Micha ein Kind von einem anderen Mann hat: “Sowas ist nicht gewoehnlich hier, man heiratet keine Frau, die schon ein Kind hat.” Diese Frauen hier koennen von Glueck reden, dass sie in diesem Heim untergekommen sind. In dem Album, dass sie mir zeigten sah ich eine Australierin, die ich im Vorjahr im Kilinochchi Office kennengelernt hatte. Sie hat hier wohl die Hauptorganisationsarbeit beim Bauen gemacht. Die Frauen, die hier wohnen verdienen sich ein Geld als Schneiderin im heimzugehoerigen Schneiderladen oder auf den Reisfeldern. Eine Kuh gehoert auch zu dem Heim, sie sorgt fuer frische Milch. Auf dem Dach ist ein Solarmodul fuer Lichtstrom. Sie versorgen sich also so gut es geht selbst. Fuer mich ein bespielhaftes Heim. Unser naechstes Ziel war nun noch mal das Altersheim in dem ich schon die Blutzuckermessgeraete gespendet hab. Ich wollte noch die Adresse haben, da ich die Messsticks in Colombo nicht bekommen hab, muss ich sie nun von Deutschland aus schicken, Ist wohl auch ganz gut so, da Medikamente hier sehr teuer sein sollen, ich versuch’s noch genau zu erkunden. Ich wollte noch ein paar Bilder von den Bewohnern machen. Diese freuten sich riessig mich zu sehen, ein fremder in ihrer Mitte, in ihrer Landestracht. Ich musste an meine Behinderten aus dem Wohnheim denken, Wie diese, so waren die Menschen hier auch so herzlich, am liebsten waer ich gleich ne ganze Woche hier geblieben,. Aber ich musste weiter, der Van war uns eigentlich nur 2 Stunden zur Verfuegung gestellt worden und wir waren schon 3 Stunden unterwegs. Im Office dann erstmal Lunch, dann weitere Kleinigkeiten erledigen. Im House mein Tagebuch holen, das hatte ich am Morgen vergessen. Beim Schneider mein Hemd abholen, er schloss gerade wieder seinen Laden auf, er erzaehlte mir, dass am Freitag von 3 bis halb sechs immer LTTE Uebung ist, da sind alle Geschaefte geschlossen und die Besitzer werden im Kaempfen trainiert. Er gab mir mein Hemd und zusammen fuhren wir zum Fotoshop, dort konnte ich ihm endlich die versprochenen Bilder geben, hab sie downloaden lassen und bezahlt, morgen kann er die fertigen Bilder abholen. Zurueck im Office gab’s wieder Tipparbeit, 2,5 Stunden, um halb 9 war ich dann endlich daheim, Das letzte mal im Dunkeln den kleinen Weg zum Haus gehen, wo man immer aufpassen muss, dass man nicht ueber die Kuehe stolpert, die am Wegrand liegen.

Colombo House, 18.03.06 20 Uhr

Das letzte mal im Garten unter Palmen schlafen und am Morgen von Tautropfen geweckt werden. Das letzte mal die 3 km ins Office laufen, diesmal mit all meinem Gepaeck. Davor hab ich mich noch mit einem unterhalten, der im Moment auch im House wohnt. Er ist Tamile, von ihm erfuhr ich, das der Strassenbau hier in Vanni gar nicht von der Regierung direkt finanziert wird, die Regierung braucht ihr ganzes Geld fuers Verteitigungsministerium sagte er lachend. Entwicklungsprojekte wie der Strassenbau werden von grossen Firmen wie z.B. der Weltbank finanziert. Um 8 sollte es losgehen, der Trip nach Colombo. Archinan kam um kurz nach acht, nur unser Fahrer war nicht da. Um halb 10 sollte Archinan ploetzlich mit einem anderen Van fahren als ich, so ein Bloedsinn. Er war also auf der Reise und ich wartete weiter. Wollten sie sicher gehen, dass er nicht auch noch Probleme am Checkpoint bekommt, wenn ich schon Probleme kriegen koennte. Ich hatte extra eine Hose angezogen, weil sie mich am Checkpoint ja nur mit Saram kennen. Vielleicht wird es dann etwas leichter. Um 10 ging auch meine Reise los, mit noch 2 anderen Frauen im Landcruzer (Jeep) Eine von ihnen trug eine Halskrause, sie sollte in Colombo ins Krankenhaus gebracht werden. Waehrend der Fahrt mahlte ich mir in meinem Hirn aus, wie ich auf verschiedene Situationen, die am Checkpoint eintreten koennten, reagieren koennte, das ging soweit, das ich gefangengenommen werden koennte und an die Waffe eines Soldaten komm, diesen dann als Geisel nehm und ein Auto stop. Das muss mich dann in die deutsche Botschaft in Colombo fahren. Dann war er da, der Moment, an dem Checkpoint der Sri Lankan Armee. Wir hielten an, der Fahrer redete mit einem Grenzer, ich trug mein Gepaeck zum Checken. “Hallo, woher sind sie” fragte ein ganz freundlicher Grenzer. “Aus Deutschland” “Was ist in dem Gepaeck?” “Mene privaten Sachen” Sie werden nicht kontrolliert, Helfern machen wir keine Probleme” Wenn der wuesste, was ich noch 2 Tage vorher mit seinen Kollegen fuer Stress hatte. Es haette mich ja gereizt ihm das zu sagen, aber ich unterliess es doch lieber. Die Passdaten schrieb er auch nur halbherzig auf und auf seine Frage, welcher Organisation ich helfe und was meine Arbeit ist, antwortete ich: “Keine spezielle Organisation, ich hab Unicef, Rot Kreuz, Wourld Vision und TRO geholfen, trainierte Maurer und schreib Berichte, erst diese Woche hatte ich ein Treffen mit der SLIMM.” Wir hatten gerade alles Gepack wieder im Van vestaut, da kam der Grenzer zu mir. “Ein Missgeschick mit ihrer Adresse” Es hatte mich also doch einer von ihnen erkannt. Nun wurden alle Daten akribisch niedergeschrieben. Und der Van wurde druchsucht, nur meine Sachen ruehrten sie nicht an. Dann durften wir passieren. Unser Fahrer meinte, das ist ganz unnormal, dass sie so genau sind. Wahrend wir weiterfuhren erzaehlte ich ihm die Geschichte vom Donnerstag, dann verstand er besser. Ich fuehlte mich leichter, aber die Gefahr war noch nicht vorbei, wir hatten noch zig Armeeposten zu passieren. Und bei jedem dachte ich, sie schauen genau mich an und wollen mich nur noch zappeln lassen. Aber nichts geschah, die Fahrt ging wie gewohnt durch diese herliche gruene Landschaft, je naeher wir Colombo kamen, desto praechtiger wurden die Haeuser, die Autos vermehrten sich, Fahrraeder gab’s fast keine mehr. Zwischendurch mal nen Ochsenkarren, ein Mopetfahrer, mit nem Schwein am Gepaecktraeger, noch lebend, die Fuesse zusammengebunden. Tausende Kokosnusspalmen, kleine Laedele am Wegrand, die Aepfel, Orangen, Ananas, Bananen, usw verkauften. Zwischendurch auch welche, die gebratene Maiskolben verkauften. Die anderen 3 im Auto wollten keine, aber ich, 3 Stueck. 2 mal haben wir ne kleine Ruhepause fuer den Fahrer eingelegt, er hatte in der Nacht zuvor nur eine Stunde geschlafen erzaehlte er. Um 6 Uhr errreichten wir Colombo, der Fahrer brachte uns zu Archinans Haus und verabschiedete sich. Nun war als erstes ne Dusche dran, dann Essen gehen und paar Bier holen. Der Ober im Essensshop fragte mich, wo ich her komm. “Aus tamil eelam” war meine Antwort, er schaute mich mit grossen Augen an, “nein, aus Deutschland” verbesserte ich lachend und ging.